Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: stst Motus D / Vertex


Mit Hand, Fuss und Arm

Plattenspieler stst Motus D / Vertex im Test, Bild 1
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Es gibt „laute“ Hersteller tönenden Equipments und „leise“. Stefan Strohmetz gehört ganz eindeutig zur zweiten Kategorie. Der Mann kann sich das erlauben und baut wunderbar „entschleunigte“ Gerätschaften

Mitspieler


Tonabnehmer:

 Lyra Atlas
 Lyra Kleos
 MFSL C3.5

Phonovorstufen:

 Audio Research Reference Phono 2 SE

Vorstufen:

 MalValve preamp four line
 Lindemann 830S

Endverstärker:

 Lindemann 858

Lautsprecher:

 Audio Physic Avantera
 Klang + Ton Nada

Zubehör:

 Netzsynthesizer PS Audio P10
 NF-Kabel von van den Hul und Transparent
 Phonokabel van den Hul
 Lautsprecherkabel von Transparent
 Plattenwaschmaschine von Clearaudio


Gegenspieler


Plattenspieler:

 Transrotor Fat Bob / Reed 3p
 Clearaudio Master Innovation / TT2

Wer den aus den Anfangsbuchstaben seines Vor- und Zunamens zusammengesetzten Namen seines Unternehmens komplett klein schreibt, der hat entweder besondere Vorstellungen von Typografie, ein spezielles Verhältnis zu Marketing im Allgemeinen und Besonderen – oder beides. Stefan Strohmetz jedenfalls betreibt „stst“ schon seit 1985 und ist mittlerweile in einer äußerst angenehmen Position: Der Profit ist schon lange nicht mehr die treibende Kraft hinter seinem Tun, er hätte auch so ein Auskommen.

Plattenspieler stst Motus D / Vertex im Test, Bild 2Plattenspieler stst Motus D / Vertex im Test, Bild 3Plattenspieler stst Motus D / Vertex im Test, Bild 4Plattenspieler stst Motus D / Vertex im Test, Bild 5Plattenspieler stst Motus D / Vertex im Test, Bild 6Plattenspieler stst Motus D / Vertex im Test, Bild 7
Eine überschaubare Anzahl von Geräten allerdings will er bauen, und die Fangemeinde ist so klein nicht – die praktisch ausschließlich nach Kundenwunsch gefertigten Geräte haben naturgemäß schon mal ein bisschen Lieferzeit. Das dürfte auch für das hier vorzustellende Paket aus dem Plattenspieler „Motus D“ und dem Tonam „Vertex“ gelten, die nämlich nicht mal eben aus Zulieferteilen zusammengesetzt werden, sondern zu 98 Prozent im Hause entstehen. Angesichts einer solchen Fertigungstiefe dürfen die Preise als zivil gelten: Das Laufwerk in der gezeigten, optisch maximal schlichten Version kostet 3.400 Euro, der brandneue Tonarm Vertex 2.800. Was den Plattenspieler von den allermeisten heutzutage angebotenen Konstruktionen unterscheidet, ist sein Antriebskonzept: Der Motus D ist nämlich ein direkt angetriebenes Laufwerk. Das erstaunt von daher, als dass diese eigentlich moderne Variante kurz vor Ende des Plattenspielerzeitalters in den frühen Achtzigern relativ plötzlich in Ungnade fiel und ziemlich zügig durch den eigentlich viel älteren und unpraktischeren Riemenantrieb ersetzt wurde, woran sich bis zum heutigen Tag nichts geändert hat. Warum jedoch geriet der Direktantrieb überhaupt in Verruf? Das lag daran, dass technische Daten zu jener Zeit wichtige Kriterien beim Kauf eines Gerätes waren. Und auch Plattenspieler hatten sich mit möglichst makellosen Gleichlaufwerten zu brüsten. Der angesagte Weg, für solcherlei Dinge zu sorgen, war eine möglichst konsequente und „harte“ Regelung der Tellerdrehzahl. Was mitunter zu extrem leichten Tellern führte, die von dicken Motoren angetrieben und elektronisch bedingungslos in der Spur gehalten wurden. Das sah auf dem Papier gut aus, führte aber zu Regelschwingungen, die Gift für den Klang der Geräte waren. Heutzutage liegen die Dinge ein wenig anders – kaum jemand interessiert sich dafür, wieviele Nullen der Gleichlauf-Messwert eines Plattenspielers hinter dem Komma hat. Deshalb kann man dem Direkttriebler seine Probleme austreiben, und genau das hat Stefan Strohmetz getan: Sein Laufwerk verfügt über einen schweren Teller, einen eher schwachen Motor und eine sehr träge Regelung, die nicht viel mehr tut als die Lagerreibung auszugleichen und das durch den Abtastvorgang bedingte langfristige Bremsmoment – kurze, durch das Signal bedingte Kräfte muss der Teller mit seinem Trägheitsmoment ganz allein ausgleichen. Und so fährt der Motus D beim Einschalten – der Schalter sitzt übrigens gut versteckt vorne an der Geräteunterseite – ziemlich langsam hoch und erinnert in seinem Verhalten viel eher an einen der typischen Riementriebler mit schwerem Teller als an einen Direktläufer. Wieso das nicht viel mehr Hersteller so machen? Weil es praktisch keine für so einen Antrieb geeigneten Motoren zu kaufen gibt. Was für einen Vollblutkonstrukteur wie Stefan Strohmetz kein Hinderungsgrund ist, sondern eine Herausforderung. Er baut seinen Antriebsmotor einfach komplett selbst. Damit nicht genug: Er fand noch nicht einmal Maschinen, die ihm die Spulen dafür mit hinreichender Präzision fertigen konnten. Ergo konstruierte und baute er zunächst eine geeignete Spulenwickelmaschine – das ist Konsequenz. Der Motus D ist ein angenehm schlicht gestyltes Laufwerk, dessen Zarge aus einem 70 Millimeter starken MDF-Block besteht. Bei dessen Oberflächenbehandlung ist so ziemlich alles machbar, was die Vorstellung des Kunden hergibt; unser Testgerät ist in ein betont schlichtes, schwarz eingefärbtes Furnier gewandet. In einer Fräsung an der Unterseite sitzt der Motorblock, der Rotor schaut oben aus der Zarge hinaus. Darüber wird der fünf Zentimeter starke Kunststoff- Plattenteller gestülpt. Die schwarze Scheibe dürfte aus POM bestehen, auch bei anderen Herstellern seit geraumer Zeit ein sehr beliebtes Material an dieser Stelle. Der Motor sieht eher unspektakulär aus; es handelt sich prinzipiell um ein großzügig dimensioniertes invertiertes Tellerlager, das am unteren Ende einen elektrischen Antrieb besitzt. Das Lager selbst unterscheidet sich nicht groß von dem eines riemengetriebenen Tellers: Eine Stahlachse trägt an der Oberseite eine Keramikkugel, die gegen einen Teflonspiegel läuft. Die seitlichen Kräfte fängt eine Hülse aus Spezialkunststoff ab. Das Lager ist wartungsfrei und laut Stefan Strohmetz praktisch unzerstörbar; deshalb gibt’s auf das Gerät auch zehn Jahre Vollgarantie. Die Motorregelung – selbstverständlich ebenfalls selbst konzipiert und gebaut – steckt in einer zweiten Ausnehmung an der Geräteunterseite und bezieht ihre Drehzahlinformationen über einen direkt in den Motor eingebauten Geber. Der Regler ist eine speziell ausgelegte, natürlich über einen Quarzoszillator stabilisierte PLL-Regelschleife; dem einen oder anderen werden die Begriffe vertraut vorkommen, mit „Phase Locked Loops“, also „phasenstarren Regelschleifen“ wurde auch damals schon gearbeitet. Es gibt nichts einzustellen, Ihre Stroboskopscheibe können Sie in Rente schicken: Herr über die Tellerdrehzahl ist der extrem frequenzstabile Quarz; mehr Einfluss als die Wahl zwischen 33 und 45 Umdrehungen bleibt Ihnen als Anwender nicht. Ihre Energie bezieht die Antriebseinheit aus einem externen Netzteil. Optisch macht sich die Konstruktion schon mal sehr gut: Das Fehlen des üblichen, neben dem Teller angeordneten Antriebsmotors nebst Riemen gibt dem Laufwerk einen sehr reduzierten und geradlinigen Look. Es ist für die Montage beliebiger 9“-Tonarme vorgesehen, passende Basen fertigt stst auf Wunsch. Für längere Tonarme gibt’s eine breitere Version des Plattenspielers. Bei uns ist der brandneue hauseigene Tonarm „Vertex“ montiert. Bei ihm handelt es sich um eine klassisch kardanisch gelagerte Konstruktion der stabileren Art und einer ganzen Reihe von stst-typischen konstruktiven Kompromisslosigkeiten. Es gibt den Arm in drei Varianten mit neun, zehn und zwölf Zoll Länge, und alle kosten das Gleiche – das nenne ich mal fair. Die dazugehörigen effektiven Massen betragen 8,4, 10,5 und 13,7 Gramm, liegen also am unteren Ende der Kategorie „mittelschwer“. Als Armrohr dient ein verhältnismäßig dickes bedämpftes Kohlefaserrohr. An dessen vorderem Ende sitzt das verdrehbare Headshell, eine Azimutjustage ist also möglich. Hinten steckt das Rohr in einem massiven Lagerblock, an dessen anderen Ende ragt ein kurzer Stummel heraus, der das Gegengewicht trägt. Der Arm ist per Inbusschraube in der Höhe verstellbar; bei der Aufnahme wählte Strohmetz den verbreiteten Linn-Flansch, der Neunzöller hält sich auch geometrisch an diese Vorgabe. Beachtung verdient die Lagerung in beiden Ebenen: stst realisiert sie mit Hybrid-Kugellagern, die praktisch spielfrei eingestellt werden. In der Praxis erforderte es erheblichen konstruktiven Aufwand, die gewünschten Toleranzen realisieren zu können, ohne dass sich das Lagerspiel bei Temperaturänderungen nennenswert ändert. Der Vertex verfügt über eine Antiskating-Einrichtung mit Faden, Umlenkrolle und Gewicht; bei stst sitzt sie vor dem Lagerblock und nicht, wie üblich, dahinter. Laut Strohmetz gehört die Korrektur auf die Seite des Arms, auf der auch der Fehler – sprich: die Skatingkraft – entsteht, und nicht dahinter. Zu den interessanten Kleinigkeiten gehört auch das Anschlussterminal des Arms: Handelsübliche Fünfpolstecker genügten den Ansprüchen des Konstrukteurs nicht, er fertigt den Stecker inklusive Kontakten selbst. Das Resultat all dieser Bemühungen ist ein äußerst stabiler und in der Praxis bestens bedienbarer Tonarm, der in seiner Kompromisslosigkeit bequem neben dem Laufwerk bestehen kann. Nachdem Stefan Strohmetz mit mir insofern übereinstimmte, dass die Montage eines eher hart eingespannten Abtasters in einem vermeintlich zu leichten Arm in der Praxis sehr gut funktionieren kann, durfte das Lyra Atlas im Vertex Einzug halten und die ersten Hörtestrunden bestreiten. Welche Energie. Welch eine Ansprache. Sicher, Bill Herndersons „Send in the Clowns“ beeindruckt nur dann nicht, wenn ein Plattenspieler wirklich arg daneben liegt. Der Motus tut das definitiv nicht. Er zaubert aus der 45er-Einspielung einen Mikrokosmos von feinsten Informationen. Das Vibrato in der Stimme klingt zum Weinen schön, all die Geräusche der Gastronomie im Hintergrund klingen nicht wie Fremdkörper, sondern wie eine ganz natürliche Umgebung, in der mit der größten Selbstverständlichkeit ein Konzert stattfindet. Hier stapelt einer Gläser, dort öffnet jemand eine Weinflasche. Das ist so perfekt, dass es so langsam den Reproduktionscharakter verliert. Auffällig dabei: der sehr niedrige Störgeräuschpegel. Kein Rumpeln, kein Rauschen, kein Vorhang vor dem Geschehen. Wir legen wieder einmal den hervorragenden Sampler „Volume III“ von Meyer Records auf und lassen Ilena Florentina Tautu ihr wunderschönes „Ausgeliefert“ singen. Stst und Lyra positionieren die Stimme äußerst exakt und stabil, lassen die Sängerin deutlich vor die Lautsprecherebene treten – beeindruckend. Die Stahlsaiten der begleitenden Akustikgitarre haben sowohl Kraft als auch Schmelz, die S-Laute der Stimme sitzen auf den Punkt. Was schon mal feststeht: Diese schwäbische Kombi führt den japanischen Top-Abtatster mit Bravour. Lange nicht gehört: Saint-Saëns‘ „Danse Macabre“ von der 200-Gramm-Quiex- Scheibe: Spätestens hier hätte der schwach motorisierte Direktantrieb einknicken dürfen – tut er aber nicht: Sämtliche tieftonalen Gemeinheiten kommen präzise, druckvoll und bestens konturiert. Die klangliche Signatur von Motus und Vertex ist dabei kaum zu entdecken – ich höre das, was ich von dem Tonabnehmer kenne. Irgendwelche Kolorationseffekte? Nicht im Mindesten. Was bleibt, ist ein außerordentlich stimmiger Plattenspieler mit einem ausgezeichneten Tonarm, die den Tonabnehmer die Musik machen lassen und für die „Sound“ kein Thema ist: Das ist Reproduktionstechnik auf sehr hohem Niveau.

Fazit

Motus D und Vertex bilden eine Einheit, die so ziemlich jeden Tonabnehmer aus der Reserve lockt. Die Kombi besticht durch ihre klangliche Unauffälligkeit und die Abwesenheit von Fehlern oder Kolorationen jeglicher Art.

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: stst Motus D / Vertex

Preis: um 6200 Euro

1/2013
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb stst, Kempten 
Telefon 0831 29617 
Internet www.stst-hifi.de 
Garantie (in Jahre) 10 
B x H x T (in mm) 480/220/400 
Gewicht (in Kg) 20 
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