Kategorie: Plattenspieler

Einzeltest: Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2


Der Traum vom Fliegen

Plattenspieler Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2 im Test, Bild 1
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Alle paar Jahre taucht am Markt ein Produkt auf, für dessen Erfolg ich meine Hand ins Feuer lege. Zum letzten Mal habe ich das vor ein paar Jahren bei einem Plattenspielerhersteller aus dem Ruhrgebiet getan und hatte recht. Jetzt bin ich mir ein weiteres Mal sicher

Mitspieler



Tonabnehmer:


Benz LP-S
MFSL C3.5
Grado Statement


Phonoverstärker:


Burmester 100
MalValve preamp three phono


Vollverstärker:


Quad II Classic Integrated


Vorverstärker:


MalValve preamp four line


Endverstärker:


SymAsym


Lautsprecher:


Progressive Audio Diablo
Audio Physic Scorpio 25


Zubehör:


Netzversorgung von PS Audio
NF-Kabel von Transparent
Phonokabel von Straight Wire
Lautsprecherkabel von Transparent


Gegenspieler



Plattenspieler:


47 Lab Koma / Tsurube
Transrotor Fat Bob / SME 3500
Clearaudio Master Reference / Universal


Man merkt es nach maximal zwei Sätzen: Entweder man hat einen Getriebenen vor sich, einen Profi oder einen, der einfach nur mal ausprobieren will, ob ihm das Metier schmeckt. Werner Röschlau vereinigt die ersten beiden Attribute auf sich wie kaum ein zweiter Konstrukteur, den ich in der HiFi-Branche das Vergnügen hatte kennenzulernen.

Plattenspieler Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2 im Test, Bild 2Plattenspieler Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2 im Test, Bild 3Plattenspieler Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2 im Test, Bild 4Plattenspieler Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2 im Test, Bild 5Plattenspieler Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2 im Test, Bild 6Plattenspieler Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2 im Test, Bild 7
Werner Röschlau ist, wenn ich das mal so salopp formulieren darf, der ultimative Mechanik-Nerd. Von Hause aus eigentlich Flugkapitän bei der Lufthansa, blickt er auf 30 Jahre Erfahrung in der Luftfahrttechnik zurück– ach nein, er nennt es „Avionik“. Er hat Cockpits für Flugzeuge gebaut, Analysemaschinen und hochwertige Leuchten, und seit Langem auch Teile für hochwertige Audiotechnik. Zunächst nur im Auftrag für andere Hersteller – das hat ihm einen Präzisionsmaschinenpark beschert, der in dieser Form in der Audioindustrie kein zweites Mal zu finden sein dürfte. Mittlerweile baut die Röschlau & Lorenzi GmbH Plattenspieler und Tonarme unter eigenem Namen, und das mit allerhöchsten Ansprüchen. Mit Herrn Lorenzi gibt’s einen zweiten Geschäftsführer, der sich als Betriebswirt um die geschäftlichen Belange kümmert, hinzu gesellen sich derzeit vier zusätzliche hoch spezialisierte Fachkräfte. Und das, was diese Mannschaft mit ihrer immensen Erfahrung, profundem Wissen um Mechanik und Elektronik und gnadenlosem Perfektionsdrang produziert, das steht jetzt vor uns: Wir bestaunen das Laufwerk „Viella MK II“ (11.370 Euro) und den Tonarm „12J2“ (3.700 Euro) zum Komplettpreis von rund 14.120 Euro. Gewiss, viel Geld, aber wenn man sich vor Augen führt, was hier für ein Aufwand getrieben wird, fragt man sich eher, warum’s nicht mindestens das Doppelte kostet.

Der „Viella MK II“ – die Urversion war 2010 auf der High End in München zu bestaunen - ist ein bis zur Selbstverleugnung schlichter Plattenspieler, dessen perfektionistischer Anspruch allerdings aus jeder Ecke leuchtet. Wobei er so viele Ecken gar nicht hat – die Form des Chassis ist ein Oval. Jene Grundplatte besteht aus 25 Millimeter starkem Flugzeugaluminium und ist noch das Normalste an dem Plattenspieler – wenngleich sich die Formensprache schon erfreulich von allem, was der Markt so hergibt, abhebt. Auf dem Chassis sitzt das erste Mechanikwunder in Gestalt des Tellerlagers. Der geschlossene Zylinder trägt an seiner Oberseite einen gestuften Subteller aus Edelstahl, der als Auflage für den eigentlichen Teller dient. Die 16 Millimeter starke Achse endet an der Oberseite des Subtellers, die Zentrierung der Schallplatte besorgt ein Achsstummel im Teller, eine Entkopplung vom Lager ist also gewährleistet. Mittig in diesem Edelstahl gibt’s ein Gewinde, das man zur Befestigung der Plattenklemme braucht. Das Lager selbst ist eine weitgehend gekapselte Angelegenheit. Die Achse läuft in zwei hydrodynamisch geschmierten Gleitlagern, hat also im Betrieb keinerlei mechanischen Kontakt zu den Lagerflächen – lediglich der Ölfilm bildet den Kontakt zwischen beiden Partnern.

Die Lagerflächen durften deshalb auch aus einem besonderen Material bestehen, in diesem Fall kommt Aluminium mit einer speziell verdichteten Oberfläche zum Einsatz. Das Lagerspiel beträgt übrigens nur 21 Mikrometer, was extrem wenig für ein Lager dieser Bauart ist. Die vertikalen Kräfte nimmt ein klassisches Feststofflager auf. Dazu ist die Achse unten ballig geschliffen und läuft gegen einen Teflonspiegel. Das hält ein Leben lang, auch wenn die Last aus einem ziemlich mächtigen Teller besteht: Das weitgehend massive Teil besteht abermals aus einer speziellen Aluminiumlegierung, den Kontakt zur Platte stellt eine fest montierte Kunststoffscheibe her. An der Tellerunterseite gibt’s eine Ausdrehung. Innen ist ein großer Ring angeschraubt, auf einer Nut an dessen Außenseite läuft der Antriebsriemen. Da das Motorpulley unter dem Teller sitzt und vom Außenrand des Tellers verdeckt wird, ist der komplette Antrieb unsichtbar. Dieser Umstand ist für die angenehm reduzierte Optik des Viella MK II in großem Maße mit verantwortlich. Was uns zum Antrieb dieser Wuchtbrumme von Teller bringt.

Der Motor ist ein elektronisch kommutierter Gleichstrommotor, der – nein, nicht von einem der einschlägig bekannten Spezialisten zugekauft, sondern komplett in Eigenregie gefertigt wird. Die Ansprüche bei Röschlau & Lorenzi sind halt extrem und lassen sich mit Zukaufteilen einfach nicht realisieren. Dieser Motor wurde eigens für den Betrieb in vertikaler Richtung konzipiert, und deshalb darf sich die vier Millimeter durchmessende Achse auch über eine verkleinerte Version des Tellerlagers freuen. Auch hier gibt’s hydrodynamische Lager für die radiale und ein Feststofflager für die axiale Richtung. Ein solcher Motor muss geregelt werden, und das erfolgt hier höchst zeitgemäß mit einem Mikrocontroller, der seinen Arbeitstakt von einem präzisen Quarzoszillator bezieht, die Stromversorgung des Antriebs steckt in einem separaten Kästchen. Die Bedienung erfolgt am Plattenspieler selbst, die Taster zur Drehzahlwahl sind keine, sondern kapazitive Näherungsschalter – sehr lecker. Die Verbindung zwischen dem Edelstahlpulley des Motors und der Riemenscheibe des Tellers besorgt ein präzisionsgeschliffener Rundriemen, und dessen Montage ist bei der Anordnung des Antriebs gar nicht trivial. Der Hersteller liefert deshalb eine Montagehilfe mit. Sie besteht aus einer Platte, aus der am Rand zwei Stifte herausragen und zwei Holzklötzen, die bei der Montage provisorisch unter den Teller gelegt werden.

Mit dieser Vorrichtung ist die Montage des Riemens ein Kinderspiel. Der Plattenspieler ruht auf drei Säulen, aus denen unten höhenverstellbare Stahl-/Kupfer-Spikes herausragen. Die Verstellung ist natürlich höchst komfortabel von oben zu bewerkstelligen; alleine die Verschlusskappen der Spike-Gewinde sind mechanische Meisterleistungen und werden per Feingewinde an Ort und Stelle gehalten. Nimmt man sie heraus, kann per Inbusschlüssel die Höhe der Spikes verstellen. Selbstverständlich ist ins Chassis eine präzise Dosenlibelle zur Ausrichtung integriert. Der Tonarm residiert auf einer zylindrischen Basis. Es lassen sich alle möglichen Arme montieren und leicht austauschen, dazu muss man lediglich zwei Schrauben lösen. Arme von neun bis zwölf Zoll passen sowieso, Basen für noch größere Kaliber sind auch kein Problem. In aller Regel stockt der Arm in einer exzentrisch angebrachten Bohrung der Armbasis. Die Einstellung des korrekten Abstandes zur Tellermitte ist kein Problem, weil die Basis über einen trickreichen Klemmmechanismus gehalten wird und drehbar ist. Für die hauseigenen Arme gibt’s Markierungen für die korrekte Position an der Seite der Basis und auf dem Chassis. Unser Testgerät ist mit einem hauseigenen Arm vom Typ „12J2“ ausgestattet, und auch der ist wiederum etwas Besonderes. Im Prinzip handelt es sich um einen kardanisch gelagerten, zwölf Zoll langen Arm, die horizontale Achse jedoch wird von einer komplett neuartigen Lagerung geführt. Hier kommen nämlich zwei senkrecht angeordnete Stäbe aus Federstahl zum Einsatz. Wird der Arm in der Vertikalen ausgelenkt, verbiegen sich diese Stifte, halten den Arm im Lagerpunkt aber unverrückbar an Ort und Stelle. Klasse Idee, komplett spielfrei und mit einer höchst effektiven Kopplung des Arms ans Lager. Die Stäbe sind übrigens nur 0,5 Millimeter dick, nennenswerte Kräfte braucht es zu deren Verbiegung nicht. Sorgen, dass sie den Arm gewissermaßen „vorspannen“ braucht man sich also keine zu machen. Die Vertikalachse wird von zwei Wälzlagern geführt. Auf dem abermals präzisionsgeschliffenen Armschaft läuft ein praktisch spielfreies Nadellager, das die Hauptarbeit übernimmt. Ein zusätzliches Kugellager dient eigentlich nur dazu sicherzustellen, dass man den Arm nicht versehentlich auseinandernimmt.

Der 12J2 verfügt über eine magnetische Antiskatingvorrichtung; deren Einstellung erfolgt über das Lösen zweier kleiner Schrauben am Armschaft und Verschieben der Magnete dahinter. Für die Kontrolle des vertikalen Abtastwinkels wurde in den oberen Deckel des Lagergehäuses abermals eine Wasserwaage eingebaut. Eine Höhenverstellung gibt’s selbstverständlich auch; nach Lösen einer Klemmschraube kann man den Arm per Stellschraube in der Höhe verfahren. Die Liste der Features ist damit noch nicht am Ende und könnte problemlos noch ein paar Seiten mehr füllen. Fest steht, dass wir es hier mit einem höchst innovativen Produkt zu tun haben, bei dem wirklich nichts dem Zufall überlassen wurde und das mit einer Fertigungsqualität glänzt, die sonst keine Handvoll Mitbewerber auf der Welt hinbekommt. Wo derlei Sorgfalt bei Konstruktion und Ausführung im Spiel ist, sollte Klangqualität nicht das große Problem sein – und das ist auch so. Unter dem Headshell des 12J2 durfte das fantastische Grado Statement Platz nehmen und war dort exzellent aufgehoben. Die Kombi punktet sofort mit ungeheurer Stabilität und zeichnet jedwede Form von Geräusch mit einer so messerscharfen Lokalisierbarkeit, wie ich es selten erlebt habe. Zudem haben wir einen der leisesten Plattenspieler überhaupt vor uns; was hier an Mikrodetails aus der Rille gefördert wird, ist absolut erstaunlich. Eigentlich punktet das große Grado mit seiner Augewogenheit, hier allerdings wirkt es wegen des äußerst geringen Störpegels spektakulär dynamisch, und das im Kleinen wie im Großen. Schlagzeugfelle bekommen Mengen von Kontur und Farbe und klingen extrem realistisch; Gesangsstimmen tönen mal sanft, mal kehlig, mal brutal – ganz, wie es die Aufnahme vorgibt. Tonale Eigenheiten des Röschlau & Lorenzi-Paketes habe ich beim besten Willen nicht ausmachen können, diese fantastische Maschine hält sich aus solchen profanen Fragen komplett heraus. Alles andere allerdings gerät auffällig richtig und macht dieses Angebot trotz des absolut betrachtet knackigen Preises zu einem der besten Angebote, das man derzeit für Geld und gute Worte erstehen kann. Für Präzisionsfanatiker führt hier eh kein Weg vorbei.

Fazit

Röschlau & Lorenzi liefern das wohl spektakulärste Debüt der letzten Jahre ab. Die Kombi aus Laufwerk und Arm ist absolut perfekt konzipiert und gefertigt und klingt extrem detailliert, ausgewogen und unverfärbt

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: Röschlau & Lorenzi Viella MK II / 12J2

Preis: um 14120 Euro

8/2011
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Ausstattung & technische Daten 
Garantie 2 Jahre 
Vertrieb Röschlau & Lorenzi , Nürnberg 
Telefon 09441 176103 
Internet www.roeschlau-lorenzi.de 
unterm Strich... » Röschlau & Lorenzi liefern das wohl spektakulärste Debüt der letzten Jahre ab. Die Kombi aus Laufwerk und Arm ist absolut perfekt konzipiert und gefertigt und klingt extrem detailliert, ausgewogen und unverfärbt 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 11.08.2011, 13:40 Uhr
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Topthema: Feurig
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High-End-Standbox mit ESS AMT

Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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