Kategorie: Tonarme

Einzeltest: Clearaudio TT2


Geradlinig mit Umwegen

Tonarme Clearaudio TT2 im Test, Bild 1
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Den Clearaudio TT2 wollten wir schon in Verbindung mit dem Laufwerk „Master Innovation“ vorstellen. Doch der Arm hat mehr Aufmerksamkeit verdient, die er nunmehr bekommt

Mitspieler


Plattenspieler:

 Clearaudio Innovation
 Clearaudio Master Innovation

Phonovorstufen:

 Audio Research Reference Phono 2 SE
 MalValve preamp three phono

Vorstufen:

 MalValve preamp four line
 Lindemann 830S

Endverstärker:

 Lindemann 858

Lautsprecher:

 Audio Physic Avantera
 Klang + Ton Nada

Zubehör:

 Netzsynthesizer PS Audio P10
 NF-Kabel von van den Hul und Transparent
 Phonokabel van den Hul
 Lautsprecherkabel von Transparent
 Plattenwaschmaschine von Clearaudio


Gegenspieler
Tonarme:

 Clearaudio Universal
 Reed 3p


Die Analogspezialisten aus Erlangen haben in Sachen Tangentialtonarme eine lange Tradition. Seit Firmenchef Peter Suchy das 1982 erteilte Patent des Amerikaners Lou Souther kaufte und den passiven, nur von der Kraft der Rillenflanke auf die Nadel geführten tangential abtastenden Arm salonfähig machte, ist eine Menge Zeit vergangen.

Tonarme Clearaudio TT2 im Test, Bild 2Tonarme Clearaudio TT2 im Test, Bild 3Tonarme Clearaudio TT2 im Test, Bild 4Tonarme Clearaudio TT2 im Test, Bild 5Tonarme Clearaudio TT2 im Test, Bild 6Tonarme Clearaudio TT2 im Test, Bild 7
Lange Zeit fertigte Clearaudio ausschließlich Tonarme nach diesem Prinzip, aber vor ein paar Jahren wurde man im Fränkischen weich; seitdem gibt’s zusätzlich eine ständig wachsende Palette mit Drehtonarmen. Da gibt’s kardanische Arme, Einpunktarme, magnetisch stabilisierte Arme – man kann Clearaudio wahrlich nicht vorwerfen, auch nur eine Spielart des Themas außen vor zu lassen. Die Tonarm-Königsklasse allerdings, das ist in Erlangen nach wie vor der tangential abtastende Arm. Nicht umsonst ziert ein solches Modell das hauseigene Laufwerks- Flaggschiff „Statement“, der passende Arm heißt entsprechend „Statement TT1“ und ist de facto unbezahlbar. Er ist übrigens der einzige „lange“ Tangentialarm von Clearaudio; er muss zum Plattenwechsel nicht weggeklappt werden, sondern parkt wie ein Drehtonarm neben dem Plattenteller. Das hat zudem den Vorteil, dass man die Führung auf beiden Seiten lagern kann. Das ist bei den kleineren Modellen TT2 und TT3 anders: Der eigentliche Arm ist hier nur ein kurzer Stummel, der über der Platte geführt wird. Deshalb ist die „Laufbahn“ für den Arm beim Plattenwechsel im Weg und kann hochgeklappt werden; so kommt man wieder bequem an den Plattenteller. Wir beschäftigen uns hier mit dem TT2, dem zweitgrößten Modell, das für nicht ganz unbescheidene 7.300 Euro den Besitzer wechselt. Das ist reichlich, verspricht aber den Abschied von ein paar strukturellen Problemen bei der Plattenwiedergabe mit Drehtonarmen.

Tangentialer Spurfehlwinkel? Gibt’s nicht. Antiskating? Braucht man nicht. Und im Gegensatz zu einer luftgelagerten Lösung muss man auch keine Schläuche verlegen und mehr oder weniger voluminöse und/oder lautstarke Kompressoren im Wohnzimmer (oder nebenan) unterbringen. Die aktuelle Clearaudio- Lösung des Problems, den Arm extrem reibungsarm über den Plattenradius zu führen, besteht aus zwei am Außenradius ballig geschliffenen Präzisionskugellagern, die auf der Innenseite einer geschlitzten Quarzglasröhre laufen. Diese Kugellager haben ein minimales Losbrechmoment – deshalb müssen sie auch ohne bremsende Schmierung auskommen – und übernehmen die Lagerung des Wägelchens, auf dem der Armstummel befestigt ist, gleich in zwei Ebenen: In der Horizontalen rollt die Anordnung, in der Vertikalen kippen die Lager über ihre Lauffläche (agieren also als Messerlager), bei größeren Auslenkungen (Tonarmlift) gleitet die Anordnung über die Glas-Lauffläche. Das ist eine anspruchsvolle Konstruktion und macht einen etwas gewöhnungsbedürftigen Eindruck, funktioniert in der Praxis aber gut – mit einer kleinen Einschränkung, wie wir noch sehen werden. Die Montage des Arms ist auf verschiedensten Laufwerken möglich. Dafür braucht’s nicht mehr als drei Bohrungen an der richtigen Stelle; eine bemaßte Zeichnung gehört zu den wenigen Dingen, die die Bedienungsanleitung erschöpfend behandelt. Zu einer ganzen Reihe von Dingen schweigt sie sich aus und das ist bedauerlich – ich habe bei Montage und Einstellung des Arms reichlich geflucht, was sicherlich – zumindest zum Teil - vermeidbar gewesen wäre. Für Clearaudio-Plattenspieler gibt’s natürlich passend gebohrte Montageplatten, so dass die Fixierung des Arms am Plattenspieler zunächst kein Problem darstellt. Nach diesem Schritt ist so ziemlich Schluss mit lustig: Das Setup des TT2 ist eine etwas vertrackte Angelegenheit und erfordert eine gehörige Portion Zeit und Geduld.

Der Tonarm steckt auf zwei Edelstahlstangen, die fest mit dem „Scharnier“ zum Hochklappen des Arms auf der Armbasis verbunden sind. Ein Gewindestift mit seitlicher Einkerbung besorgt die Höhenverstellbarkeit; er wird unten mit einer Schraube gegen Herausrutschen gesichert und mündet oben auf dem Arm in einer Rändelmutter, die eine Verstellung in der Höhe (und damit des vertikalen Abtastwinkels) erlaubt. Nun ist der Arm aber ein ziemlich schwere Angelegenheit und drückt über einen ungünstigen Hebel mit ordentlich Kraft seitlich auf die Lagerstifte; in der Praxis ist die VTA-Verstellung deshalb eine mäßig funktionierende Angelegenheit. Vom versprochenen „Verstellen während des Betriebs“ kann keine Rede sein, man muss den Arm innen anlupfen, damit sich die Lagerseite zu Bewegung in der Höhe überreden lässt. Der eigentliche Arm-„Stift“ besteht aus einem Faserverbundwerkstoff und trägt an einem Ende ein minimalistisches Edelstahl-Headshell, auf die andere Seite wird das oder die Gegengewicht(e) geschoben. Davon gibt’s gleich fünf Stück, die passend zum Tonabnehmergewicht gewählt werden. Das mit Abstand schwerste ist fürs Clearaudio Goldfinger mit seinen fast 20 Gramm Gewicht vorgesehen. Und selbstverständlich war es genau jene Preziose, die bei uns als Abtaster im TT2 fungieren sollte. Die Montage des Abtasters auf dem Arm ist soweit kein Problem, die Justage der Angelegenheit ist aber nicht ganz trivial. Das liegt daran, dass es hier eine ziemlich große Anzahl von Freiheitsgraden gibt, die es alle unter einen Hut zu bringen gilt.

Zunächst wird der Armstummel durch eine Bohrung im Laufwagen eingefädelt, dann der Abtaster festgeschraubt und angeschlossen. Dann braucht’s eine grobe Voreinstellung der Auflagekraft, die ungefähre Justage des Azimuts (über das Verdrehen des Arms), dann die Einstellung der „Spur“, will sagen: Der Arm wird so lange in seiner Lagerbohrung verschoben, bis er exakt radial über der Platte verfährt. Das Problem: Verdreht man einen Parameter, ändert man alle anderen gleich mit. Die Einstellprozedur darf man also reichlich wiederholen, bis alle Größen stimmen. All das erfolgt mit halb festgezogenen Klemmschrauben an Gegengewicht und Armaufnahme. Einige Dinge kann man nur mit hochgeklapptem Arm erreichen, was die Sache auch nicht angenehmer macht. Wenn schließlich alles sitzt, hat man sich auf alle Fälle eine Belohnung verdient. Jene stellt sich allerdings ganz automatisch ein, wenn sich die Nadel zum ersten Mal in die Rille senkt. Was das Statement in dieser Umgebung nämlich aus der Rille holt, ist phänomenal. Ich hätte nie gedacht, dass der Tonabnehmer noch zu merklich mehr fähig ist, als er im großen Drehtonarm „Universal“ zeigt. Insbesondere im Bass kann das Goldfinger nochmals merklich zulegen: Es spielt ungeheuer tief, druckvoll und lebendig. Und das mit diesem Schwergewicht an dem niedlichen Ärmchen? Sehr erstaunlich. Hier brennt ein Dynamikfeuerwerk, wie ich es von diesem System noch nicht erlebt habe – obwohl das Goldfinger in dieser Hinsicht auch an anderen Armen eine absolute Wucht ist. Sehr großartig, allerdings mit mehr oder weniger regelmäßigen Unterbrechungen: Der Arm reagiert extrem allergisch auf Verunreinigungen der Lauffläche – bei jedem Staubkorn hängt der Schlitten. Sie rauchen in ihrem Wohnzimmer? Ein guter Moment damit aufzuhören, denn die zusätzliche Luftverschmutzung verschlimmert das Problem. Die Bedienungsanleitung schweigt sich dazu aus, wie man die Lauffläche am besten reinigt – man kommt ziemlich schlecht dran. Ich habe Druckluft aus der Dose genommen, das geht recht zuverlässig – das Armwägelchen dabei unbedingt arretieren! Wie man sieht: ohne Fleiß kein Preis. Wenn man allerdings willens ist, sich den Besonderheiten des Arms zu stellen, dann hat man sich den Weg ins klangliche Paradies verdient.

Fazit

Kein mir bekannter Tonarm führt Clearaudio- Topabtaster so wie dieser. Im TT2 klingt’s unglaublich greifbar, knackig, dynamisch und tief. Eine feine Belohnung für die Mühen beim Setup!

Kategorie: Tonarme

Produkt: Clearaudio TT2

Preis: um 7300 Euro

1/2013
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Clearaudio, Erlangen 
Telefon 09131 59595 
Internet www.clearaudio.de 
Garantie (in Jahre)
Gewicht (in Kg)
Unterm Strich... » Kein mir bekannter Tonarm führt Clearaudio- Topabtaster so wie dieser. Im TT2 klingt’s unglaublich greifbar, knackig, dynamisch und tief. Eine feine Belohnung für die Mühen beim Setup! 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 30.01.2013, 14:20 Uhr
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