Kategorie: Verstärker Phono Vorverstärker

Einzeltest: EAR 324


Alte Meister

Phono Vorstufen EAR 324 im Test, Bild 1
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Tim de Paravicini darf mit Fug und Recht als HiFi-Legende bezeichnet werden. Und auch wenn keiner mehr die Geschichten hören will: Wer Geräte baut, die in so vielen Tonstudios dieser Welt stehen, dem darf man zutrauen, dass er weiß, wie Musikwiedergabe zu klingen hat. Seine Kunden wissen es zumindest

Bei einer kleinen Reise, bei der ich 2013 in Kalifornien ein paar der renommiertesten Masteringstudios der Welt besichtigen durfte, fand ich in allen Racks neben den beeindruckenden Mischpulten Geräte von Paravicini vor. Liest man sich die Liste seiner Kunden im Tonstudio-Segment durch, dann ist das wie ein „Who-is-Who“ der Musiker-Prominenz. David Gilmour sei nur als ein Beispiel genannt. Mit seiner HiFi-Marke Exotic Audio Research oder kurz: EAR mischt der Altmeister schon seit etlichen Jahren auch auf der anderen Seite der Musik mit: Die Wiedergabekette ist ja letztlich mindestens ebenso wichtig wie die Aufnahmeseite.

Phono Vorstufen EAR 324 im Test, Bild 2Phono Vorstufen EAR 324 im Test, Bild 3Phono Vorstufen EAR 324 im Test, Bild 4Phono Vorstufen EAR 324 im Test, Bild 5Phono Vorstufen EAR 324 im Test, Bild 6
Und auch hier ist die Qualität seiner Röhrengeräte legendär. Doch – Überraschung – unser Testgerät ist tatsächlich ein Transistorverstärker! Abgeleitet von der schon legendären Vorstufe 321, die zu ihrer Zeit für Aufsehen sorgte, hat man hier einfach deren Phonoteil in ein eigenes Gehäuse gesteckt. Sieht man in das Gerät hinein, dann ist man erst einmal irritiert, denn man erkennt neben dem durchaus modernen Platinenlayout jede Menge – Übertrager. Nun, das verwundert erst einmal ein bisschen, ist man doch heute durchaus in der Lage, die Signale auch der leisesten MC-Tonabnehmer mit aktiven Bauteilen rauschund brummfrei zu verstärken. Wozu also diese vorsintflutliche Technik? Nun, Tim de Paravicini steht auf dem Standpunkt, dass die Wechselwirkung zwischen einem niederohmigen Tonabnehmer und einer ohmschen Last negative Auswirkungen auf den Klang hat. Seiner Erfahrung nach funktioniert eine induktive Last wie die eines Übertragers, der ja nichts anderes ist als zwei ineinander verschachtelte Spulen, an dieser Stelle deutlich tonabnehmerfreundlicher und damit klanglich besser. Voraussetzung hierfür ist natürlich auch bei einem Übertrager die optimale Anpassung an den verwendeten Tonabnehmer. Beim EAR 324 hat man es sich deshalb nicht nehmen lassen, einen Übertrager mit drei primären Abgriffen zu konstruieren, die ein Übersetzungsverhältnis von 1:10, 1:20 und 1:30 ermöglichen. Und – man kann dafür nicht dankbar genug sein – es gibt einen zweistufigen Abschwächer mit -6 und -12 dB, mit dem man blitzschnell nach Umstellen des Übertragers den Gesamtpegel anpassen kann, um die rein klangliche Änderung beurteilen zu können, ohne sich von einer einfach höheren Lautstärke blenden zu lassen: Klasse gemacht. Übrigens: ALLE Umschaltungen im Gerät laufen über Relais, so dass sich das Audiosignal an keiner Stelle über irgendwelche Schalterkontakte quälen muss. Auch das ist absolut vorbildlich und rechtfertigt den Preis von knapp 5.000 Euro, den man für einen echten de Paravicini nun einmal hinlegen muss. Die Relaissteuerung gilt natürlich auch für die üppigen Regelmöglichkeiten im MM-Zweig, der sich in einem weiten Bereich in Sachen Eingangskapazität und -impedanz(!) einstellen lässt. Die aktive Verstärkerstufe, in die die RIAA-Entzerrung eingebettet ist, funktioniert als reines Class-A-Schaltungskonzept. Und weil es so schön ist: Auch am Ausgang gibt es zwei dicke Übertrager. Damit kann zum einen ein symmetrischer Ausgang an zwei XLR-Buchsen realisiert werden (Cinch unsymmetrisch gibt’s auch), zum anderen ist die 324 damit unkritisch gegenüber längeren Kabelstrecken zum angeschlossenen Verstärker, weil ausreichend niederohmig am Ausgang. Ein Monoschalter und einer zur Umkehr der Gesamtphase runden das Bild eines wirklich komplett ausgestatteten Phonovorverstärkers ab. EAR empfiehlt übrigens, die 324 immer am Netz zu lassen, das finden wir politisch zwar nicht korrekt, angesichts der geringen Leistungsaufnahme aber verschmerzbar. Eine „vergessene“ Playstation zieht vermutlich an einem Schultag mehr Wattstunden aus dem Netz als die EAR in einem Monat, wer Kinder hat, weiß, was ich meine. Zum Hörtest: Der gewiefte Tester weiß natürlich, was zu tun ist: Er zieht seine geliebte Quad-24-Phonovorstufe aus dem Regal und stellt sie zum Vergleich auf. Konstrukteur dieser sehr feinen Röhrenphonostufe ist übrigens ein gewisser Tim de Paravicini gewesen … Und man erkennt sofort die Familienähnlichkeit in der Abstimmung: Satt, süffig spielen sie beide, mit einer Riesenfreude an opulenten Klangfarben und krachender Dynamik. Ich kenne Phonovorstufen, die vermeintlich etwas neutraler klingen, aber irgendwie ist das dann auch immer etwas „technisch“ und, Verzeihung, blutarm. Das mit der Übertragerlösung hat defi nitiv etwas für sich. Und mit der Möglichkeit, die korrekte Verstärkungsstufe (oder: Eingangsimpendanz) sofort zu überprüfen, kommt man mit der EAR 324 zu wirklich schnell verifizierbaren Ergebnissen. So gab sich das Dynavector 10x5 Neo schnell mit einem Übersetzungsverhältnis von 1:10 zufrieden, während das Transfiguration Phoenix S mit 1:20 seinen überzeugendsten Auftritt lieferte – nicht ohne am 1:30-Abgriff auch einige interessante Ergebnisse zu liefern. Spannend war an dieser Stelle auch das Verhalten bei der Anpassung von MM-Tonabnehmern am zweiten Eingang. Tatsächlich lassen sich mit der Einstellung der Impedanz auch hier subtile Veränderungen erzielen, während die kapazitive Anpassung ein absolutes Muss für eine ausgewogene Darstellung ist. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein ausreichend niederkapazitives Phonokabel, sonst ist die ganze Einstellerei von vornherein für die Katz. Von der satten, dynamisch sicheren Spielweise im Bass bis hinauf zu klar definierten Höhen leistet sich die EAR keinerlei Schwachpunkte – im Gegenteil: Eigentlich ist jeder Bereich ein Highlight für sich. Die extrem nebengeräuscharme Schaltung sorgt auch für die vielzitierte magische Schwärze zwischen den Tönen und eine sehr natürliche und dabei zutiefst beeindruckende Raumillusion. Die EAR 324 lässt alle angeschlossenen Tonabnehmer nach korrekter Einstellung richtig von der Leine – die kraftvolle Spielweise ist nur eine qualitativ hochwertige Basis, auf der die angeschlossenen Systeme zeigen können, was sie draufhaben. Neutralität steht nicht unbedingt an der ersten Stelle des Pflichtenhefts – hier findet man klar „Spaß an der Musik“ – aber der Eigensound der EAR 324 ist niemals so ausgeprägt, dass er einen Tonabnehmer „überfahren“ würde. Und so kann man die 324 als Arbeitsgerät sehen, das nebenbei auch als Genussmittel dient. Oder eben umgekehrt – suchen Sie es sich aus.

Fazit

Mit einer Mischung aus althergebrachter und moderner Technik hat Tim de Paravicini in der EAR 324 eine der vielseitigsten und besten Phonostufen überhaupt realisiert.

Kategorie: Verstärker Phono Vorverstärker

Produkt: EAR 324

Preis: um 4745 Euro

3/2018
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb EAR-Yoshino, Kopenhagen 
Telefon 0045 35 112770 
E-Mail info@ear-yoshino.de 
Internet www.ear-yoshino.de 
Garantie 2 Jahre 
B x T x H (in mm) 325/270/100 
Gewicht 5 kg 
Unterm Strich... Mit einer Mischung aus althergebrachter und moderner Technik hat Tim de Paravicini in der EAR 324 eine der vielseitigsten und besten Phonostufen überhaupt realisiert. 
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Thomas Schmidt
Autor Thomas Schmidt
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Datum 31.03.2018, 10:02 Uhr
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