Kategorie: Tonabnehmer

Einzeltest: Soundsmith SG-210


Dehnungsübungen

Tonabnehmer Soundsmith SG-210 im Test, Bild 1
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Auch bei Tonabnehmern ist fast alles schon mal da gewesen. Zu den wenigen wirklich neuen Ideen gehört die, die wir dem amerikanischen Konstrukteur Peter Ledermann verdanken

Es war keine Absicht, glauben Sie‘s mir. Nun sind sind mir tatsächlich zeitgleich zwei der extremsten Tonabnehmer am Markt in die Hände gefallen und beide zeichnen sich dadurch aus. Das sie blau leuchten. Das machen sonst keine Abtaster, nur die „Lichttonabnehmer“ von DS Audio und die „Strain-Gauge“-Systeme von Soundsmith. Es empfiehlt sich, den Artikel über das DS Audio an anderer Stelle in diesem Heft ebenfalls zu lesen – zu groß ist die Menge an Informationen, die auf beide Abtaster zutreffen. Wie ich bereits „drüben“ erwähnte, gibt es gute Gründe, Alternativen zum klassischen elektrodynamischen Wandlerprinzip bei Tonabnehmern in Erwägung zu ziehen. Sowohl MM- als auch MC- und MI-Tonabnehmer haben damit zu kämpfen, Teile eines Generators mit durch die Rille zerren zu müssen.

Tonabnehmer Soundsmith SG-210 im Test, Bild 2Tonabnehmer Soundsmith SG-210 im Test, Bild 3Tonabnehmer Soundsmith SG-210 im Test, Bild 4Tonabnehmer Soundsmith SG-210 im Test, Bild 5Tonabnehmer Soundsmith SG-210 im Test, Bild 6
Diese Teile sind massebehaftet, das verbiegt den Nadelträger und mindert die Linearität des Wandlungsprozesses. Jenen ist außerdem die elektromagnetische Kraftwirkung zwischen den Generatorkomponenten hinderlich, die sich zum Beispiel in Form von Wirbelströmen manifestiert. Das Resultat sind Verzerrungen. Wer diese Dinge nicht will, der braucht andere Wandlerprinzipien. Das elektrooptische System von DS Audio ist ein solches, die Strain-Gauge-Abtaster von Soundsmith ein anderes. „Strain Gauge“ heißt auf Deutsch „Dehnungsmessstreifen“. Das sind sehr spezielle Halbleiterbauteile, die auf mechanische Krafteinwirkung mit einer Änderung ihres elektrischen Widerstandes reagieren. Der Zusammenhang zwischen Kraft und Widerstand lässt sich ziemlich genau beschreiben. So arbeiten zum Beispiel alle modernen elektronischen Waagen mit einem Messwertaufnehmer, der mit Dehnungsmessstreifen arbeitet. Bei Peter Ledermann gibt es zwei besonders filigrane Exemplare dieser Spezies, die von der Auslenkung des Nadelträgers „verbogen“ werden. Die Widerstandsänderung ist umso größer, je stärker die Auslenkung in die entsprechende Richtung ist. Damit ist der Strain-Gauge-Abtaster Positionsaufnehmer und kein Schnellewandler wie ein elektrodynamischer Abtaster. Damit manifestiert sich eine weitere Parallele zum DS-Audio-Abtaster: Auch hier braucht das gewonnene Signal keine RIAA-Entzerrung im klassischen Sinne, weshalb auch das Soundsmith-System nur mit einem eigens dafür konzipierten Speise- und Vorverstärkerteil betrieben werden kann. Das hat auch hier Folgen für die Preisgestaltung: Das Modell SG-210 – es ist das mittlere der drei Varianten – kostet insgesamt 12.500 Euro. Darin ist bereits eine Ersatznadel enthalten, die man hier nämlich denkbar einfach wechseln kann. Der Nadel-„Einschub“ wird einfach magnetisch im Systemkörper fixiert und ist mit einem Handgriff zu entnehmen und wieder einzusetzen. Der Einschub beherbergt nur die Nadel, den Nadelträger und seine rückwärtige Aufhängung. Die beiden Dehnungsmessstreifen sind V-förmig im Systemkorpus angeordnet. Ist die Nadel eingesetzt, „kontaktiert“ sie über ein ringförmiges Gummielement die beiden Wandlerelemente. Das ist der ganze Trick – ein ebenso simpler wie effektiver Aufbau. Die Dehnungsmessstreifen werden im Betrieb von einem Strom durchflossen. Der sich ändernde Widerstand sorgt für eine sich ändernde Spannung über den Elementen, das ist die von der Elektronik auszuwertende Größe. Weil besagter Strom dafür über die Signalleiter zum Abtaster transportiert werden muss, ist Energie für die „Beleuchtung“ vorhanden. Die Elektronik des Soundsmith geriet schaltungstechnisch ungleich aufwendiger als die bei DS Audio, beherrscht aber auch Spielereien wie eine Muting-Funktion im Fehlerfalle. Damit im Zusammenhang steht die abschaltbare Auto-Muting-Funktion, die Störgeräusche beim Absenken der Nadel auf die Platte recht zuverlässig abfängt, indem sie den Ausgang für ein paar Zehntelsekunden blitzartig stummschaltet. Eine rote und eine grüne Leuchtdiode quittieren das Anstehen beider erforderlichen Betriebsspannungen: Jene werden nämlich von zwei Steckernetzteilen zugeliefert und einen Betrieb des Gerätes mit nur einem Netzteil gilt es unbedingt zu vermeiden. Besonderes Kennzeichen des Modells SG-210 ist das Vorhandensein eines zweiten, im Pegel variablen Signalausgangs. Damit lässt sich direkt eine Endstufe betreiben, der dazugehörige Lautstärkesteller sitzt mittig auf der Front. Aufbau und Verarbeitung insbesondere des Speiseteils machen einen etwas robusten Eindruck. Die Elektronik bevölkert zwei Platinen im Geräteinneren, die Verbindung zwischen beiden ist ein ziemlicher Drahtverhau. Den mit 500 Euro Aufpreis zu bezahlenden Holzrahmen für das Gehäuse mittels bewusst schief eingedrehter Spax-Schrauben am Gerät zu befestigen, lässt zwar auf eine erfrischend pragmatische Denkweise beim Hersteller schließen, ist der Preisklasse aber wenig angemessen. Umso erfreulicher nimmt sich da die Tatsache aus, dass man beim Tonabnehmer die Abtastnadel so simpel wechseln kann. Im Falle eines Falles kostet eine neue Nadel 1.250 Euro; das ist nun auch nicht spottbillig, aber eine sehr anständige Alternative zum Entsorgen des Gesamtsystems. Nadeln gibt‘s übrigens in verschiedenen Varianten, sprich: Nadel- und Nadelträgervarianten. Auch eine Monoausführung ist im Angebot. Nadeleinschub, Sytemkorpus und Speiseteil müssen übrigens aufeinander eingestellt werden. Die beiden serienmäßig mitgelieferten Nadeln passen perfekt, wer mal darüber hinaus eine neue braucht, muss die ganze Einheit zum Hersteller schaffen. Das Soundsmith – wir haben einen optimierten Line-Contact-Diamanten mit Rubinnadelträger montiert- ist recht unkritisch in Sachen Auflagekraft, mit knapp zweieinhalb Gramm ist man auf der sicheren Seite. Der Hersteller empfiehlt ausdrücklich, der geometrischen Justage viel Aufmerksamkeit zu schenken. Das System ist übrigens meines Wissens nach das Einzige, bei dem sich der Azimut mit einer Schraube am Systemkörper einstellen lässt – nur für den Fall, dass der verwendete Tonarm keine Möglichkeit dazu bietet. Sehr interessant. Das Soundsmith klingt deutlich anders als der DS-Audio-Abtaster. Es ist in vielerlei Hinsicht deutlich näher an einem hochwertigen Moving-Coil-Tonabnehmer. Es hat nicht die brutale Attacke des DS Audio, agiert dafür merklich friedfertiger. Gemeinsam ist beiden ihr Hang zu extremer Akkuratesse, auch das Soundsmith ist ein Meister darin, Mikroinformationen zu extrahieren und zu einem emotional höchst stimulierenden Ganzen zusammenzubauen. Auch hier machte John Coltrane den Anfang, sein Saxofonspiel wirkte mindestens genauso feingliedrig und verständlich, aber nicht so hitzig wie mit dem optischen Abtaster. Auch hier fällt die extrem fein ziselierte Beckenarbeit auf, sie wirkt eine Spur weniger metallisch als mit dem Japaner. Wir bemühen Leonard Cohen, und zwar live beim Coachella Festival 2009. Seine dortige „Hallelujah“-Darbietung zeichnet das Soundsmith überragend sonor und warm, es separiert Solostimme und Chor sowohl im Raum als auch dynamisch perfekt voneinander. Die Bühnendimensionen sind deutlich wahrnehmbar kleiner als der Raum, den das Publikum einnimmt – das ist schon ein ziemlich beeindruckendes Kabinettstückchen. Und ja, ich habe „Sultans of Swing“ von den Dire Straits aufgelegt. Und war begeistert. Vom knorrigen Basston, von den silbrig-seidigen Becken des Schlagzeugs, dem Ton von Mark Knopfl ers Gitarre und der völlig schwerelosen Darbietung abseits aller Lautsprecherdimensionen. Nicht schlecht für ein olles, abgenudeltes Album aus den Siebzigern. Die Stärken des Soundsmith liegen in seiner Geschlossenheit. Es kommt mit jeder Musikrichtung bestens zurecht, ihm entgeht nichts, es kann sich mit den besten konventionellen Tonabnehmern messen. Und es ist eine Instition fürs Leben – das kann man von keinem anderen Abtaster behaupten.

Fazit

Das Soundsmith lässt die Sorge vor dem Verschleiß eines sündteuren Tonabnehmers in den Hintergrund treten und klingt überragend weiträumig, feinsinnig und fokussiert. Eine endgültige Lösung für alle Lebenslagen!

Kategorie: Tonabnehmer

Produkt: Soundsmith SG-210

Preis: um 12500 Euro

4/2018
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Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb G8 And Friends, Düsseldorf 
Telefon 0211 971 76091 
Internet www.g8friends.de 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
B x H x T Speiseteil 195 x 130 x 270 mm 
Gewicht (in kg) 2.7 
Unterm Strich... Das Soundsmith lässt die Sorge vor dem Verschleiß eines sündteuren Tonabnehmers in den Hintergrund treten und klingt überragend weiträumig, feinsinnig und fokussiert. Eine endgültige Lösung für alle Lebenslagen! 
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Autor Holger Barske
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Datum 08.04.2018, 09:57 Uhr
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