Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: Thorens TD 124 DD


Thorens- Klassiker neu erfunden

Plattenspieler Thorens TD 124 DD im Test, Bild 1
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Thorens hat seinen ersten „großen“ Plattenspieler fertig. Und es ist eine wunderbare Referenz an die reiche Vergangenheit des Unternehmens geworden

Ja, das ist richtig. Ich war einer davon. Einer von denen nämlich, die bei der Präsentation der direkt angetriebenen Neuauflage des ganz oben auf dem Klassikerolymp residierenden Thorens-Reibradlers zumindest im Geiste die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben. Welch ein Sakrileg! Wir kann man seiner Majestät, dem heiligen TD 124, nur so eine peinliche Veranstaltung hinterherschieben? Mittlerweile kann ich ruhigen Gewissens sagen: Am TD 124 DD ist nichts, aber auch gar nichts irgendwie peinlich. Im Gegenteil. Spätestens, als Gunter Kürten seine Seriennummer eins – das erste jemals gebaute Exemplar aus der limitierten Serie – mit leichter Hand bei uns im Hörraum auspackte und in Betriebsbereitschaft versetzte, das nötigte mir Respekt ab.

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Nicht nur vor dem Eigner des Unternehmens, sondern vor der Konstruktion des Gerätes. Da steckt nämlich ein Menge Schläue drin, die zum Teil vom Urmodell übernommen, zum Teil aber auch selbst hineingedacht wurde.

Weihnachten und Jahreswechsel liegen hinter uns und ich habe viel Zeit mit dem TD 124 DD im heimischen Umfeld verbracht. Das Ding, liebe Leute, das ist eine ernste Sache. Und zwar so richtig. Das sage ich als jemand, der nie einen Ur-TD 124 besessen hat und den Vergleich zwischen beiden Konzepten also höchstens aus einer theoretischer Perspektive heraus anstellen könnte. Muss ich aber gar nicht, weil: Der Neue spricht für sich selbst. Mit klarer, lauter und unmissverständlicher Stimme. Natürlich kommen wir nicht gänzlich davon, ohne hier und da vorsichtig auf den vielleicht berühmtesten aller „Thorense“ zu schielen. Schon deshalb, weil man den Urtyp und den „DD“ auf den ersten Blick fast verwechseln könnte. Einzig das externe Netzteil des Neuen erinnert daran, dass man Plattenspieler heutzutage ein wenig anders baut als 1957, als die TD 124-Story begann.

Lassen Sie uns zuerst mal mit einer urbanen Legende aufräumen: Der TD 124 war nämlich beileibe kein klassischer Reibrad-Plattenspieler, sondern ein so genannter Kombinationstriebler. Also einer, bei dem das Reibrad nicht direkt von einem Motor angetrieben wird, sondern über einen zwischengeschalteten Riemenantrieb. Nur so war nämlich das systembedingte Rumpeln des Reibradprinzips in sinnvolle Dimensionen zu drücken. Von daher: Stellt euch nicht so an. Höchstwahrscheinlich schafft der kernige Direktantrieb des DD sogar mehr Drehmoment an der Tellerachse als der Oldtimer mit seiner zweistufigen Lösung.

Als TD 124-Neuling fällt mir erst einmal die kompakte Erscheinung des Gerätes auf. 42,5 Zentimeter in der Breite und derer 35 in der Tiefe, das sind im Zeitalter ausladender Vinyl-Altäre sehr zurückhaltende Dimensionen, die das Unterbringen des 17 Kilogramm schweren und 8000 Euro teuren Gerätes zweifellos erleichtern. Bei der Wahl der Stellfläche ist der DD zum Glück nicht besonders empfindlich, bei mir ruhte er wochenlang auf einem sehr unspektakulären Fichtenregal, das eigentlich zur Wandmontage gedacht war. Die Trittschallempfindlichkeit damit war erstaunlich gering, obwohl das Ganze auf einem Massivdielenboden stand. Eigentlich war ich mit der Lösung wunschlos glücklich, muss aber zugeben, dass die mit 169 Euro erfreulich zivilisiert bepreiste Unterstellbasis „TAB 1600“ die Entkopplung vom Untergrund nochmals merklich verbessert. Unter uns: Die zweischichtige Platte, bei der zumindest eine Lage aus einem porösen Absorbermaterial besteht, würde ich mir gönnen.
Natürlich ist der TD 124 DD ein richtiger Subchassis-Spieler. Dabei allerdings ruht das Aluminium-Chassis nicht nach alter Väter Sitte auf Federn, sondern auf vier Elastomerelementen. Hätte es in den Fünfzigern schon solche hochwertigen schwingungsdämpfenden Materialien gegeben, hätte man den Ur-124er wohl auch damit konzipiert. Jeder der vier Lagerpunkte ist per außenliegender Rändelschraube in der Höhe einstellbar. Mit drei Lagerpunkten wäre das Ganze etwas einfacher in eine waagerechte Position zu bringen, mit etwas Gefühl geht’s aber auch mit der dieser Lösung. Zur Kontrolle der Ausrichtung leistet die ins Subchassis eingelassene Dosenlibelle wertvolle Dienste.

Das „Anfassgefühl“ aller Komponenten des TD 124 DD ist übrigens ausgezeichnet und dem Verkaufspreis in jeder Hinsicht angemessen. Auch gilt es hier wieder einmal festzustellen: Wenn man einen im fernen Osten beheimateten Fertigungsbetrieb genug Geld für den Job gibt, dann können dabei Ergebnisse herauskommen, die sich vor „richtigem“ Made In Germany absolut nicht verstecken müssen. Unter dem dreieinhalb Kilogramm schweren Aluminiumteller des Gerätes kommt der Antrieb zum Vorschein: Der Direktantriebsmotor sitzt weit innen und damit weit von der potenziell durch Magnetfelder gefährdeten Abtastzone entfernt. Die Bauart des Motors mit seinen senkrecht angeordneten Magneten und Spulen ist keine ganz unbekannte und tut in einer ganzen Reihe berühmter „Schnellstarter“ aus der DJ-Szene verlässlich Dienst. Solcherlei Kunststücke beherrscht der TD 124 DD ob seines schweren Tellers nicht, trotzdem ist er ordentlich fix auf Nenndrehzahl. Jene wird per Schalter an der vorderen linken Ecke des Laufwerks gewählt. Ganz links an der Seite gibt es einen weiteren Hebel, der der Tellerbremse des originalen TD 124 nachempfunden ist.

Diese hier greift allerdings nicht mechanisch ins Antriebsgeschehen ein, sondern hält den Antrieb elektrisch an. Das hat sich beim Umdrehen einer Platte als sehr praktische Angelegenheit erweisen, an die ich mich ziemlich schnell gewöhnt habe. Der Teller des DD trägt außen eine Stroboskopmarkierung. Diese ist durch ein kleines Fenster sichtbar und wird von einer entsprechend getakteten Leuchte angestrahlt. Ein Drehrad an der Vorderkante des Gerätes erlaubt die Feineinstellung der Tellerdrehzahl, die sich über den Testzeitraum als völlig konstant erweisen hat. Der TD 124 DD kommt standardmäßig mit einem eigens dafür konzipierten Tonarm namens TP 124. Dabei handelt es sich um eine komplette Neukonstruktion, die sich optisch an klassischen Vorbildern orientiert. Der mit einem J-förmig gebogenen Aluminiumrohr ausgestattete Neunzöller trägt am vorderen Ende ein SME-Bajonett und fällt mit einer effektiven Masse von 15 Gramm mitten in die Kategorie „mittelschwer“. Sehr schön: die Antiskatinglösung mit Faden und Gegengewicht, bei der das Gewicht einmal nicht an der Seite baumelt, sondern durch eine Bohrung in der Armbasis im Geräteinneren verschwindet. Ein Rubinring sorgt für eine praktisch reibungsfreie Fadenführung. Die Auflagekraft wird erst einmal durch Verstellen des Gegengewichtes (zwei unterschiedlich schwere Modelle gehören zum Lieferumfang) justiert. Ist der Abtaster ausbalanciert, erledigt man mit der federbelasteten Einstellung via Hebel auf der Oberseite des Tonarmlagergehäuses die Einstellung des Nennwertes. Funktioniert einfach, gefühlvoll und perfekt.

Der TD 124 DD verfügt über ein Feature, das wir schon vom Modell TD 1601 her kennen, nämlich einen elektrischen Tonarmlift. Er wird per Knebelschalter vorne rechts bedient und tut genau das, was er soll. Zugegebenermaßen hätte ich nichts dagegen, wenn er das etwas zügiger und weniger geräuschvoll täte, aber das ist ein Luxusproblem.

Man kann den TD 124 DD bei Bedarf mit zwei verschiedenen Tonabnehmern ordern. Das moderne MC namens TAS 1600 für 1200 Euro Aufpreis haben wir Ihnen schon in Verbindung mit dem TD 1601 vorgestellt, alternativ dazu gibt es ein waschechtes SPU namens „SPU TD 124“ gegen Entrichtung von 2000 Euro. So transparent, tonal korrekt und fein das TAS 1600 auch spielt – ich will gar nicht verhehlen, dass das SPU im TD 124 DD mein Herz im Sturm erobert hat. Und dabei ist es sogar eine behutsam modernisierte Variante des Ortofon-Klassikers mit elliptischem Nadelschliff, relativ viel Ausgangsspannung (0,5 Millivolt), so etwas wie vorhandener Nadelnachgiebigkeit (8 µm/mN) und einer empfohlenen Auflagekraft von 25-35 mN. Mit einem Generatorwiderstand von zwei Ohm ist es hervorragend übertragertauglich und fühlt sich an solchen mit nur zehnfacher Verstärkung sehr wohl.

Schon mit dem TAS 1600 kann der Thorens- Direkttriebler seinen dem DJ-Lager entliehenen drehmomentstarken Antrieb nicht verleugnen: Das Ding legt einfach los wie nix anderes. Nehmen wir einfach die wunderbare Paul Kuhn-Einspielung „Live At Birdland“ von 2010, die den Entertainer in Topform zeigt. Hier swingt es wunderbar, mit bestens sortierter Bühnenaufteilung, feiner Beckenarbeit. Die Klavierarbeit ist präzise und sitzt auf den Punkt, das ist Unterhaltung in bester Manier. Das SPU allerdings treibt mir bei der Platte wieder einmal die Tränen in die Augen. Es tönt etwas erdiger timbriert, agiert oben herum vielleicht nicht ganz so fein und zart artikuliert, aber es ist – nun ja, live. Ein bisschen dreckig, mit unvergleichlichem Schub, Wucht, Bauch und einer Selbstverständlichkeit, die ihresgleichen sucht. Ich hab‘ mich im Anschluss sogar japanischen Three Blind Mice-Jazz in Gestalt von „Misty“ getraut, nur ob des puren Effektes: DD und SPU liefern hier einen Dynamik-Aberwitz, wie ich ihn selten erlebt habe. Ein so knochenhartes Klavier mit derart viel Kraft muss man erst einmal per Schallplatte reproduziert kriegen. Geschmeidigkeit und Gefühl gehen auch: Neil Youngs 1971er Massey-Hall-Konzert erweist sich einmal mehr als zerbrechliches Inbrunst-Meisterwerk, dessen Emotionalität dieses Gespann überragend eindringlich serviert.

Fazit

Welch eine Wiederauferstehung! Der TD 124 DD ist kompakt, komfortabel zu bedienen und klingt überaus zackig, kräftig und emotional. Ein dickes Extra-Plus gibt’s für das fantastische Thorens-SPU

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: Thorens TD 124 DD

Preis: um 8000 Euro

4/2021
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Thorens, Bergisch Gladbach 
Telefon 02204 8677720 
Internet thorens.com 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
Abmessungen 425 x 185 x 350 mm 
Gewicht (in Kg) ca. 17 kg 
Unterm Strich ... » Welch eine Wiederauferstehung! Der TD 124 DD ist kompakt, komfortabel zu bedienen und klingt überaus zackig, kräftig und emotional. Ein dickes Extra-Plus gibt’s für das fantastische Thorens-SPU 
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Autor Holger Barske
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Datum 15.04.2021, 10:03 Uhr
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