Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: Lavardin ISx


Der Anker

Vollverstärker Lavardin ISx im Test, Bild 1
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Ein puristisch ausgestatteter Transistor-Vollverstärker aus Frankreich - was soll daran Besonderes sein? Falsche Frage. Die richtige Frage lautet: Was ist daran normal?

Manche Geräte sind wie bestimmte Frauen: Sie begegnen einem immer und immer wieder. Zuerst denkt man sich nichts dabei, aber mit der Zeit entsteht ein Band. Und wenn man ihnen schließlich näher kommt, müssen sie einfach bleiben. Jetzt bin ich direkt mit der Tür ins Haus gefallen - aber mit Absicht und Freude, um ehrlich zu sein. Denn seit gut eineinhalb Jahren spielt der etwas größere Bruder des kleinsten Lavardin-Vollverstärkers, der „ISx Reference“ bei mir und wenn alle anderen gehen, wird der bleiben. Warum? Ich lasse Musik sprechen: wieder einmal Ron Sexsmith von seinem Album „Cobblestone Runway“. Auf „„For The Driver“ singt er: “Ich fühle mit dem Fahrer, dessen Weg ein Kind mit einem Ball kreuzte.

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Ich fühle mit allen Beteiligten, am meisten aber mit dem Unbeliebtesten. Ich fühle mit dem Fahrer.“ Auf diese Weise gibt der so feinfühlige kanadische Singer-/ Songwriter Einblick in sein Denken und Fühlen. Ganz klassisch, nur von einer Gitarre begleitet, strahlt das Lied eine sehr schwer zu erklärende Einheit von Traurigkeit und gleichzeitiger Geborgenheit aus. Folgt man seiner leicht brüchigen, warmen Stimme und diesen Gedanken, bekommt man mehr und mehr Hoffnung. Hoffnung und Stärke, auch die schwierigsten Umstände meistern zu können. Und das vermittelt eben beileibe nicht jeder Verstärker, nur ein solcher wie der Lavardin ISx, der den Fokus ganz weg von der Technik direkt ins Herz der Musik lenken kann. Wie wenn man der Frau fürs Leben zum ersten Mal in die Augen schaut.

Doch wie macht der Lavardin das? Ist es ein bestimmter Sound? Nein, es ist die Gestaltung eines Klangbildes. Wie wenn man in einen glasklaren See schaut, kurz bevor man sich in sein weiches, warmes Wasser gleiten lässt. Extrem informativ und ohne die üblichen Artefakte gelingt ein Fokus wie mit einer klassischen Leica fotografiert. Natürlich ist jeder Audio-Designer auf der Suche nach der sogenannten Wahrheit, die es nicht gibt und die immer nur seine ganz persönliche Wahrheit sein kann. Im Fall von Lavardin stellt sich ein hintergründigeleganter Klang ein, ein Detailzauber, der einem nie ins Gesicht springt, keine vordergründig anmachende, auf Dauer aber anstrengende Präsentation. Aber bitte nicht missverstehen: der ISx kann laut und ist pfeilschnell, er lullt keineswegs ein. Als Beispiel mag „Kind of Blue“ von Miles Davis dienen, eine der wenigen Aufnahmen, die ich immer wieder zum Beurteilen von Komponenten heranziehe. Es ist diese ungeheure Ruhe, aus der sich das musikalische Geschehen herausschält: anschwellend, abschwellend. Nehmen wir einmal die Drumrolls in „So what“, oder wie die Bläser das Thema extrem trocken immer wiederholen und das Stück vorantreiben. Speziell dann, wenn jeder sein Solo gespielt hat und Paul Chambers am Ende das Thema noch einmal mit einem Kontrabass anzupft. Dass es mit dem Lavardin so unaufgeregt klingt, ist sicher zu einem guten Teil durch den Wegfall mechanisch und elektrisch bedingter Artefakte zu erklären. Die Musik ist da, führt einen sofort in die Ruhe und ermöglicht, sich augenblicklich auf sie zu konzentrieren. Im Grunde ist diese Art der Wiedergabe verschreibungspflichtig, so tief befriedigend und erfüllend ist sie.

Etwas zum Hintergrund der Firma: Lavardin ist eine Marke der Dachfirma „CEVL“, die außer Verstärkern Kabel, Netzleisten, Audiomöbel namens „K-RAK“, Lautsprecher unter dem Namen „Lecontoure“, portable Mixer und weiteres Zubehör für professionelle Studios herstellt. Dem Erfolg von Lavardin liegen die Studien des Gründers Gérard Perrot zugrunde, die er 1996 auf der Jahrestagung der Audio Engineering Society (AES) in Kopenhagen präsentierte. Der Kern davon nennt sich „Memory Distortion“: Damit bezeichnet er einen Speichereffekt bei Transistoren, der für ihren oft stereotyp-harten Klang verantwortlich sein soll. Röhren, speziell Trioden in Eintakt-Schaltungen, weisen diesen Effekt praktisch nicht auf und klingen wegen ihrer zwar höheren, aber geradzahligen Klirrwerte angenehmer. Perrot kritisierte auch traditionelle, statische Messmethoden, die er für seine Konzepte veränderte. Mit diesen Kernideen stellte er dann mit dem „IT“ 1996 den ersten Lavardin- Verstärker vor. Der Rest ist Geschichte. Dass seine Theorien nicht allgemein geteilt werden, kann Lavardin nur recht sein: Mit neuen Messmethoden konnte Lavardin dem Memory-Effekt auf die Spur kommen und durch seine Vermeidung „reinen“ Triodenklang mit der Verzerrungsarmut und Betriebssicherheit von Transistoren verbinden. Hybrid-Designs mit Röhren und Transistoren tun das laut Lavardin nicht. Wie genau der Hersteller deine Strategien technisch umsetzt, bleibt ein Geheimnis. Sowohl der 2002 verstorbene Firmengründer als auch sein Nachfolger Jean-Christophe Crozel (kurz JC) pflegen in Sachen technische Detail eine vatikanartige Verschwiegenheit. Dank meiner Hartnäckigkeit, noch mehr aber der des deutschen Vertriebschefs Christian Isenberg können wir nun ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen: Die Lavardin-Magie speist sich zum Einen aus einer sehr dezidierten Bauteileauswahl sowie (Treiber)-Schaltungen, die dafür sorgen, dass die ungewollten Memory-Effekte extrem minimiert werden. Im Vergleich zum Ur-Design hat die „x“-Serie, für die JC alleine verantwortlich zeichnet, ein neues Frontplattendesign bekommen. Zum Einen wegen der Fernbedienung und auch, um die Reihe optisch abzusetzen. Die Innenverkabelung wurde verbessert, passive Bauteile in ihren Werten verändert und gegen solche anderer Hersteller getauscht. Hatten die klassischen Lavardin-Verstärker noch Kühlkörper, sind die Leistungs-Transistoren nun fürs Wärmemanagement einzeln mittels einer Kupferfeder direkt ans Gehäuse gekoppelt. In der Reference-Ausführung bekommt der Verstärker einen leistungsfähigeren gekapselten Trafo, höher selektierte Bauteile, einen genaueren Abgleich und die doppelte Siebkapazität im Netzteil. Den ISx gibt es nur mit schwarzer Frontplatte, die Reference-Ausführung kommt optional auch in Rot. Die goldbeschichteten Platinen stammen aus der Luftfahrttechnik. Alles wird von Hand vor Ort montiert, die Bauteile werden entweder für Lavardin gefertigt oder, wo nicht nötig oder möglich, nach Qualität und Klang ausgesucht. Man kann am wunderschönen Aufbau sehen, wie liebevoll das gemacht ist. Im Ausgang arbeitet ein Paar Darlington-Transistoren in Gegentaktanordnung. Und ja, es gibt eine dezente Gegenkopplung, mehr wird darüber nicht kommuniziert.

Die mechanischen Teile stammen, wo immer möglich, aus der Region. So werden zum Beispiel die Knöpfe extra für Lavardin gefertigt, was ihre wunderbare Anfassqualität erklärt. Insgesamt wird die Schaltung vor und nach dem Einbau mindestens viermal elektrisch und akustisch getestet, dazwischen liegt ein viertägiger Belastungstest - auch das ist kein Standard. Neben den vier Hochpegeleingängen und der wirklich großartigen Phonoplatine, die ich unbedingt dazu kaufen würde, gibt es ebenfalls optional einen Tape-Ausgang. Und neuerdings sogar eine Erdungsklemme. Im direkten Vergleich mit meinem ISx Reference stellt sich eine sehr deutliche Verwandtschaft heraus. Es ist ein bisschen, wie wenn man sich in Zwillingsschwestern verliebte: blaue, braune Augen, kurze, längere Haare, etwas lebendiger, etwas ruhiger? Vielleicht hat der „Kleine“ minimal weniger Energie und ein bisschen weniger Finesse? Doch das hört man nur im direkten Vergleich und ich könnte, offen gestanden, auch mit dem ISx für den Rest meines Lebens höchst zufrieden Musik hören. Ein Beispiel dafür möchte ich Ihnen noch geben. „Throw it away“ gliedert die wundervolle Abbey Lincoln in ihrer unnachahmlichen Art. Das Stück ist mit dem kleinen Lavardin ein einziges Fest und endlich verstehe ich, warum sie es genau so singt, wie sie das tut. Und wenn dann Archie Shepp mit seinem kaputten Saxofonsound ins Spiel kommt wird mir klar, dass ich nullkommanichts an eines meiner anderen Geräte denke und mich, wie auch schon bei meinem ISx Reference ganz der Musik überlasse. Wenn ich aufhöre, über Audio zu schreiben, werde ich nur noch mit den Geräten aus dem Loire-Tal Musik hören.

Fazit

Der Lavardin ISx ist eine Oase besonderer Musikreproduktion. Wer seine hifidele Sturm- und Drangphase durch hat und mit offenen Ohren durch die Audiowelt geht, kann an den Produkten aus dem Loire-Tal einfach nicht vorbei.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Lavardin ISx

Preis: um 2425 Euro

1/2021
Ausstattung & technische Daten 
Preis: ab 2.425 Euro (Phono: 505 Euro) 
Vertrieb: Isenberg Audio 
Telefon: 040 447037 
Internet: www.isenbergaudio.de 
Garantie: 2 Jahre 
B x H x T: 430/80/340 
Gewicht (in kg): 6,5 kg 
Unterm Strich … » Der Lavardin ISx ist eine Oase besonderer Musikreproduktion. Wer seine hifidele Sturm- und Drangphase durch hat und mit offenen Ohren durch die Audiowelt geht, kann an den Produkten aus dem Loire-Tal einfach nicht vorbei. 
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