Kategorie: Verstärker Röhrenverstärker

Einzeltest: Quad II Classic Integrated


Insellösung

Röhrenverstärker Quad II Classic Integrated im Test, Bild 1
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Natürlich durfte man sich seinerzeit Sorgen machen. Wenn ein fernöstlicher Geldgeber bei einem Traditionsunternehmen einsteigt, dann muss das der Qualität der Produkte ja nicht zwangsläufig zugute kommen. Gucken wir mal, wie berechtigt solche Überlegungen sind

Mitspieler



Plattenspieler:


Transrotor Fat Bob/SME309/Benz LP-S
Clearaudio Master Reference/ Clearaudio Universal/MFSL C3.5


Lautsprecher:


Progressive Audio Diablo
Klang + Ton Coco15


Zubehör:


Netzversorgung von PS Audio und HMS
NF-Kabel von Transparent und Silent Wire
Phonokabel von Straight Wire und Silent Wire
Lautsprecherkabel von Transparent


Gegenspieler

Magnat RV-2
Unison S6


Sie sehen mir den etwas provokanten Einstieg bitte nach. Tatsächlich nämlich sind Befürchtungen, dass hier mit einem traditionsreichen Namen in erster Linie viel Geld verdient werden soll, komplett aus der Luft gegriffen. Auch wenn Quad-Geräte mittlerweile in China gefertigt werden, sind sie eins ganz sicher nicht: billig.

Röhrenverstärker Quad II Classic Integrated im Test, Bild 2Röhrenverstärker Quad II Classic Integrated im Test, Bild 3Röhrenverstärker Quad II Classic Integrated im Test, Bild 4Röhrenverstärker Quad II Classic Integrated im Test, Bild 5
Weder in Sachen Konstruktion oder Verarbeitung noch beim Preis. Der „Quad II Classic Integrated Amplifier“ – so der ordnungsgemäße Typenbezeichnungs-Bandwurm – kostet nämlich knackige 6.000 Euro. Das ist ein Sümmchen, das wir von Geräten dieser Provenienz eher nicht gewohnt sind. Und bevor Sie der Argwohn übermannt und ich noch länger an diesem Thema klebe: Das Gerät muss sich seines Preises nicht im Mindesten schämen. Mit noch so viel Liebe zum Detail in deutschen, englischen oder japanischen Manufakturen gefertigte Preziosen bieten keinen Deut mehr. Was nicht gegen die Letztgenannten spricht, sondern für den Quad. So. Zur Sache. Vor uns steht ein kompakter, in einem etwas exotischen champagnerähnlichen Ton gehaltener Röhrenvollverstärker. Seine Grundkonstruktion geht auf ein Endstufendesign des Firmengründers Peter Walker höchstselbst zurück – aus dem Jahre 1953. Jene Endstufe genießt bis heute Kultstatus und heißt Quad II, als „Classic“-Version kann man sie auch heute noch kaufen. Für den Job, auf der Basis des Klassikers einen modernen Vollverstärker zu entwickeln, holte man sich keinen Geringeren als Tim de Paravicini ins Boot. Dessen Kreationen gibt’s normalerweise unter dem Label „Esoteric Audio Research“ zu kaufen und genießen in der Szene einen Ruf wie Donnerhall – wie auch an anderer Stelle in diesem Heft nachzulesen. Und so übertrug man also dem Briten die heikle Aufgabe, einerseits die berühmte Blaupause möglichst unbeschädigt in ein Vollverstärkerkonzept zu überführen, andererseits aber einen modernen Verstärker zu bauen, der vor allem ambitionierte Plattenhörer zufriedenstellen soll; das Phonoteil war ein gewichtiger Bestandteil des Pflichtenheftes für den Verstärker. Natürlich sollte es neben klassischen MM-Tonabnehmern auch MC-Abtaster mit nicht allzu viel Ausgangsspannung bedienen können. Das hat, so viel vorweg, ausgezeichnet funktioniert, bedurfte aber der Abkehr von der reinen Röhrenlehre: De Paravicinis Phonoteil besteht aus exakt vier Einzeltransistoren, verfügt über die geforderte MM-/MC-Umschaltung und ist völlig allürenlos: Nichts brummt, nichts rauscht, nichts macht irgendwelche Probleme – höchst erstaunlich ob der augenscheinlich simplen Topologie. Angaben zur Eingangsimpedanz des Phonoteils sind so recht nicht zu finden, wohl aber das Gerücht, es handle sich um eine Konstruktion mit einem Stromeingang. Wir erinnern uns: Bei dieser Schaltungsvariante ist nicht die Spannung des Abtasters die auszuwertende Größe, sondern der Strom, den er in einen „virtuellen Kurzschluss“ schickt. Die Eingangsimpedanz einer solchen Schaltung ist niedrig und bedarf keiner Anpasswiderstände. Bislang allerdings kannte ich so etwas nur für MCs; wenn de Paravicini das auch für MMs hinbekommen hat – und danach sieht es aus, ziehe ich ehrfürchtig den Hut. Lassen Sie sich von dem mit 31 Zentimetern Breite eher kompakten Chassis nicht täuschen: Die 19 Kilo Gesamtgewicht des Quads zeugen von reichlich Materialeinsatz. Das beginnt bei der äußerst soliden Aluminiumbehausung, den Löwenanteil davon aber beanspruchen die drei Trafos für sich: Sowohl Ausgangsübertrager als auch Netztrafo wirken ihrer Sache – die da wäre, einen 25-Watt-Verstärker zu befeuern – mehr als gewachsen. Für die Abgabe besagter 25 Watt ist pro Kanal ein Pärchen KT66 zuständig. 1953, als das Grundkonzept entstand, gab es die bekannte leistungsstärkere Variante in Gestalt der Beam Power Tetrode KT88 noch nicht, aber bis heute ist die KT66 eine exzellent klingende und gut zu bekommende Röhre – eine Abkehr vom Original brauchte es also nicht. Die Endstufe arbeitet im Gegentakt im reinen Pentodenbetrieb – wie schon das Original. Die Ansteuerschaltung gehört zur aufwendigeren und ungewöhnlichen Sorte: Pro Kanal braucht’s drei Doppeltrioden, um dem KT66-Duo auf die Sprünge zu helfen. Eingangsseitig besorgt eine 6922 (nahe an einer ECC88) zuerst das Phasensplitting, danach geht’s bereits getrennt in die beiden kaskadierten Systeme einer ECC83. Diese Anordnung kommt dann bestens mit den Endröhren klar. Der Aufbau der Schaltung erfolgt weitgehend auf Platinen und lässt an Aufgeräumtheit nichts zu wünschen übrig. Die Phonovorstufe entzieht sich per Metallkästchen allzu neugierigen Blicken – schade eigentlich. Die Eingangssignale werden per Relais direkt hinter den Buchsen umgeschaltet, der dazugehörige Schalter ist zweifellos eine Show: Es handelt sich um ein irgend etwas zwischen Schiebe- und Drehschalter; sehr ungewöhnlich und eine durchaus gelungene Design-Spielerei. Zu den drei Hochpegeleingängen und dem Phonoanschluss gesellt sich eine Tape-Schleife nebst Monitor-Schalter – das sollte in der Praxis allemal reichen. Ausgangsseitig gibt’s nur ein Paar Lautsprecherklemmen; tatsächlich kommt der Quad sowohl mit Achtals auch Vier-Ohm-Lautsprechern prima klar. Ich würde mir etwas weniger hakelige Pegelsteller und Schalter wünschen, ansonsten gibt’s an dem Gerät aber rein gar nichts zu meckern. Klanglich ist das Gerät – ich kann’s nicht anders sagen – der absolute Hammer. Seit Monaten übernimmt der Quad immer wieder mal die zentrale Funktion in meiner heimischen Kette, und jedesmal nach dem Einschalten bin ich platt, was diese Maschine zu leisten imstande ist. Und meistens habe ich gerade Equipment abgebaut, das weitaus teurer ist als dieser Vollverstärker. Vornedran stöpsele ich das Kohlefaser-Myabi von MFSL, hintendran meine altgediente Progressive Audio Diablo – ein Lautsprecher mit vielleicht 88 Dezibel Wirkungsgrad und eher weich aufgehängtem Zehnzoll-Bass und mitnichten das, was der Arzt einem kleinen Röhrenvollverstärker verordnen würde. Die Realität zeigt aber: Das geht wie kaum etwas anderes, was ich jemals in diesem Rahmen betrieben habe. Zunächst einmal macht der Bassbereich sprachlos: schnell, farbig und völlig von Aufdickungseffekten befreit tönt das Reflexsystem – mitunter komme ich nicht umhin, eine fast hornähnliche Ansatzlosigkeit zu erleben. Erstaunlicherweise geht das nicht auf Kosten des Tiefgangs, vielmehr leuchtet der kleine Integrierte den Frequenzkeller beeindruckend weit aus. Darüber baut der Quad ein feines, aber im Detail extrem opulentes Klanggebäude mit Leucht- und Überzeugungskraft. Ein bisschen geschönt? Aber ja! Das ist ein Verstärker zum Musikhören, nicht zum Erbsenzählen. Der extrem feine Hochtonbereich wirkt niemals überpräsent, tönt aber extrem fein und flüssig – genau so muss das sein. Auch in Sachen Raumdarstellung neigt der Quad zur Opulenz: Er baut eine in allen Dimensionen sehr große und perfekt organisierte Bühne; auch das ist vielleicht etwas jenseits der reinen Lehre angesiedelt, aber Genuss pur. Wenn ich mir überlege, dass ich normalerweise mindestens drei schwergewichtige Maschinen brauche, um auch nur etwa in die klanglichen Dimensionen vorzudringen, die dieser Vollverstärker eröffnet, dann qualifiziert sich der Quad II Classic Integrated als ein lupenreines Gerät für die sprichwörtliche einsame Insel: Mehr als das brauche ich zum Musikhören auf keinen Fall.

Fazit

Der Quad-Vollverstärker ist eine Musikmaschine allererster Güte. Er verfügt über ein universelles und exzellentes Phonoteil und klingt leichtfüßig, substanziell und kräftig. Toller Verstärker.

Kategorie: Verstärker Röhrenverstärker

Produkt: Quad II Classic Integrated

Preis: um 5500 Euro

5/2011
 
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb SWS Audio, Wallenhorst 
Telefon 0231 126748 
Internet www.quad-hifi.co.uk 
B x H x T (in mm) 310/200/380 
Gewicht (in Kg) 19 
Garantie (in Jahre)
Ausführung: Nein 
Unterm Strich... » Der Quad-Vollverstärker ist eine Musikmaschine allererster Güte. Er verfügt über ein universelles und exzellentes Phonoteil und klingt leichtfüßig, substanziell und kräftig. Toller Verstärker. 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 18.05.2011, 11:13 Uhr
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Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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