Kategorie: Tonabnehmer

Einzeltest: London Reference Mono/Stereo


Doppel-Decca

Tonabnehmer London Reference Mono/Stereo im Test, Bild 1
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Darf ich ja nicht schreiben, ist ja nicht mehr da, der Name. Aber verdammt gute Tonabnehmer werden immer noch gebaut, da, bei den schrulligen Engländern, die immer schon alles anders machen mussten

Es geht hier natürlich um DEN Tonabnehmer, der jahrzehntelang als einziger auf einem völlig anderen mechanischen Prinzip basierte als alle Systeme, mit denen wir sonst arbeiten. Das kann man schon auf den ersten Blick an der Bauform erkennen und erst recht, wenn man sich die Unterseite ansieht. Ungefähr in der Position, wo bei einem normalen System der Nadelträger verläuft, gibt es hier ein Stück Schnur. Der Nadelträger hingegen ragt aus dem Inneren des Systems fast senkrecht nach unten, wo er unter einer Schlaufe der eben erwähnten Schnur in der Nadel mündet. Nicht sehen kann man den Knick im Nadelträger, der im Inneren des Tonabnehmers nach hinten führt, wo er im selben Lagerblock befestigt ist wie die Spannschnur.

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Nur eine ganz dünne elastische Auflage dämpft die Bewegung etwas. Um den Nadelträger herum verlaufen die Windungen der Spule, die die Signale der lateralen Bewegung der Nadel aufnimmt, also die Seitenschrift der Rille. Links und rechts neben der Spule erzeugen zwei Magnete das benötigte Feld. Historisch ist dieser Aufbau bedingt durch den Start Deccas als Tonabnehmerhersteller in einer Zeit, als natürlich noch alles mono war. Wie es aussieht, hat man zur Zeit des Aufkommens der Stereoplatten das Monosystem belassen und einfach ein Magnetsystem für die Abtastung der vertikalen Signale der Mikrorille angeflanscht. Dieses besteht aus zwei Spulen oberhalb des Lateralsystems, die mit langen Polkernen die Bewegung des Nadelträgers aufnehmen und entsprechend in elektrisches Signal umwandeln. Diese beiden in ihrer Geometrie so unterschiedlichen Magnetsysteme sind fein aufeinander abgestimmt, so dass unterm Strich eine perfekte Stereoabtastung erfolgt. Der Begriff „Positive Scanning“ hat sich bei Decca etabliert, um sich von den handelsüblichen Abtastern zu unterscheiden, denen man vorwarf, durch den bedämpften Nadelträger und die „Übersetzung“, die sich durch die Distanz zwischen Nadel und Spulensystem ergibt, immer etwas verwaschen und undynamisch zu klingen. „Decca“ steht übrigens schon lange nicht mehr auf den neu produzierten Tonabnehmern, die inzwischen unter dem Label „London“ von John Wright produziert werden, einem alten Mitarbeiter der legendären Firma. Dabei sind unsere beiden London-Reference-Systeme definitiv neue Produkte, mit einem Metallkorpus, der die Form der alten Deccas aufgreift, in Sachen Stabilität aber eine ganz andere Hausnummer ist. Wir wollten hier aber auch einmal heraushören, ob uns ein echtes Monosystem gegenüber einem ansonsten fast baugleichen Stereo-Abtaster voranbringt in Sachen Mono-Hören. Aber zunächst soll die Bühne dem Stereoabtaster gehören. Viele Stimmen kolportieren, dass die London-Systeme wahre Mimosen sind, was Abtastung, Justage und Auswahl des gespielten Materials angeht. Ich gebe zu, dass es sich definitiv rentiert, Mühe und Zeit in die korrekte Justage zu investieren, aber dann hatte ich in Sachen Tonträger wenige Probleme. Ja: Sauber und plan sollten die Platten sein, aber das halte ich ohnehin für obligatorisch. Was hingegen stimmt: Das London mag gedämpfte Arme, weil es selbst recht hart aufgehängt ist. Die Empfehlung, ein solches System auf einen Well-Tempered-Arm zu schrauben, ist die richtige. Auch der SME V mit Silikonwanne und Dämpfungspaddel hat sehr gut funktioniert. In Sachen Klang ging es dann von „ja, okay“ bis atemberaubend – es gibt wirklich Musik, die für das Decca gemacht zu sein scheint und wiederum andere, bei der es eben so funktioniert oder sogar manchmal eine leichte Neigung zur Schärfe hat. Wenn es aber passt, dann versteht man das mit dem „positive Scanning“ sofort: Das ist Musik aus der Tiefe des Raums direkt ins Gesicht. Interessanterweise klangen mit dem London auch alte Aufnahmen, die ich immer als etwas muffig und definitiv „alt“ empfunden habe, deutlich frischer und mit mehr Leben als mit anderen Abtastern. Da ist nun der Schritt zum Monosystem nicht mehr weit. Ich hatte mir ein kleines Sortiment an Schallplatten zusammengestellt, die sowohl in Mono- als auch Stereopressungen vorliegen. Mein Dank geht dabei ausdrücklich an Hermann Hoffmann von Audio Int’l, der mir im Bereich Pop und Jazz ausgeholfen hat, während ich selbst in Klassik besser bestückt bin. Man muss sich im Klaren darüber sein, dass Mono nicht Mono ist. Schon bei der Entstehung eines Albums wird festgelegt, was später noch möglich ist. Beispiel: Eine Klassikaufnahme, die mit einem Paar Mikrofone aufgenommen als Stereomaster vorliegt, kann in Mono und in Stereo veröffentlicht werden. Liegt das Master nur als Monoband vor, dann ist eine nachfolgende Stereoveröffentlichung nur Pseudostereo und meist mit fürchterlichen Phasenschweinereien künstlich verbreitert. Hört man. Anders hingegen sieht es bei Pop-Produktionen aus, wo es von einer originalen Monoausgabe vielleicht nicht nur das Master, sondern noch die Mehrspurbänder gibt. Hier kann man natürlich neu mixen und die Instrumente in der Stereobasis verteilen. Auch das birgt Probleme: Es genügt eben nicht, die einzelnen Stimmen einfach breiter aufzustellen, der ausführende Tontechniker sollte auch ein Händchen dafür haben, dass der Gesamtsound der Originalpressung durch den Stereomix nicht kaputt geht und dass die neue Verteilung auch nicht künstlich wirkt. Ein wirklich umfangreiches Thema, das wir an anderer Stelle einmal genauer unter die Lupe nehmen. Und dann geht es zuhause natürlich auch darum, wie man Mono hört. Ich für mich habe mich entschieden, mit zwei Lautsprechern zu hören. Dem kommt das London Reference Mono entgegen, indem einfach auch hier vier Anschlusspins vorhanden sind, die paarweise das selbe Signal bekommen. Mit gut gemachten Stereoausgaben eines Albums hat das Stereo-London in Sachen Räumlichkeit die Nase vorne, klar. Anders hingegen geht die Geschichte aus, wenn man die Mono-Ausgabe heranzieht. Auch hier schlägt sich das Stereosystem nicht schlecht, aber mit dem Mono-Abtaster kommt man auf ein ganz anderes Niveau. Vermutlich liegt es daran, dass die in der Rille nicht vorhandenen Informationen einfach nicht abgetastet werden können, während ein Stereosystem ja hier noch Artefakte und parasitäre Bewegungen nach wie vor überträgt. Auf jeden Fall hat man mit dem Monosystem das bessere Mono: Zwischen den Lautsprechern steht das Signal unverrückbar fest, hat aber durch die Verwendung von eben zwei Boxen eine gewisse Grundbreite. Frappierend ist, welche immense Raumtiefe das London Reference ausloten kann. Klar, das sind vor allem Hallanteile, die bei einer guten Aufnahme authentisch mit übertragen werden, aber was dieses System daraus macht, ist sensationell. Und den beim Stereosystem schon gerühmten dynamischen Antritt und Punch hat das Mono noch einmal besser drauf – wenn man so in der Frühzeit der Schallplatte schon Musik gehört hat, dann verstehe ich jetzt besser, wie sich dieses Medium so schnell durchsetzen konnte! Klar, wenn man nur ab und zu mal eine Monoplatte hört, dann sind mehrere Tausend Euro eine übertriebene Investition. Betreibt man das Monohören aber ernsthaft, dann führt kein Weg am London Reference vorbei.

Fazit

Die London-Reference-Systeme sind in beiden Versionen absolute Spitzentonabnehmer. Vielleicht etwas kritischer im Handling, aber dann derartig auf dem Punkt, dass man wirklich süchtig nach dem Sound wird. Und das Monosystem ist ohnehin eine einsame Klasse für sich.

Kategorie: Tonabnehmer

Produkt: London Reference Mono/Stereo

Preis: um 5000 Euro

12/2017
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Audio Int’l, Frankfurt 
Telefon 069 503570 
Internet www.audio-intl.com 
Email info@audio-intl.com 
Gewicht (in g) 6.5 
Ausgangsspannung 5 mV (1 kHz, 5 cm/sek) 
Empfohlene Auflagekraft 20 mN (15 - 20 mN) 
Abschlussimpedanz (in Ohm) 47 KOhm 
Garantie 2 Jahre 
Unterm Strich... Die London-Reference-Systeme sind in beiden Versionen absolute Spitzentonabnehmer. Vielleicht etwas kritischer im Handling, aber dann derartig auf dem Punkt, dass man wirklich süchtig nach dem Sound wird. Und das Monosystem ist ohnehin eine einsame Klasse für sich. 
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Datum 19.12.2017, 15:03 Uhr
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Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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