Kategorie: Plattenspieler

Plattenspieler / Tonarm Holborne Analog 3 / Dualpivot


Die Kunst des Unaufgeregten

Plattenspieler Holborne Analog 3 im Test, Bild 1
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Holborne – das klingt irgendwie nicht nach Schweiz. Ist es aber. Und bedient zudem eine ganze Reihe Klischees in diesem Zusammenhang.

Moment, Moment – das hatten wir doch schon mal? Sie erinnern sich richtig: Vor ungefähr zwölf Jahren hatten wir schon einmal einen Plattenspieler dieses Herstellers bei uns zu Gast. Eine große Karriere war dem Gerät nicht beschienen, was aber nicht mit seinen technischen und klanglichen Meriten zu tun hatte, sondern eher mit der Vertriebssituation. Weil: Es gab nämlich keine Deutschland-Distribution. Zwölf Jahre später liegen die Dinge etwas anders, auch das Gerät ist, bei aller optischen Ähnlichkeit mit dem Analog 2 von damals, eine weitgehende Neukonstruktion. Auch die wirtschaftlichen Hintergründe haben sich geändert: Die Firma hinter dem Label Holborne ist mittlerweile in der Hand neuer Besitzer. Der damalige Chef namens Meinrad Müller ist aber immer noch zumindest beratend mit an Bord, ein Gutteil der Details am brandneuen „Analog 3“ basiert auf seinen Ideen.

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Grundsätzliches


Der Holborne Analog 3 ist ein riemengetriebener Plattenspieler, der zusammen mit dem hauseigenen Tonarm für 8800 Euro angeboten wird. Er ist das größte von drei Modellen, die beiden kleineren Geräte sind noch nicht erhältlich. Sie sollen sich aber technisch und gestalterisch an das Topmodell anlehnen. Der Analog 3 wirkt auf den ersten Blick extrem unspektakulär. Um ein Gefühl für seine Wertigkeit und die Idee hinter dem Produkt zu bekommen, muss man ihn anfassen oder noch besser: auspacken und zusammenbauen. Mir fiel bereits beim Anblick des extrem kompakten Kartons auf, dass hier etwas Besonderes drinsteckt. Der Eindruck stabilisiert sich nach dem Öffnen: Alle Teile sitzen perfekt geschützt in einer Vielzahl von professionell gefertigten Schaumteilen. In Sachen Transportsicherheit bekommt das Gerät definitiv Bestnoten von mir. Ich habe schon Plattenspieler für deutlich fünfstellige Beträge gesehen, die in einem Müllsack steckten, in einen Karton gestellt wurden und wo die verbliebenen Hohlräume mit Bauschaum ausgeschäumt wurden. Das hier ist das exakte Gegenteil davon. Dann gibt es diese Kleinigkeiten, die von einem feinen Gefühl für Wertigkeit zeugen: Eine Unzahl von kleinen Wachspapiertüten, in denen Schrauben, Werkzeuge und andere Kleinteile stecken: jedes einzelne Tütchen wurde mit einem kleinen runden Aufkleber mit Holborne-Logo verschlossen.  

Mit sowas kriegt man mich, das kann ich nicht leugnen. Ebenfalls dazu gehört eine ausführliche Aufbau- und Bedienungsanleitung. Auch die ist hier vorhanden. Die Laufwerksgrundplatte ist ein schlichter mattgrau lackierter Quader. Auch die Oberfläche suggeriert bereits Qualität, ich mag die schlichte Linienführung ohne Rundungen und nur mit ganz feinen Fasen. Ich würde vermuten, dass es sich um eine MDF-Platte handelt, aber man kann‘s tatsächlich nicht erkennen. Das Gerät ruht auf drei Aluminiumkegeln mit untergeklebten Silikonfüßen. Die Kegel sind mit M3-Schrauben am Chassis befestigt und man kann die zarten Gewinde im Prinzip herausdrehen und so eine Höhenverstellung bewirken, was ich aber nicht empfehlen würde – das wird zu wackelig.

Plattenspieler Holborne Analog 3 im Test, Bild 8
Eine Ecke der Abdeckhaube – hier wurde hoher Aufwand betrieben
Wenn Ihre Stellfläche nicht waagerecht ist, empfehle ich eine externe Gerätebasis mit Höhenverstellung. Wir hätten da etwas perfekt Passendes von Finite Elemente in diesem Heft (LP 1_2024). Links vorne auf der Ecke der Zarge sitzt ein Sensortaster, mit dem das Gerät in Betrieb genommen wird und die beiden Drehzahlen umgeschaltet werden. Das funktioniert perfekt, eine mehrfarbige Leuchtdiode quittiert den Betriebszustand. Der Analog 3 wird mit einer Abdeckhaube geliefert. Und das ist so ziemlich das Aufwändigste, was ich in dieser Hinsicht je gesehen habe. Da werden dickwandige Acrylglasplatten über auf Gehrung geschnittene Kanten miteinander verklebt. Und das so perfekt, dass die Klebekanten vollkommen makellos erscheinen. Allein das dokumentiert, wieviel Liebe zum Detail in dieses Gerät geflossen ist.   

Antrieb


Das Pulley des Antriebsmotors ragt oben aus der Zarge heraus, und zwar unterhalb des Plattentellers. Der Motor offenbart sein kleines Geheimnis sofort: Die mit einem Strichmuster versehene Scheibe unterhalb des Pulleys dient in Verbindung mit einer Reflexlichtschranke als Ist-Drehzahlgeber für die Motorregelung. Sie sorgt dafür, dass der Motor unter allen Bedingungen mit der eingestellten Drehzahl rotiert. Diese ist, getrennt für beide Geschwindigkeiten, mit zwei winzigen Potis auf der Geräterückseite justierbar. Der Motor selbst ist ein extrem laufruhiger bürstenloser Gleichstromtyp. Er treibt über einen Gummi-Rundriemen einen Plattenteller aus Acryl an. Bei ihm fällt die polierte Außenkante auf, was sich in Verbindung mit der Eindrehung weiter innen optisch sehr gut macht. Besagte Ausnehmung im Teller ist erforderlich, weil dort der Antriebsriemen und das Motorpulley Platz finden müssen. Das Auflegen des Riemens gestaltet sich auch ohne Werkzeug als erfreulich unproblematisch. Versorgt wird das Ganze aus einem Zwölf- Volt-Steckernetzteil.  

Tellerlager


Auch bei der Lagerung des Plattentellers wurde Aufwand betrieben. Aus der Zarge ragt eine slide dimensionierte Achse, die an ihrer Oberseite eine Rubinkugel trägt. Das Gegenstück dazu steckt im Lagergehäuse, das darübergestüplt wird. Die Achse läuft gegen eine mittig ausgedrehte Bronzebuchse, so dass sie nur oben und unten Kontakt zur Achse hat. So minimiert man die Kontaktflächen, was für einen besonders ruhigen Lauf sorgt, schafft aber gleichzeitig ein Lager mit großer Führungslänge. Hinzu gesellen sich nun noch zwei sich abstoßende Ringmagnete, die das Lager in der Vertikalen entlasten. Es muss nur wenige Gramm Last aushalten, was für eine Lebensdauer bis zu dem Zeitpunkt sorgen dürfte, an dem sich die Sonne zu einem roten Riesen aufbläht. Ein wunderbar konstruiertes Lager, an dem wirklich alles richtig gemacht wurde. Kompliment!   

Tonarm


Der auf dem Gerät montierte Tonarm heißt „Dualpivot MK II“.

Plattenspieler Holborne Analog 3 im Test, Bild 10
Der Dualpivot Mk II verfügt über einen klassischen Antiskating-Mechanismus
Man kann ihn auch einzeln erstehen, dann kostet er 3590 Euro - respektive 3990, wenn man eine steckbare Zuleitung haben will. Sonst ist das feine, in Baumwolle gehüllte Anschlusskabel direkt mit dem Arm verbunden. Der Name deutet es schon an – die Lageranordnung ist etwas Besonderes. Unter dem zylindrischen Lagergehäuse verbirgt sich nämlich ein gestütztes Einpunktlager. Die Hauptarbeit erledigt ein Spitzenlager, dessen Taumelneigung jedoch von einem sekundären Lager gebremst wird. Dafür ist der „gleitende“ zweite Lagerpunkt zuständig, daher der Name „Dualpivot“. In der Praxis merkt man davon wenig, der Arm fühlt sich ähnlich stabil wie eine kardanisch gelagerte Konstruktion an. Am Ende des neun Zoll langen Kohlefaserrohrs sitzt ein verschiebbar angeordnetes Minimal- Headshell, Davon gibt’s eine Aluminium- und eine Stahlversion, je nach gewünschtem Gewicht. Diesbezügliche Flexibilität herrscht auch beim Gegengewicht, dass auf Wunsch mit zwei Zusatzgewichten beschwert werden kann. Höhen- und Azimuthverstellung sind möglich.   

Tonabnehmer


Der letzte Baustein im Holborne- Baukasten ist die „Tonzelle“. Der optionale und mit 4000 Euro nicht ganz preiswerte Abtaster ist ein klassisches Low-Output-MC (0,35 Millivolt) mit Saphirnadelträger. Zur Abtastnadel des in einem Holzbody mit Metallträgerplatte untergebrachten Systems kann ich noch nichts sagen, zur Nadelnachgiebigkeit schon: Mit 12 µm/ mN gehört es in die mittelschwere Kategorie, es will mit 19 mN Auflagekraft betrieben werden.   

Klang


Die konstruktive Qualität des Analog 3 zeigt sich schon nach den ersten Tönen: Er verfügt über diese majestätische Ruhe, die es sonst nur bei deutlich größeren Masselaufwerken gibt. Es ist das, was dem späten Leonard Cohen seine abgeklärte Souveränität gibt, was den E-Bass auf „You Want It Darker“ so schön kantig und stramm wirken und den Chor frei im Raum schweben lässt. Super! Auch beim Ausnahmequartett LA4 ist die Schweizer Komplettlösung voll in ihrem Element. Bud Shanks Saxophon hat Kraft und wahrt genau die richtige Balance zwischen Geschmeidig- und Körnigkeit, es kontrastiert wunderbar mit Laurindo Almeidas Gitarre und Ray Browns Kontrabass. Der Holborne nimmt die teilweise recht heftigen Dynamiksprünge auf der Platte völlig gelassen: wer hier noch mehr will, der muss einen DS-Audio- Abtaster einbauen. Der spielt nicht ganz so friedlich und geschmeidig wie der Holborne-Tonabnehmer, leuchtet das Geschehen aber noch tiefer aus und wirkt einfach ein bisschen rabiater. Noch ein Klassiker gefällig? Fleetwood Macs „Rumors“ durfte auch auf den feinen Acrylteller des Holbornes und blieb für die komplette Länge des Albums. Auch hier viel wieder der knackige sonore Bass-Sound auf, der bei „Dreams“ einen wunderbaren Rahmen für die Ausnahmestimmen von Stevie Nicks und McVie bildete. Genau so sollte so etwas klingen!

Fazit

Der brandneue Holborne Analog 3 bedient sowohl haptisch als auch klanglich höchste Ansprüche. Das Gerät ist allürenfrei, funktioniert perfekt, klingt vollkommen souverän und vermittelt genau das richtige Maß von Understatement.

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Kategorie: Plattenspieler

Produkt: Holborne Analog 3

Preis: um 8800 Euro mit Tonarm Dulapivot Mk II

11/2023

Der brandneue Holborne Analog 3 bedient sowohl haptisch als auch klanglich höchste Ansprüche.

Holborne Analog 3

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Vertrieb TCG GmbH, Nordhorn 
Telefon 05921 7884927 
Internet www.tcg-gmbh.de 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
Abmessungen 445 x 140 x 350 mm 
Gewicht (in Kg) ca. 12 kg 
Unterm Strich ... Der brandneue Holborne Analog 3 bedient sowohl haptisch als auch klanglich höchste Ansprüche. Das Gerät ist allürenfrei, funktioniert perfekt, klingt vollkommen souverän und vermittelt genau das richtige Maß von Understatement. 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 15.11.2023, 10:03 Uhr
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Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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