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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenEinzeltest: VPI HW-40 Anniversary
Der amerikanische Traumplattenspieler
Mittlerweile ist es ja nichts Ungewöhnliches mehr, wenn Hersteller anlässlich runder Firmengeburtstage ein Sondermodell präsentieren. Ein Prachtexemplar dieser Spezies hat sich US-Hersteller VPI zum vierzigsten Firmenjubiläum einfallen lassen
Sicherheitshalber sag ich’s gleich zu Beginn: Das ist kein Sonderangebot. Bevor hier Begehrlichkeiten entstehen, die in der Praxis nicht umzusetzen sind – das Jubi-Paket kostet nämlich 18.000 Euro. Wobei ich Sie aber total verstehen könnte, so begehrlichkeitsmäßig: Das, was VPI da anlässlich des 40-jährigen Firmenjubiläums auf vier große Füße gestellt hat, das kann man haben wollen. Ein richtig schön klassischer Plattenspieler, reduziert aufs Wesentliche, ein echter Eyecatcher. Aber Vorsicht: Das Ding ist groß. 56 Zentimeter breit, 43 tief und 25 hoch. Und, nicht zu vergessen, 32 Kilogramm schwer.
Und außerdem ist das mit dem Gerät gefeierte Jubiläum schon drei Jahre her, aber das ist in diesem Zusammenhang vermutlich herzerfrischend egal.Abgesehen davon ist der VPI etwas, das in dieser Klasse etwas sehr Besonderes darstellt: Er ist ein einfacher Plattenspieler. Einer, für dessen Setup kein Physikstudium erforderlich ist und bei dem man keine doppelt gekröpften Finger braucht. Dieser Umstand geht zum nicht geringen Teil auf das Konto des Tonarms namens „Fatboy Anniversary“. Das ist ein zwölf Zoll langer Brocken mit versetzter Armbasis und klassischer, also kardanischer Lagerung. Alles an diesem Arm wirkt solide und vertrauenerweckend, an seine Bedienung kann man sich auch trauen, wenn man kein ausgewiesener Feinmotoriker ist. Die ausladende Konstruktion wirkt auf dem ausladenden Laufwerk vollkommen harmonisch, die Proportionen passen einfach.
Man sollte sich weder von den hübschen Holzseitenteilen täuschen lassen noch von der schwarzen Strukturlackierung: Die Zarge des Gerätes besteht aus Dreiviertel- Zoll-Aluminiun – in unseren Breiten sind das satte 20 Millimeter aus feinem Stöffchen in Gestalt der Legierung 6061 – gut zerspanbares Zeug mit recht hoher Festigkeit. Und ja, auch in der Luftfahrtindustrie wird es verwendet – kein Grund, es „Flugzeugaluminium“ zu nennen. Für die Bedämpfung auf der Innenseite sorgt übrigens MDF – was tatsächlich eine gut funktionierende Maßnahme ist.
Der HW-40 ist ein Direkttriebler. Darin steckt wohl die größte Verbeugung an die eigene Vergangenheit, denn Firmengründer Harry Weisfeld war immer schon ein Fan dieses Antriebskonzeptes und VPI hat in der Anfangszeit des Unternehmens auch einen Direktantrieb entwickelt, der immer mal wieder zum Einsatz kam. Gerüchten zur Folge lief der Motor nicht immer ohne Problem, weshalb es längere Zeit im VPI-Programm kein Laufwerk damit mehr gegeben hat. Das änderte sich, als Senior Designer Mike Bettinger sich der Sache annahm und das Konzept mit modernster Technik ausreizte. Das grundlegende Design des Antriebs von Harry Weisfeld blieb dabei unangetastet: ein eisenloser Motor fast ohne Magnetmaterialien. Die überlappende Anordnung der V-förmigen Rotor- und Statorspulen sorgt für einen vollkommen ruckelfreien Lauf, außerdem erlaubt das Design ein erkleckliches Drehmoment. Jenes dauerhaft ohne thermische Probleme erzeugen zu können war nur mit modernster Steuerelektronik möglich, und genau die sorgt nun für den Vortrieb beim HW-40.
Das mit dem Drehmoment lässt sich beim „Anwerfen“ des Gerätes unmittelbar nachvollziehen. So gilt es nicht nur den gut acht Kilogramm schweren Teller, sondern zusätzlich noch drei Kilogramm Außenring und Auflagegewicht auf die Rund reise zu schicken. Der Motor macht das in beeindruckend kurzer Zeit. Der mit dem „Shaknspin“ gemessene Wow & Flutter-Wert nach DIN liegt übrigens bei ausgezeichneten 0,04 Prozent, aber darüber wollten wir ja eigentlich erst reden, wenn’s eine belastbare Vergleichsmessung gibt. Die komplette Motorsteuerung inklusive Netzteil steckt übrigens mit Gehäuse des Plattenspielers. Keine Zusatznetzteile oder sonstige Kästchen – das finde ich mal äußerst angenehm und ertappe mich dabei, dass ich es fast seltsam finde, eine Kaltgerätekupplung direkt in einen Plattenspieler zu stecken.
Ans Eingemachte kommt man nach dem Entfernen der eher unspektakulären Bodenplatte. Der Antriebsmotor ist eine geschlossene zylindrische Dose, an der neugierige Blicke abprallen. Für die Steuerung des Aggregates sind diverse Module aus der professionellen Servotechnik zuständig, für die Stromversorgung ein Ringkerntrafo der Kategorie mittelschwer.
Das „Business End“ des Motors besteht aus einem Aluminium-Innenteller mit angedrehtem Zapfen. Er dient als Zentrierung für den eigentlichen Plattenteller, der darüber gestülpt wird. Es gibt hier also keine durchgängige Plattentellerachse, jene „startet“ gewissermaßen erst im Teller selbst. Jener ist eine fünf Zentimeter starke Aluminiumscheibe mit einer Ausdrehung für den Subteller und einer weiteren, die mit dämpfendem Material vergossen ist. Die Anordnung klingelt fast gar nicht, zwischen Platte und Teller kommt noch eine dünne, relativ harte Filzmatte. Zum Lieferumfang gehört ein hübsches Edelstahlauflagegewicht, mit dem man die Platte innen beruhigen kann. Das Gewicht macht besonders dann Sinn, wenn man das zweite Extra für den Plattenteller zum Einsatz bringt: Der Edelstahl-Außenring kann den Außenrand einer Platte ziemlich fest an den Teller drücken und so fast jeglichen Verwellungen den Garaus machen. Das ist etwas umständlich, funktioniert aber bestens. Man kann den Ring auch unterhalb der Platte am Tellerrand „parken“. Dann hat er zwar keinerlei Klemmfunktion mehr, sorgt aber mit seiner erklecklichen Masse immer noch für eine nennenswerte Erhöhung des Trägheitsmomentes des Tellers. Der Ring ist ein alter Bekannter und ich bin mir ganz sicher, ihn schon genau in dieser Form bei einem der alteingesessenen deutschen Laufwerkshersteller gesehen und benutzt zu haben – irgendwo muss es da eine Kooperation bei der Fertigung des anspruchsvollen Drehteils geben.
Die Bedienung des HW-40 ist denkbar einfach: Es gibt drei Taster in der vorderen linken Ecke: 33 Umdrehungen, 45 Umdrehungen, An / Aus. Da gibt’s wenig dran falsch zu bedienen. Eine Möglichkeit zur Geschwindigkeitsfeineinstellung ist mir nicht aufgefallen, die Werte stimmen aber präzise und sollten das ob der modernen eingesetzten Motorsteuerungstechnik auch dauerhaft tun.
Kommen wir zum Tonarm. Es gibt eine deutliche Verwandschaft zum mittlerweile klassischen JMW 12 3D – wenn da nicht das Lager wäre: Der Fatboy Anniversary wird nämlich kardanisch geführt. Das ist ungewöhnlich, weil VPI bei seinen anspruchsvolleren Tonarmmodellen bislang immer auf eine Einpunktlagerung gesetzt hat. Hier jedoch entschied man sich für eine robuste Lagerung nach klassischem Vorbild: Je zwei japanische Präzisionslager (ABEC 9-speizifi ziert, besser geht’s kaum) halten den Arm in beiden Ebenen mit Hilfe zweier konzentrischer Ringe. Es gibt keinerlei fühlbares Spiel und der Arm ist sehr leichtgängig.
Das 3D-gedruckte Tonarmrohr tauchte bei VPI erstmals 2014 auf und findet sich seitdem immer wieder bei den größeren Modellen wieder – auch hier. Den Entstehungsprozess sieht man der komplex geformten Konstruktion nicht an, das Rohr wird nach dem Druck sorgfältig oberflächenbehandelt und mit einer schwarzen Metallic- Lackierung versehen. Gefertigt wird es übrigens nicht im bei günstigen 3DDruckern üblichen Filament-Aufschmelzverfahren, sondern im deutlich leistungsfähigeren SLA-Verfahren, bei dem ein Laser selektiv Bereiche in einem flüssigen Polymer aushärten lässt. Damit lassen sich Profi le herstellen, die mit anderen Verfahren schlicht nicht möglich wären. Zudem ist so das Armrohr inklusive Headshell einteilig herstellbar, was problematische Kontaktstellen gar nicht erst entstehen lässt. Damit vergleichbar sind nur noch die berühmten gegossenen Metalltonarmrohre von Rega. Eine feinfühlige Höhenverstellung ist bei VPI schon seit Langem Standard, interessanterweise hat man beim Anniversary-Fat Boy nochmal eins draufgesetzt und einen deutlich größeren „Turm“ neben das Armlager gestellt, der die Führung in der Vertikalen besorgt. In der Tat lässt sich die Höhe mit dem riesigen gerändelten Rad an der Oberseite extrem feinfühlig einstellen, nachdem man die Klemmschraube vorne an der Liftbank gelöst hat, die den Arm an einen separaten Lagerzapfen klemmt. Nachdem VPI dem Thema Antiskating in früheren Jahren eher wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat und der Meinung war, dass der Drall des Anschlusskabel der Einpunktarme in dieser Hinsicht genug sei, gibt’s bei den Amerikanern nun schon länger eine etwas ernsthaftere Lösung dafür, bei der ein gewichtsbelasteter Faden an entsprechender Stelle am Tonarmrohr zieht. Ein Hebelmechanismus sorgt für die gewünschte Veränderung der Skating- Kompensation beim Abfahren der Plattenoberfläche.
Leider habe ich nirgends Angaben zur effektiven Masse des Tonarms finden können. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass er nicht zu den ganz leichten Vertretern seiner Zunft gehört und sollte deshalb nicht mit zu weichen Abtaster kombiniert werden. Da es solche aber heutzutage oberhalb eines gewissen Qualitäts- und Preislevels ohnehin praktisch nicht mehr gibt, sollten sich die meisten für einen Plattenspieler dieser Güteklasse in Frage kommenden Abtaster hier wohlfühlen. Ich hab’s zunächst mit einem Lyra Etna probiert und hatte danach eigentlich keinerlei Ambitionen mehr, irgend etwas anderes zu probieren. Weil: Die Kombination generiert ein Maß an Dynamik, das sich unmittelbar und direkt mit selten erlebtem Nachdruck erschließt. Und deshalb traue ich mich auch, von meinen „Einstiegserlebnissen“ mit Totos unverwüstlichem 1982er Album „IV“ zu berichten, das mehr oder weniger zufällig den Weg auf den Teller fand. Was zum Beispiel bei „Waiting For Your Love“ (ja, das ist der Titel vor „Africa“) an satter Schlagzeugattacke geboten wird ist schon ziemlich atemberaubend. VPI und Lyra präsentieren die leicht sterile, nicht desto trotz perfekt durchgestylte Frühachtzigerästhetik des Albums absolut perfekt. Live können Steve Lukather und seine Mannen nix, aber im Studio, da waren sie zu Großem fähig. Gegenteiliges gefällig? Wir hören den Soundtrack zu kaum weniger berühmten Fernsehserie „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ aus dem Jahre 1972, einer ausgesprochen gelungenen Big- Band-Produktion, bei der unser Proband mit perfekter Übersicht und kernigem Bläsersound brilliert. Erfreulich, wie präzise hier das Geschehen aufgedröselt wird, wie wuchtig die Hammondorgel ins Geschehen drischt. Großer Spaß.
Ansatzweise bekomme ich das sogar hin, wenn ich ein Audio Technica AT-5V – mein leider nicht mehr produziertes Liieblings- 100-Euro-MM – mittels der ausgezeichneten mitgelieferten Einstellschablone unters Headshell schraube. Nicht ganz so rabiat, mit etwas weniger Ausdehnung an beiden Enden des Spektrums, aber ebenso ergreifend. Der Jubiläums-VPI spielt im besten Sinne amerikanisch. Ihm liegt die große Geste, der breite Pinsel, die leuchtenden Farben. Das mag dem Puristen hier und da etwas zuviel sein, ich allerdings find’s großartig, weil er jede Form von Musik zu einem schwer zu vergessenden Erlebnis macht.
Fazit
Der Jubiläums-VPI ist in jeder Hinsicht groß: in Sachen Abmessungen, vor allem aber ist er ein großer Spaßmacher mit überragend dynamischer und farbiger Spielweise. Wer beim Plattenhören vom Stuhl gerissen werden will, der ist hier richtig!Kategorie: Plattenspieler
Produkt: VPI HW-40 Anniversary
Preis: um 18000 Euro
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Telefon | 040 53320359 |
Internet | audio-reference.de |
Garantie (in Jahre) | 2 Jahre |
Abmessungen | 560 x 250 x 430 mm |
Gewicht (in Kg) | ca. 32 kg |
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