Kategorie: Vintage Hifi

Einzeltest: Electro-Voice Sentry III Series II


Boxenklassiker von Electro Voice der Sentry III (Vintage 1990er)

Vintage Hifi Electro-Voice Sentry III Series II im Test, Bild 1
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Dieses Mal haben wir uns mit der Vintage-Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes etwas aufgeladen; Sage und schreibe 71 Kilogramm wiegt so eine Sentry III, die unser armer Stapler vors Mikrofon wuchten muss

Aber mal im Ernst: Der Stapler hatte nicht so sehr das Problem – die Mitarbeiter, die zum Bewegen der Testobjekte verdonnert wurden, hatten es da auch wegen der leicht unhandlichen Abmessungen ein bisschen schwerer, schließlich hat es unser Leser Michael Weinert besonders gut gemeint und stand eines Tages mit einem Kleintransporter und zwei Paar Sentry III vor der Tür. Im ersten Teil unserer Geschichte soll daher er mal ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, bevor wir uns an die Messungen der Gesamtbox machen. In der kommenden Ausgabe nehmen wir uns dann die Einzeltreiber vor und schauen mal, inwieweit wir an der Weichenabstimmung noch etwas verbessern können.

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Die „Sammlung“


„Alle meine Erfahrung beruht auf meinen vier Sentrys, die ich gebraucht erworben habe. Die weißen Modelle 1989, die Nussbaum-Modelle 1998. Meine vier sind alle von Electro-Voice Schweiz laut Anschlussfeld. Die Schrauben sind metrisch. Die weißen Boxen waren angeblich in einer Disco im Einsatz, deswegen die Drahtgitter vor den Reflexöffnungen. Bei allen hat EV die Bässe selbst reconed. Es gibt viele Nachbauten. Vielfach wurden der TT durch irgendein Modell ersetzt, weil die Sicken defekt waren. Gerne auch durch welche mit harter Aufhängung. Aber auch Electro-Voice baute unterschiedliche Varianten ein. Ich habe zwei alte Pappen mit Spulen, die deutlich unterschiedlich sind.“  

Wie erkennt man originale Boxen?


„Unter jeder Box ist ein kleines schwarzes Brett zum Verschluss des unteren Reflexlochs montiert (Anmerkung: Die daraus resultierende tiefere Abstimmung muss mit einem aktiven Equalizermodul entzerrt werden, um im Bass linear zu bleiben). Hinten ist auf der abschraubbaren Abdeckung ein großes Papier (kein Standard-Format) mit technischen Informationen und es gibt einen angeklebten Seriennummern-Aufkleber mit EV-Logo. Unten rechts (von vorne gesehen) ist ein Metallschild mit SENTRY III und Electro-Voice angebracht (fehlt bei vielen, auch meinen). Das Anschlussterminal hat M4 Rändelmuttern (US-Version eher nicht metrisch), ist komplett schwarz und beschriftet, u. A. mit „Electro-Voice SA CH-2560 Nidau, Made in Switzerland“. Die Schrauben der Weichen-Abdeckung sind durchgehend schwarz. Bei Nachbauten fehlt gern der versenkte Hochton-Pegelschalter. Die Frontabdeckung hat rechts unten (von vorne) ein Stück Holz, weil davor das Logo montiert ist, leider direkt vor der Reflexöffnung. Das Dämmmaterial ist Glaswolle auf Papier.“  

Technik


„Der Tieftöner der Sentry ist ein großes Diskussionsthema. In meinen Sentrys dürfte es der DL15W sein, aber alle haben keine bekannte Typbezeichnung, nur Zahlen. Laut Schaltbild einer Frequenzweiche ist 815 9062 die korrekte Bezeichnung. Der ist in allen Boxen drin und trägt teils handschriftlich die Bezeichnung DL15W. Das wurde beim Reconen von EV geschrieben. In Prospekten und in der Preisliste des Bausatzes ist die Bezeichnung erkennbar nachträglich geändert worden. Danach soll es ein EVM 15L-OEM sein. Eine meiner Recone- Rechnungen von EV weist diverse Teile von unterschiedlichen Lautsprechern aus: Spule DLW, Spider DL18W, Gasket EVX155 1/4, Cone DL15W. Vielleicht sollte man EV dazu mal befragen, aber das wäre auch eine Entmystifizierung.“ Im Mittelton arbeiten EV 1823 oder 1824 Druckkammertreiber, im Hochton übernimmt das kleine Horn ST350A oder ST350B.  

Frequenzweiche:


„Laut Datenblatt (EDS EngineerigDataSheet) Sentry III Series II sind die Übergangsfrequenzen 600 Hz und 3.500 Hz. Der TT ist mit 12 dB/Okt, MT 18 dB/ Okt. (TT), 12 dB/Okt.(HT), der HT mit 12 dB/Okt. angebunden. Über den Pegelschalter wird eine 0,6 mH Induktivität mit Parallel-Widerstand vor MT und HT gebrückt. Alle Bauteile scheinen extra für EV gefertigt zu sein, anders sind die sehr krummen und keiner E-Reihe entsprechenden Werte kaum zu erklären. Der in allen Anleitungen geschilderte Umbau für eine externe Frequenzweiche kann so einfach nicht durchgeführt werden, weil sowohl Kabelfarben als auch kurze Drähte am Terminal innen fehlen. Alle meine Boxen haben einen Hochtonschutz, der in Plänen so nicht auftaucht. Keine Glühlampe, wie im EDS angegeben, sondern Relais, Gleichrichter, Elko, Poti. Für die Pegelabsenkung des MT gibt es unterschiedliche Spannungsteiler je nach MT: Der 1824 3,5/8 Ω, der 1823 2,5/13 Ω). Bei einem Paar Boxen ist der Hochpass HT mit 2,2 µ (Plan 1,5 µ), vielleicht weil es ST350 A und nicht B sind.“  

Messungen


Vor dem Mikrofon, in einem Meter Abstand auf Höhe zwischen den beiden Hörnern macht die Sentry III beileibe keine schlechte Figur: Trotz der für eine so große Box zu nahen Mikrofonierung sieht der Frequenzgang im Mittel ziemlich ausgewogen aus: Natürlich beeindruckt der linear bis unter 40 Hertz reichende Tieftonfrequenzgang – und das bei einem Pegel von 95 Dezibel an gerade mal einem Watt – die Sentry III hat ein Impedanzmittel von 8 Ohm. Der Impedanzverlauf ist sehr linear und damit absolut röhrentauglich. Der Größe der Box angemessen sind die Klirrmessungen, die zwar um 200 Hertz etwas ansteigen, insgesamt aber bis in den Tiefbass hinein rekordverdächtig niedrig bleiben. Erst bei brutal lauten 105 Dezibel verlässt die Sentry III etwas den Pfad der Tugend. Nicht so schön sieht das Wasserfalldiagramm aus, das verrät, dass es hier eine Menge Nachschwinger gibt, die zudem über die breiten Reflexkanäle fröhlich nach außen dringen können. Was im Frequenzgang schon leicht aufgefallen ist, kann man in der stark gesmoothten Raummessung deutlich erkennen: Es gibt bei 200 und 2000 Hertz zwei vorlaute Stellen, die auch mit Phasenproblemen verbunden sind – hier gibt es eventuell einen Ansatz für eine Weichenmodifikation.  

Klang


So einen Ausnahmelautsprecher muss man natürlich abends zelebrieren. Eine schlechte Nachricht an die Röhrenfraktion vorneweg: Man kann die Sentry III natürlich auch mit einer Single-Ended- Endstufe betreiben, aber wie bei allen so großen Boxen mit kräftigen Tieftönern verschenkt man so die Kontrolle im Bass. Ideal ist hier Bi-Amping mit einer anständigen Transistorendstufe im Bass und der Röhre für die Hörner. Ich habe mit einem Plinius-Vollverstärker keine Probleme gehabt und konnte die Wucht und Dynamik der Sentry in vollen Zügen genießen – nachdem alle Kollegen im Feierabend waren. Was soll ich sagen – so gerne ich gute, moderne Boxen zu schätzen weiß – gegen so eine brachiale Wucht wirken sie alle etwas blutarm und schmal auf der Brust. Natürlich hat das nichts mit 100-prozentig exakter Wiedergabe zu tun, aber der Spaßfaktor bei Rockmusik ist einfach irre hoch. Witzigerweise ist übrigens die einzige Box aus diesem Heft, die da halbwegs mitkommt, der Cheap Trick, aber auch dem geht im Bass vergleichsweise etwas früher die Puste aus. Und ja, man kann die Verfärbung bei 2 Kilohertz hören, die sich in einer gewissen Schärfe bemerkbar macht – man kann es aber auch positiv formulieren und sich über die besonders schneidende E-Gitarre von Angus Young freuen.

Fazit

Die Sentry III ist mit Recht einer DER Boxenklassiker – so viel Dynamik habe ich selten erlebt.

Kategorie: Vintage Hifi

Produkt: Electro-Voice Sentry III Series II

Stückpreis: um 1000 Euro

4/2022
Ausstattung & technische Daten 
Technische Daten:
Hersteller: Electro Voice 
Vertrieb: Electro Voice 
Konstruktion: Electro Voice 
Bauprinzip: Bassreflex 
Bestückung: 1x EV B15 / 1x EV 1824M mit SM-120 / 1x EV STA350B 
Wirkungsgrad: 95dB/2,83V 
Abmessungen (HxBxT): 92 x 73,5 x 53 
Kosten pro Stück: ab etwa 1000 Euro (gebraucht) 
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Thomas Schmidt
Autor Thomas Schmidt
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Datum 26.04.2022, 09:56 Uhr
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