Kategorie: Verstärker Phono Vorverstärker

Einzeltest: Tom Evans MicroGroove Plus MK 2


Der Herr der Käfer

Phono Vorstufen Tom Evans MicroGroove Plus MK 2 im Test, Bild 1
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Heimlich, still und leise hat sich wieder einmal eines dieser extrem unscheinbaren dunkel getönten Acrylglaskästchen in die Redaktionsräume geschlichen. Grund zur Alarmstimmung beim Mitbewerb: Tom Evans hat´s wieder getan

Das gibt´s doch nicht. Er hatte recht. Da ist echt noch Luft, ohne jeden Zweifel. Eigentlich bin ich der Meinung, dass eine HiFi-Komponente spätestens eine halbe Stunde nach dem Einstöpseln in die Steckdose ihr volles klangliches Potenzial erreicht haben sollte. Als Ausnahmen lasse ich fette Class-A-Endverstärker durchgehen, die möglicherweise länger brauchen, bis alle Arbeitspunkte thermisch stabil sind. Kleinsignalgeräte aber haben gefälligst ruck-zuck „da“ zu sein, da gibt´s so gut wie nix aufzuheizen. Tom- Evans-Importeur Oliver Witt - mann hat mir aber nun extra auf den Lieferschein geschrieben, ich möge den MicroGroove Plus MK2 unbedingt eine Nacht am Netz lassen, bevor ich ihn mir anhöre.

Phono Vorstufen Tom Evans MicroGroove Plus MK 2 im Test, Bild 2Phono Vorstufen Tom Evans MicroGroove Plus MK 2 im Test, Bild 3Phono Vorstufen Tom Evans MicroGroove Plus MK 2 im Test, Bild 4Phono Vorstufen Tom Evans MicroGroove Plus MK 2 im Test, Bild 5Phono Vorstufen Tom Evans MicroGroove Plus MK 2 im Test, Bild 6Phono Vorstufen Tom Evans MicroGroove Plus MK 2 im Test, Bild 7Phono Vorstufen Tom Evans MicroGroove Plus MK 2 im Test, Bild 8
Und unbedingt auf die Netzsteckerpolarität achten. Ja, ja, mach ich. Später. Vielleicht. Der zweitkleinste Tom Evans spielt auch kurz nach dem Einstöpseln wie die Hölle: zackig, exakt, auf den Punkt.

Alles gut – was soll da denn jetzt noch passieren? Klären wir zunächst die Nomenklatur ab: Das Gerät heißt „MicroGroove Plus MK 2“. Man muss das mal kurz erwähnen, weil Hersteller und Vertrieb sich bei diesen Dingen nicht immer so ganz einig sind, in England steckt in diesem Fall nämlich noch ein „X“ in der Typenbezeichnung – das gehört da aber eigentlich nicht hin, wie Oliver Wittman, der die Maschinchen von der Insel in unseren Breiten vertreibt, mir glaubhaft versicherte. Das Gerät ist das zweitkleinste von gegenwärtig sechs verschiedenen Phonovorstufen und wechselt für 1.150 Euro den Besitzer. Das kann man entweder als reichlich für ein unscheinbares schwarzes Kästchen aus dünnem schwarzen Acryl plus externem Netzteil ansehen oder aber als ziemlich günstig, weil der nächstgrößere „The Groove 20th Anniversary MK2“ nämlich deutlich mehr als doppelt so viel kostet; Stammleser werden sich erinnern, der war hier nämlich auch schon zu Gast. Ein sicheres Indiz dafür, dass das Gerät zu den neueren Entwicklungen des Waliser Konstrukteurs gehört, ist der Umstand, dass es auf der Rückseite DIP-Schalter zur Anpassung der Eingangsimpedanz gibt. Was bei anderen Herstellern seit Anbeginn der MC-Vorverstärkung eine völlige Selbstverständlichkeit ist, hat Tom Evans etliche Jahre lang aus klanglichen Gründen vermieden, die Geräte waren nur vom Profi mit einem Wunsch-Eingangswiderstand zu bekommen.

Neuer Tonabnehmer, andere Anpassung? Ging, war aber mit Aufwand verbunden. Beim MicroGroove Plus MK 2 kein Problem, immerhin lassen sich mit den vier Schalterchen pro Kanal fünf verschiedene Werte einstellen: 112, 140, 187, 280 und 560 Ohm. Damit sollte man in den allermeisten Fällen ohne Probleme zurechtkommen. Die Geräterückwand trägt sonst keine größeren Überraschungen: zwei Cinch-Eingangsbuchsen, zwei Ausgangsbuchsen – beide erfreulich fest mit dem Gehäuse verschraubt. Hinzu kommen eine Erdungsklemme, ein dreipoliger Anschluss fürs externe Netzteil und eine Einschaltkontrollleuchte: Jawohl, die sitzt auf der Rückseite. Und nein, irgendetwas, um das Gerät ein- oder auszuschalten, gibt es nicht. So gar nicht. In Anbetracht von einer Stromaufnahme von 11,3 Watt ist das eventuell zu verschmerzen – der lokale Energieversorger wird Ihnen dafür rund 100 Kilowattstunden im Jahr in Rechnung stellen. Auf der Front prangt ein Aufkleber, der das Vorhandensein von „Lithos voltage regulation“ anzeigt. Das ist eine technische Errungenschaft, auf die Tom Evans ausgesprochen stolz ist: Es handelt sich um einen aus rund 50 meist diskreten Bauteilen aufgebauten Spannungsregler, der direkt vor Ort – also auf der Verstärkerplatine, wo die Spannung gebraucht wird – für extrem rauscharme Betriebsspannungen sorgt. Unter dem eher dünnwandigen Kunststoffdeckel manifestiert sich die Anordnung als Huckepackplatine auf dem eigentlichen Verstärkerboard.

Tatsächlich ist der dort getriebene Aufwand für die Stabilisierung der beiden Betriebsspannungen nicht unerheblich, unter anderem beschäftigt Evans zwei integrierte Operationsverstärker und gleich sechs Leistungstransistoren mit dem Job. Wie üblich, ist das alles ordentlich aufgebaut, lässt aber dennoch eine gewisse Rustikalität erkennen: Von einem modernen, per Computer entworfenen und optimierten Aufbau ist das alles weit entfernt. Allerdings lässt die Konstruktion eine ganz eigene Handschrift erkennen und solcherlei „Elektronik mit Gesicht“ ist etwas, das ich sehr zu schätzen weiß. Der Verstärkerpart selbst erschließt sich in Sachen Funktionsweise genauso wenig intuitiv wie bei den anderen Phonovorstufen dieses Herstellers, die mir im Laufe der Jahre über den Weg gelaufen sind. Die Verstärkung liegt in den Händen von vier fein säuberlich abgeschliffenen Chips. Einer ist definitiv ein gänzlich anderer Typ als die drei anderen (weil ein mit Adapterplatinchen angepasstes SMD-Bauteil), die Platine zeigt auch sonst keine größere Kanalsymmetrie – daraus auf die Schaltungstopologie zu schließen kannste knicken. Gönnen wir dem Mann seine Geheimnisse und nehmen noch ein paar Besonderheiten bei den passiven Bauteilen zur Kenntnis: Tom Evans verbaut erstaunlich viele Tantalelkos, die bei anderen Herstellern so seit vielen Jahren aus der Mode gekommen sind, und zahlreiche MKH-Folienkondensatoren, für die das Gleiche gilt. Die Abneigung gegen Metallgehäuse ist unverkennbar, für die Abschirmung muss eine Lage ganzflächig kupferkaschiertes Platinenmaterial unter der Verstärkerplatine reichen. Und sonst? Zwei mittelgroße Siebelkos und vier einzelne Dioden als Gleichrichter empfangen die vom Netzteil ankommende Rohkost, die im Anschluss mit „Lithos 7.4“ in den lebensspendenden Edelsaft für die sensible Verstärkerschaltung verwandelt wird. Sensibel übrigens im wahrsten Sinne des Wortes, der MicroGroove Plus MK 2 verstärkt um fast 70 Dezibel, sollte also auch mit leiseren MCs bestens zurechtkommen. Wie Sie aus den oben aufgelisteten möglichen Werten für die Tonabnehmer-Abschlussimpedanz natürlich schon messerscharf geschlossen haben, ist das Gerät zum Anschluss von MM-Abtastern nicht geeignet. Und wieder einmal stülpe ich den Deckel auf eine dieser geheimnisvollen Wunder-Phonovorstufen von Mr. Evans, ohne beim Verständnis ihrer exorbitanten Qualitäten wirklich weitergekommen zu sein.
Am externen Netzteil liegt´s, das wage ich mal so zu behaupten, auch eher nicht. Da dürfte nämlich nicht viel mehr drin sein als ein moderat dimensionierter Transformator und eine Sicherung. Die Messtechnik bringt mich auch nicht recht weiter. Sämtliche Daten des Gerätes sind in Ordnung, aber nicht herausragend. Der Frequenzgang ist mit dem des letzten Tom Evans praktisch deckungsgleich und eindeutig nicht perfekt an der reinen Lehre ausgerichtet. Was aber außer Frage steht, ist, dass der Vertrieb mit der einen Nacht Warmlaufzeit und der Bedeutung der korrekt liegenden Netzphase absolut recht hatte: Am nächsten Tag macht mich der MicroGroove Plus MK 2 genauso sprachlos, wie die kleinen Acrylboxen das immer hinbekommen: Das zweifellos gute und in jeder Hinsicht korrektes Benz ACE SL mutiert zum mitreißenden Spaßabtaster allererster Kajüte, das klanglich allenfalls mittelprächtige neue Smashing-Pumpkins-Album „Shiny and Oh So Bright ...“ klingt auf einmal nach Billy Corgans drittem bis vierten Frühling und nicht wie routinierter Rick- Rubin-Muff – klasse. Maliah und Boris Blank grooven auf „Convergence“, dass sich die wohligen Schauer im Sekundentakt auf den Weg den Rücken hinunter machen, Jackson Brownes legendäre Backstage- Version von „Rosie“ ist pure Emotion, der man sich kaum entziehen kann. Den direkten, ungekünstelten Transport von musikalischem Inhalt, das beherrscht auch diese Tom-Evans-Phonovorstufe in absolut erstaunlichem Maße und trifft damit den Nagel genau auf den Kopf. Was sich hier letztlich auf Basis von ein paar schnöden achtbeinigen „Käfern“ abspielt, ist wieder einmal äußerst bemerkenswert.   

Fazit

Er kann einfach zaubern, der Mann aus Wales: Auch dieses unscheinbare Acrylkästchen von Tom Evans ist ein so unmittelbarer Vermittler von Musik, wie das nur ganz wenige Phonovorstufen schaffen.

Kategorie: Verstärker Phono Vorverstärker

Produkt: Tom Evans MicroGroove Plus MK 2

Preis: um 1150 Euro

4/2019
Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb HiFi Studio Witmann 
Telefon 0711 696774 
Internet www.tomevans.de 
Garantie (in Jahren)
B x H x T (in mm) ( ohne Netzteil): 202 x 66 x 120 mm 
Gewicht ca. 0,8 kg 
Unterm Strich... » Er kann einfach zaubern, der Mann aus Wales: Auch dieses unscheinbare Acrylkästchen von Tom Evans ist ein so unmittelbarer Vermittler von Musik, wie das nur ganz wenige Phonovorstufen schaffen. 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 28.04.2019, 14:59 Uhr
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