Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: Rega Aethos


Der Sprinter

Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 1
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Wenn Sie diese Publikation lesen, dann kennen Sie den britischen Hersteller Rega vermutlich in erster Linie durch seine ziemlich einzigartigen Plattenspieler. So ganz langsam, aber sicher, wächst im Hintergrund dazu eine richtig highendig ambitionierte Elektroniklinie

Im letzten Heft hatte ich großen Spaß am Chassis des neuen Top-Plattenspielers von Rega, dem Planar 10. Das auf ein Minimum reduzierte Skelett des Gerätes bringt gerade mal ein paar Hundert Gramm auf die Waage und ist die Quintessenz von Roy Gandys Konstruktionsphilosophie, die er bei seinen Laufwerkskonstruktionen seit den Siebzigern verfolgt und in immer konsequenterem Maße umsetzt.

Bei der Elektronik aus dem Hause Rega indes laufen die Dinge etwas anders. Schon die wunderbare Phonovorstufe „Aura Reference MC“ ist eine 13 Kilogramm schwere Kampfansage ans internationale Elektronik-Establishment. Wer hier eine Anlehnung an die von den Plattenspielern her gewohnten mechanischen Besonderheiten sucht, tut dies weitgehend vergeblich – die große Phono ist eine Aluminium-Trutzburg vom Feinsten, wenn auch deutlich flacher und dezenter gestylt als so manch anderes Spitzenmodell der Zunft.

Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 2Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 3Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 4Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 5Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 6Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 7Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 8Vollverstärker Rega Aethos im Test, Bild 9
Planar 10, das neue Rega-MC „Apheta III“ und die Aura Reference MC entwickeln zusammen eine klangliche Schlagkraft, der man sich nur schwer entziehen kann. Stellt sich nur die Frage: Was dann? Welchen Verstärker soll man mit dem Job beauftragen, diese wunderbare Vorarbeit standesgemäß an die Lautsprecher weiterzureichen? Mittlerweile haben die Damen und Herren aus dem englischen Südosten dieAntwort geliefert, und die hört auf den Namen „Aethos“. Dabei handelt es sich um einen sehr ambitionierten Vollverstärker mit der Aura Reference durchaus verwandter Physis und amtlichen 17,5 Kilogramm Gewicht. Er kostet 4.000 Euro und rangiert damit sogar 1.000 Euro unterhalb der Phonovorstufe. Der Aethos ist zwar der neueste, aber nicht der größte Vollverstärker im Stall: Dahinter lauert noch ein ziemliches Monster namens „Osiris“, für das es 8.500 Euro zu entrichten gilt.

Der Aethos ist auf den ersten Blick genau das, was das große Rega-Front-End braucht: ein optisch passender, nicht zu dick auftragender Universalist mit reichlich Potenz, der bei der Wahl der anzuschließenden Lautsprecher nicht allzu wählerisch ist. Damit ist er zweifellos nicht so kitzelig bei der Auswahl eines passenden Ökosystems wie eine ganze Reihe klassisch britischer Vollverstärker, aber genau das will der Aethos auch gar nicht sein. Vielmehr ein modern konzipierter, überaus kräftiger Hochkaräter.

Symmetrie? Gibt‘s in diesem Fall mal gar nicht. Alle Signalanschlüsse des Aethos sind im Cinchformat ausgeführt. Namentlich sind das fünf Hochpegeleingänge (eine eingebaute Phonovorstufe gib’s verständlicherweise nicht) und eine gute alte Tapeschleife. Hinter dem „Direct“-Input verbirgt sich der Eingang der Endstufe, der sich bei Bedarf von der Vorstufe abkoppeln lässt. Auch deren Ausgang ist separat herausgeführt. Lautsprecher werden über solide Metallterminals verbunden. Bedient wird über diverse Taster an der glänzend schwarzen Acrylfront oder per mitgeliefertem Infrarotgeber, der sich eindeutig zu weit mehr berufen fühlt: Seine 49 Tasten nehmen es zweifellos auch mit einem ausgewachsenen Audio-/Video-Imperium auf.
Geräteseits geht die Bedienung deutlich spartanischer vonstatten: Ein Taster schaltet durch die Eingänge; schwach rot hinterleuchtete Ziffern quittieren den gewählten Anschluss. Hinzu gesellen sich ein Mute-Taster, einer für den Tape-Anschluss und eine Kopfhörerbuchse. Die Lautstärke wird klassisch per Poti auf der rechten Seite eingestellt, doch halt: So ganz normal, wie es den Anschein hat, funktioniert die Sache im Detail nicht, womit wir bei den technischen Kabinettstückchen des Aethos angekommen wären. Zwar steckt hinter dem Drehknopf in der Tat ein klassisches blaues Alps-Poti (natürlich mit Motorantrieb, wegen der Fernbedienbarkeit), aber das tut mehr, als einfach nur ankommende Signale abzuschwächen. Zusätzlich nämlich wird darüber die Verstärkung der Eingangsstufe beeinflusst, was einen nicht zu leugnenden Vorteil hat: Bei kleinen Pegeln wird dadurch nicht nur das Signal abgeschwächt, sondern auch das vom Verstärker selbst generierte Rauschen. Nach dem Entfernen des – in diesem Falle mal – Bodenblechs kommt ein extrem dicht gedrängter Aufbau zum Vorschein. Was auch, aber nicht nur am reichlich potenten Netzteil liegt, bei dem der dickste Ringkerntrafo eine zentrale Rolle spielt, der gerade noch unterzubringen war. Das ist schon okay so: Der Aethos lieferte im Labor satte 200 Watt Dauerleistung an vier Ohm; das ist erstens eine Menge und zweitens fast doppelt so viel wie die 120 Watt an acht Ohm. Die fast exakte Verdopplung spricht für eine überaus stabile Auslegung des Gerätes. Besonders stolz ist der Hersteller auf seine Eingangs- und Treiberstufe: Sie ist schön breitbandig und strompotent ausgelegt und besteht ausschließlich aus diskret aufgebauten Schaltungen. Das ist in der heutigen Zeit tatsächlich etwas Besonderes, weil passende Bauteile nicht mehr an jeder Ecke zu bekommen sind. Rega lässt es sich aber nicht nehmen, teure Doppel-J-Fets einzusetzen, die es nur noch bei einem kleinen Spezialhersteller für viel Geld gibt. Für die Erzeugung der Ausgangsleistung sind pro Kanal zwei Paar Endtransistoren vom Spezialisten Sanken zuständig. Dabei kommen sogenannte Darlington-Typen zum Einsatz, bei denen gleich zwei Transistoren zu einem Typen mit deutlich höherer Verstärkung auf dem Chip verschaltet sind. Hier sind nicht nur zwei dieser Spezialisten parallel verschaltet, sondern auch gleich die ganze Treiberstufe: Rega hat jene nämlich schlicht doppelt konzipiert, um in Sachen Stromlieferfähigkeit jederzeit auf der sicheren Seite zu sein. Zudem lässt sich so im Treiberbereich Class-ABetrieb mit relativ niedrigen Ruheströmen realisieren, was der thermischen Stabilität der Schaltung zugutekommt. Ein ziemlich ungewöhnlicher und aufwendiger Ansatz, aber definitiv ein interessanter.

Und wie äußert sich das ganze in der Praxis? Zunächst mit tatsächlich erstaunlicher Ruhe. Verbindet man den Aethos mit der Phonovorstufe Aura Reference MC und jene mit dem Apheta III, ertönt aus den Lautsprechern zunächst erst einmal – gar nichts. Tatsächlich muss man den Pegelsteller in Regionen deutlich jenseits von zwölf Uhr bewegen, um erste Anzeichen von Rauschen zu vernehmen – und im Moment sind Lautsprecher mit satten 95 Dezibel Wirkungsgrad angeschlossen. So ganz nebenbei: Bei diesem Setup brummt absolut gar nichts, obwohl es keinerlei Erdungsverbindung zwischen Plattenspieler und Phonovorstufe gibt. Erstaunlich und erfreulich.

Die Rega-Kombi legt eine Inbrunst in die Wiedergabe, dass es nur so kracht. Bestens nachzuvollziehen zum Beispiel an Leonard Cohens ausgezeichnetem Posthum-Album „Thank You for the Dance“. Bereits beim Opener „Happens to the Heart“ fällt die extreme Separation zwischen der immer noch kräftigen Stimme des Altmeisters und der sparsamen Instrumentierung auf. Der alte Mann ist Chef im Ring und will‘s noch mal wissen, das steht völlig außer Zweifel. Extrem berührend, diese Art der Wiedergabe. Sehr schön auch, wie präzise die Regas sogar die Streicherbegleitung nachzeichnen. Mit dem Lautsprecher war‘s einfach – klemmen wir den Briten mal an die nicht ganz so einfach auf Trab zu bringende Audio Physic Avantera III. Au weia – was ist denn hier los? Rabih Abou-Khalil und Mannschaft treten die Sauerländerin mit ihren vier Tieftönern gepflegt dahin, wo es Spaß macht: Die Percussion scheppert und klingelt, alles ist in Bewegung, alles hat Spaß. Der Aethos hat die Angelegenheit allerbestens im Griff, er ist ein extrem lebendiger und frischer Typ, seine ohne Zweifel vorhandene Potenz stellt er aber nicht ungefragt zur Schau. Wenn er gefragt wird, dann packt er zu. Stimmen kommen energisch, aber flüssig, die Räume sind tief, das Geschehen bestens sortiert, ich erkenne ganz viele von den Tugenden wieder, die Rega zu einem so großen Namen im HiFi-Metier gemacht haben. Große Klasse!


Messtechnik-Kommentar


In Sachen Leistung ist der Rega kein Kind von Traurigkeit – wir maßen 120 Watt an acht und satte 200 Watt an vier Ohm. Er verzerrt erfreulich wenig, bei 5 Watt an acht Ohm stehen lediglich 0,016 Prozent Klirr zu Buche. Die vom Hersteller angegebene Bandbreite toppt er locker, der Übertragungsbereich endet erst jenseits von 200 Kilohertz. Der Fremdspannungsabstand bei 5 Watt an acht Ohm beträgt sehr gute 84 Dezibel(A), die Kanaltrennung unter gleichen Bedingungen 80 Dezibel. In Sachen Stromverbrauch bewegen sich die Dinge im Rahmen, im Leerlauf verbraucht der Rega 52 Watt, bei Vollaussteuerung können‘s auch schon mal gut 800 sein.

Fazit

Regas brandneuer Vollverstärker ist ein ganz heißes Eisen und wird noch nicht mal besonders warm dabei: Er klingt überaus quirlig und lebendig, zeichnet geschmeidig und fließend, ist rhythmisch immer auf der Höhe des Geschehens. Ein extrem spurtstarker Alleskönner!

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Rega Aethos

Preis: um 4000 Euro

3/2020
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Ausstattung & technische Daten 
Preis: ca. 4.000 Euro 
Vertrieb: TAD Audiovertrieb, Aschau 
Telefon: 08052 9573273 
Internet: tad-audiovertrieb.de 
Garantie: 2 Jahre 
B x H x T: 422/95/360 
Gewicht (in kg): 17,5 kg 
Unterm Strich … Regas brandneuer Vollverstärker ist ein ganz heißes Eisen und wird noch nicht mal besonders warm dabei: Er klingt überaus quirlig und lebendig, zeichnet geschmeidig und fließend, ist rhythmisch immer auf der Höhe des Geschehens. Ein extrem spurtstarker Alleskönner! 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 08.03.2020, 10:02 Uhr
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Topthema: Feurig
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High-End-Standbox mit ESS AMT

Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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