Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: Grandinote Shinai


30 ganz besondere Transistorwatt

Vollverstärker Grandinote Shinai im Test, Bild 1
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Interessanterweise sind fast immer Elektronenröhren im Spiel, wenn ein Verstärker als ganz besonders musikalisch gilt. Dass das keine unumstößliche Wahrheit sein muss, beweist dieser italienische Vollverstärker

An meine erste Begegnung mit einem Produkt aus dem Hause Grandinote kann ich mich lebhaft erinnern: Die Phonovorstufe „Celio“ war etwas, das ich so noch nicht kannte. Mit einem riesigen Netzteil und lediglich drei Transistoren pro Kanal hat es Konstrukteur Massimiliano Magri geschafft, MC-Tonabnehmern wunderbare Musik zu entlocken. Okay, mit ein bisschen mehr Rauschen als andernorts, aber das war egal: Die Celio hatte dieses Ergreifende, Berührende, was Musik mit sich bringen sollte. Aus gutem Grund haben wir sie übrigens mit dem Siegel „Product Of The Year“ geschmückt.

Der hier jedoch, der hat einen anderen Job. Der „Shinai“ nämlich ist ein Vollverstärker mit einer nominellen Ausgangsleistung von 30 Watt, für deren Erzeugung satte 40 Kilogramm Material verantwortlich und für die 11400 Euro zu entrichten sind.

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Und ganz eindeutig gehört auch diese Konstruktion zu der äußerst spannenden Gattung von Geräten, die sich nicht an gängige Lehrbuchmeinungen halten, die das Minimieren von Verzerrungen predigen, um ein möglichst genaues Abbild des zugeführten Signals zu liefern.

Grandinote-Chefdenker Magri hat da so seine eigene Vorstellung. Ihm geht es um musikalische Qualität, weniger um klassisch technische. Deshalb baut er seine Gerät nicht im Stil moderner Messgeräte, sondern in der Tradition alter Röhrenkonzepte – nur eben nicht mir Röhren, sondern mit Halbleitern. Magri nennt die Herangehensweise „Magnetosolid“, womit er auf das Vorhandensein von magnetischen Komponenten und „Solid State“-, also Halbleiterbauteilen hinweisen will.

Ein typisches Merkmal von Röhrenverstärkern ist die erforderliche hohe Betriebsspannung der Röhren und die geringe Stromlieferfähigkeit. Deshalb braucht’s am Ausgang ein „Getriebe“ in Form eines Ausgangsübertragers, der das Hochspannungs-Audiosignal in für Lautsprecher verträgliche Dimensionen transformiert. Das macht Magri bei seinen Verstärkern auch so. Beim Shinai manifestiert sich das in Form zweier voluminöser Ringkern- Ausgangstrafos, genau solche Kaliber wie die Netztrafos auch.

Eines dieser Doppel sitzt links unter einem schirmenden Blech, eines rechts. Der Shinai ist so konsequent doppelmonaural aufgebaut, wie es nur möglich ist. Tatsächlich sind sogar zwei Netzeingangsbuchsen vorhanden, die jeden Verstärkerzug einzeln speisen. Das Einzige, das sich beide Kanäle des Shinai teilen, ist das Bedienteil an der Front.

Auch jenes befleißigt sich einer durchaus eigenen Herangehensweise ans Thema. So gibt es zum Beispiel keinen Drehknopf für Lautstärke und Eingangswahl, sondern eine Riege von sechs Tastern. Die Rückmeldung der Dinge an den Bediener erfolgt via schön klassischer roter LED-Siebensegmentanzeigen. Wenn man den Shinai mit dem zentralen großen runden Taster einschaltet, dann zählt das Display von 100 auf 0 herunter, erst danach werden die Ausgänge freigegeben. Wobei übrigens erfreulich wenig im Lautsprecher zu hören ist, das Gerät verhält sich exemplarisch ruhig. Es stehen zwei symmetrische und zwei unsymmetrische Eingänge zur Verfügung. Die Signalverarbeitung im Gerät erfolgt symmetrisch, einer der XLR-Anschlüsse kann zu einem weiteren Cinch-Eingang umkonfiguriert werden. Der „Prg“-Taster erlaubt noch ein paar andere Sonderfunktionen, wie das Voreinstellen einer Lautstärke für jeden Eingang. Beim Umschalten zwischen den Quellen fährt der Verstärker jedes Mal den Pegel auf Null, erst dann schaltet er um und stellt den programmierten Startwert ein. Zudem lässt sich das Display so programmieren, dass es ausgeht, wenn sich gerade nichts ändert. Originell: Man kann die Fernbedienung „herausprogrammieren“.

Das fast einen halben Meter tiefe und knapp 32 Zentimeter breite Gerät arbeitet nach dem Gegentaktprinzip. Schraubt man die Blechdeckel ab, kommt eine in vier identische Sektionen aufgeteilte Elektronik zum Vorschein. Jeweils zwei davon arbeiten auf einen Ausgangstransformator. Wie schon seinerzeit bei der Phonovorstufe Celio fällt auch hier die extrem „kurze“ Schaltung auf. Auf jedem Verstärkermodul geben lediglich zwei Transistoren den Ton an, die Leistung stellt lediglich ein mit seinem eigenen Kühlkörper bestückter Halbleiter bereit. Selbstverständlich gibt’s keine Über-Alles-Gegenkopplung, die der Konstrukteur strikt ablehnt. Die Stromversorgung des Shinai ist für die Qualität des Ergebnisses von entscheidender Bedeutung. Magri ging hier so weit, jedem Halbleiter eine eigene Trafowickluung nebst Gleichrichtung und Siebung angedeihen zu lassen – so langsam wird klar, warum das Gerät trotz seiner schlichten Struktur so prall gefüllt und so schwer geworden ist.

Massimiliano Magri übertreibt nicht, wenn er seine Verstärker auch klanglich als Zusammenführung von Röhren- und Transistortugenden beschreibt. Das Erste, was beim Shinai nämlich auffällt, ist die bemerkenswärte Schwärze des Fundamentes, das er schafft. Schon bei der audiophil gänzlich unverdächtigen dänischen Rockformation „Causa Sui“ fällt das auf: Da großartige Dreifachalbum „Summer Sessions“ lebt an vielen Stellen von einem treibenden und hitzigen Schlagzeug, was hier so deutlich wird wie selten: Toms und Snare knallen und drücken fast wie live, kurz vor der Bühne. Der Shinai feiert hier ein energisches und leuchtendes Fest, er lässt und ganz tief in die Strukturen blicken und er tut eines nicht: Er färbt nicht. Sondern zeichnet auffällig dreidimensional, so dass ich zwischendurch mal gucken musste, ob ich beim Anschluss der Lautsprecher nicht irgendetwas verpolt habe. Ich habe nicht, das Gerät bildet einfach so raumfüllend ab. Ein Verdienst der strikten Kanaltrennung? Sehr wahrscheinlich. Den Schuss Wärme und Lieblichkeit sucht man vergeblich. Übliche Röhreneklischees lassen sich hier nicht unterbringen, dazu spricht der Italiener zu geradlinig und klar. Übrigens gibt er sich in Sachen Lautsprecherauswahl ziemlich unkritisch. Mit meiner Hochwirkungsgradkombi versteht er sich ebenso prächtig wie mit einem deutlich klassischeren Zweiwegerich mit Achtzoll-Tieftöner, der gleich mal sieben oder acht Dezibel leiser ist.

Ungleich audiophileres Material verarbeitet der Shinai hüben wie drüben mit Bravour. Das Studiokonzert „Contact Myself 2.0“ der gebürtigen Essenerin Katja Werker, von den Klangzauberern bei Stockfisch in ein absolut edles Soundgewand gehüllt, verabreicht der Italiener mit extremer Souveränität und Großzügigkeit. Hier ist wirklich an jeder Stelle des Raumes klare und intensive Töne – ganz erstaunlich.

Bei aller Transparenz und Stabilität übertreibt er nicht, der Shinai. Gerade am oberen Ende des Spektrums bewahrt er die feine Balance zwischen Durchhörbarkeit und zum Prinzip erhobener Analyse. Das hier nervt nicht, auch nicht nach Stunden. Auch nicht mit potenten Horntreibern. Verdammt, das Ding holt sogar Übersicht und Stabilität aus ganz unschuldigem Stonerrock, wie dem der Dortmunder Band „Daily Thompson“ und ihrem letztjährigen Longplayer „Oumuamua“. Zum Einstieg etwas unsortiert und mit reichlich Kompressoreinsatz bedacht, spätestens die schön „punkige“ weibliche Gesangsstimme jedoch punktet mit bester Verständlichkeit und Akkuratesse. Die überragend durchschlagskräfi ge Bass-/Schlagzeugkombi auf „Sad Frank“ räumt die allerletzten Zweifel beiseite: Das hier ist ein Verstärker, der ganz vorne mitspielt.

Fazit

Mit Halbleitern im Röhrenkonzept in die klangliche Topliga: Dieser ganz besondere Integrierte spielt überragend kräftig, klar und dreidimensional.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Grandinote Shinai

Preis: um 11400 Euro

5/2021
Ausstattung & technische Daten 
Preis: 11.400 Euro 
Vertrieb: KlangLoft, München 
Telefon: 089 90938835 
Internet: klangloft.de 
Garantie: 2 Jahre 
B x H x T: 318/196/473 
Gewicht (in kg): ca. 40 kg 
Unterm Strich … Mit Halbleitern im Röhrenkonzept in die klangliche Topliga: Dieser ganz besondere Integrierte spielt überragend kräftig, klar und dreidimensional. 
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Autor Holger Barske
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