Kategorie: Tonarme

Einzeltest: Scheu Tacco Mk II


Volle Transparenz

Tonarme Scheu Tacco Mk II im Test, Bild 1
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Es gibt natürlich viele verschiedene Gründe, sich für einen Einpunkttonarm zu entscheiden, als Hersteller wie als Hörer – die Auswahl auf dem heutigen Tonarm- Markt ist ja auch recht groß. Hat man jedoch das Bedürfnis, der üblicherweise verborgenen Lagereinheit des Tonarms bei der Arbeit zusehen zu wollen, dann führt kein Weg am neuen Scheu Tacco vorbei

Bei der Weiterentwicklung von Ulla Scheus Top-Tonarm hat man besonderes Augenmerk auf die Verwendung bester und vor allem richtiger Werkstoffe gelegt, die für ihre Einsatzorte die jeweils besten Materialeigenschaften aufweisen. Mit einem Preis von 2.300 Euro liegt er leicht über dem Vorgängermodell, ist aber – wie ich finde – optisch noch einmal deutlich ausgewogener und hübscher geworden. Dreh- und Angelpunkt des Tacco MK II ist wie beim Vorgänger eine Rubinkugel auf einem Stahlstift, die aus der Montagebasis emporragt – Gegenpart ist eine Saphir- Lagerpfanne, die wie ein Sichtfenster an der Oberseite des Arms in den schweren Lagerblock am Ende des Armschafts eingelassen ist.

Tonarme Scheu Tacco Mk II im Test, Bild 2Tonarme Scheu Tacco Mk II im Test, Bild 3Tonarme Scheu Tacco Mk II im Test, Bild 4Tonarme Scheu Tacco Mk II im Test, Bild 5Tonarme Scheu Tacco Mk II im Test, Bild 6
Diese Materialien im Lager dürfte in den nächsten Jahrhunderten stabile Eigenschaften in Bezug auf Härte und geringste Reibung aufweisen, noch lange, nachdem das Holz des Schafts verwittert und die Metallteile korrodiert sind, wobei das mit der Korrosion nicht ganz so einfach sein dürfte, da der erwähnte Lagerblock und die Gegengewichte komplett aus Wolfram gefertigt sind, um möglichst viel Masse nah um den Lagerpunkt herum zu versammeln.

Das „Armrohr“ besteht wie beim alten Tacco aus Holz – die beiden Standardvarianten werden aus Thuja und Amboina gefertigt. Unser getestetes Modell ist eine Sonderanfertigung aus Cocobolo, die auf Kundenanfrage verwendet wird. Je nach verwendeter Holzart liegt die effektive Masse des Tacco II bei vierzehn bis sechzehn Gramm – damit liegt er schon auf der schweren Seite von „mittelschwer“; für ganz weich aufgehängte Tonabnehmer wird’s in Bezug auf Trittschallempfindlichkeit schon kritisch. Der Tacco wird montiert wie andere Tonarme auch: Der Schaft wird durch ein vorgebohrtes Loch gesteckt und mit einer soliden Kontermutter gesichert. Die Montage ist sogar sehr einfach und sorgenfrei, da der untere Teil des Arms erst einmal alleine eingebaut werden kann. Die Höhenverstellung erfolgt durch Verschieben der kompletten Basiseinheit samt Lift und Lager. Die Auflagekraft wird über die beiden Wolfram-Gegengewichte eingestellt, – eine genaue Überprüfung geht nur mittels Tonarmwaage. Eines der Gewichte ist rund und mittig gebohrt, das andere elliptisch mit einem außermittigen Loch zur Einstellung der lateralen Balance und des Azimuths. Ist dies einmal zufriedenstellend erledigt, dann kann kann man das Thema getrost vergessen: Der Scheu-Tonarm lässt sich genauso gut bedienen wie ein kardanisch gelagerter Arm und zieht genauso stoisch seine Bahnen durch die Plattenrille. Der bedämpfte Tonarmlift besitzt eine Liftbank mit Moosgummiauflage – optimal gegen Verrutschen beim Absenken und Anheben des Systems. Eine Arretierung ist nicht vorhanden, der Tacco liegt in Ruhepausen einfach auf der Liftbank – in Haushalten mit Tieren und ganz kleinen Kindern sollte also ernsthaft über eine nicht zugängliche Installation des Plattenspielers nachgedacht werden.

Neben der Liftbank ist in der Acrylbasis des Arms noch eine Antiskating- Einrichtung montiert: Ein in Höhe und Länge verstellbarer Ausleger lenkt den Faden, der an seinem Gegenpart am Arm befestigt wird um durch eine Ausfräsung in der Basis, in der das Antiskatinggewicht hängt. Eine der ausgereifteren Lösungen in Sachen Antiskatingkorrektur, da sich die Aufhängung und Umlenkung des Fadens immer gegenüber befinden und keine spitzen Umlenkwinkel entstehen können. Die Verkabelung tritt kurz vor dem Lagerdrehpunkt aus dem Armschaft aus und mündet in einen Acrylwinkel, der fest mit der Armbasis verschraubt wird. Die Käbelchen sind dünn genug, um keinen nennenswerten Einfluss auf Bewegung und Stellung des Arms zu haben, wirken aber stabil genug, um nicht gleich bei der ersten Andeutung einer ausgeübten Zugkraft zu reißen. Das Tonarmkabel selbst ist solide und besitzt hochwertige Cinch-Stecker von Neutrik. Am anderen Ende der Leitungen sitzen ebenfalls hochwertige Tonabnehmersteckerchen, die den einen oder anderen Systemwechsel problemlos verkraften dürften. Komfortabel ist die Justage des Systems im Headshell, das im Wesentlichen aus einer kreisrunden Montageplatte für den Tonabnehmer besteht, die in einem Langloch ausreichend vor- und zurückgeschoben werden kann, um auch für den abenteuerlichsten Tonabnehmer den Überhang einzustellen, während die korrekte Kröpfung durch einfaches Verdrehen des Systems samt Platte erzielt wird. Eine Rändelmutter fixiert die korrekte Einstellung (in einigen unserer Bilder sehen Sie noch die ursprünglich montierte Sechskantmutter unseres Vorserienmodells).

Im Spielbetrieb zeichnet sich der Einpunkter durch eine große Ruhe und Souveränität einerseits aus, die aber einhergeht mit einer sehr großen Bereitwilligkeit, auch schnellen Impulsen zu folgen. Schon mit dem altehrwürdigen Denon DL103 und noch besser mit dem DL103R sorgt der Tacco MK II für einen runden Gesamteindruck mit angenehm rollenden Bässen, einer über den gesamten Bereich ausgewogenen Klangfarbendarstellung und genügend Feinauflösung in den Höhen – hier ist aber auf jeden Fall noch Luft nach oben. Mit dem Benz Micro L2 Wood geht der Scheu Holzarm eine organische Verbindung ein. Die gegenüber den Denons deutlich gesteigerte Feinauflösung und -dynamik machen die – zugegebenermaßen nicht ganz billige – Kombination zu einem absoluten Dream-Team, wenn sich auch die Farbtöne der verwendeten Holzsorten nicht ganz vertragen. Im Vergleich zu anderen Tonarmen aus unserem Redaktionsbestand kann man dem Scheu-Tonarm meines Erachtens zwei konstruktive Eigenschaften anhören. Die Tatsache, auf einem unbedämpften Einpunkt-Tonarm montiert zu sein, lässt das ohnehin schon kraftstrotzende L2 Wood zu voller Form auflaufen und produziert eine energiegeladene und hoch dynamische Wiedergabe. Dass das Ganze dann nicht ins Nervöse und Hibbelige umkippt, dafür sorgt neben der cleveren Masseverteilung um den Drehpunkt ganz sicher der Holzschaft, der hervorragende Dämpfungseigenschaften aufweist – hierbei denke ich an diverse klassische Einpunkter, die mit ihren Metallrohren gerade in Zusammenarbeit mit härter aufgehängten Systemen grandios gescheitert sind. Nicht so der Tacco MK II.

Selbst mit harten japanischen Tonabnehmern wie dem Phase Tech P-3G harmoniert er so hervorragend, dass selbst ein ausgewiesener Spezialist für solche Fälle, mein geliebter Fidelity Research FR64fx sich verdammt lang machen musste, um mit Mühe ein Unentschieden zu halten. Und doch: Was der FR64 dem Scheu leicht an noch besserer Führung und Kontrolle voraushatte, machte dieser locker mit noch mehr Ausdrucksstärke und Leichtigkeit der Wiedergabe wett. In Sachen Feinauflösung und Abbildungsschärfe liegt der Tacco MK II ohnehin ganz weit vorne, während er an den äußeren Enden des Frequenzspektrums die ideale Balance zwischen Loslassen in Sachen Dynamik und Energie und Disziplin findet: Der Bass donnert und grollt, ohne zu rumpeln und zu dröhnen, die Höhen strahlen, ohne zu zischen. Damit ist der Tacco MK II einer der universellsten Einpunkter, die mir bekannt sind – und das komplett ohne Dämpfung. Zu den schönsten und musikalischsten Tonarmen zählt er ohnehin.

Fazit

Keine Angst vor Einpunktern: Das Konzept des neuen Scheu Tacco geht voll auf. Einfacher Aufbau und Bedienbarkeit gehen einher mit durchdachten Detaillösungen und einer exquisiten Verarbeitung. Dies, gepaart mit einer nicht gerade sparsamen Materialwahl, führt zu einem herausragenden Klang, der seinesgleichen sucht.

Kategorie: Tonarme

Produkt: Scheu Tacco Mk II

Preis: um 2300 Euro

2/2010
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Scheu Analog 
Telefon 0212 38085830 
Internet www.scheu-analog.de 
Garantie (in Jahre)
Ausführungen Thuja, Amboina, andere Holzarten auf Anfrage 
Montageabstand (in mm): 222 
Effektive Länge (in mm): 238 
Überhang (in mm): 16 
Effektive Masse (in Gramm) 14-16 
Unterm Strich... » Keine Angst vor Einpunktern: Das Konzept des neuen Scheu Tacco geht voll auf. Einfacher Aufbau und Bedienbarkeit gehen einher mit durchdachten Detaillösungen und einer exquisiten Verarbeitung. Dies, gepaart mit einer nicht gerade sparsamen Materialwahl, führt zu einem herausragenden Klang, der seinesgleichen sucht. 
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Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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  • www.hausgeraete-test.de
  • www.heimwerker-test.de
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