Musikrezension: Marianne Faithfull – Horses and High Heels (Naive)

So, genau so geht Altern in Würde. Marianne Faithfull macht zumindest stimmlich keinen Hehl aus ihren inzwischen 65 Jahren – macht aber nichts: Den ganzen Nachwuchs-Möchtegern-Charismatikerinnen macht sie immer noch Beine. Dabei ist sie sicherlich bei Weitem nicht die größte Sängerin auf der Erde, aber diese erfahrungsgegerbte Stimme, die Geschichten aus dem richtigen Leben erzählt, geht dem Hörer einfach nahe. Zu dem unprätentiösen Eindruck tragen die Begleitmusiker das Ihrige bei: Das Ganze klingt nämlich nicht nach Sängerin plus Studiomusiker, sondern nach richtiger Band. Und die Arrangements sind auch nicht glatt poliert bis zur Unkenntlichkeit – nein, hier spielen richtige Menschen richtige Gitarren, gerne auch mal ein bisschen verzerrt und schräg oder laid back bis zum Abwinken („That´s how every empire falls“). Da geht es beim Opener „Stations“ auch mal richtig düster zu oder dreckig-rotzig wie auf „No reason“, wo man die wohl ewig währende Verbindung Faithfulls zu den Rolling Stones am besten heraushört. Ehrlich: Das könnte eine echte Jagger/Richards-Nummer sein, so wie die Altmeisterin sie singt. Der weitere Verlauf des Albums leistet sich den einen oder anderen Lückenfüller – das ist aber schon Meckern auf hohem Niveau. Man kann es im Rentenalter ja auch wirklich etwas ruhiger angehen lassen – vor allem, wenn der Ruhestand so klingt wie hier. Die gut gemachte und vor allem sehr gut klingende Doppel-LP besitzt im Vergleich zur CD zwei Bonustracks – so wandeln sich die Zeiten!

Fazit