Kategorie: Lautsprecher Stereo

Lautsprecher Apertura Forté


Die mit dem Vakuum tanzt

Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 1
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Der Deutschlandvertrieb schreibt an die brandneue Apertura-Box: „Davon träumen ihre Röhren!“. Zwar bin ich mir ob der unbewussten Vorgänge bei Glaskolben nicht ganz sicher, aber richtig ist: Dieser Lautsprecher und ein guter Röhrenverstärker – das ist eine Traumkombi.

Meine erste „professionelle“ Begegnung mit einem Lautsprecher des französischen Herstellers Apertura liegt etwa ein Jahr zurück. Und seit dem Test der „Edena Evolution“ habe ich gehörigen Respekt vor diesen Konstruktionen, die nur auf den ersten Blick wie ganz gewöhnliche Standboxen aussehen. Das gilt unbedingt auch für das brandneue, pro Paar 7500 Euro teure Modell „Forté“. Ich gebe zu, dass ich mich nach 45 Jahren Beschäftigung mit dem Thema Lautsprecher ziemlich anstrengen muss, um mich von einer mittelgroße Standbox mit zwei symmetrisch um eine Kalotte angeordneten 18-Zentimeter-Bässen hinter dem Ofen hervorlocken zu lassen.

Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 2Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 3Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 4Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 5Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 6Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 7Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 8Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 9
Die Edena Evolution seinerzeit hat das geschafft, die Forté nunmehr noch mehr. Wenn ein Hersteller groß mit der Fahne winkt, auf der „röhrenkompatibel“ steht, dann interessiert mich das. Leistungsvernichter, die mit allen Segnungen der modernen Hochleistungselektronik angesteuert werden wollen habe ich über die Jahre genug mitbekommen. Aber Lautsprecher, die mit zehn Watt oder weniger aus Glaskolben im Single- Ended-Betrieb klarkommen, die finde ich gut: Wirkungsgrad ist ein Zeichen konstruktiver Intelligenz, er erlaubt den Einsatz von hervorragend klingenden Verstärkerkonzepten, die sonst außen vor bleiben müssten. Und wenn ein solcher Lautsprecher dann noch wohnzimmertaugliches Format hat und keine Ansammlung von frisch aus einem Science- Fiction-Klassiker entsprungenen abenteuerlichen Trichtern ist, dann kriegt das Ding eine Chance. Die Apertura Forté ist genau das. Mit einem Wirkungsgrad in der Gegend von 93 Dezibel ist ein gewisses Maß von Eintaktkompatibilität gegeben. Der Umstand, dass es sich um eine Vier- Ohm-Konstruktion handelt relativiert die Sache mit dem Wirkungsgrad wieder etwas, aber immerhin. Die üblichen schwachbrüstigen Röhreneintakter mögen Lasten mit eher hoher Impedanz, hier muss die Praxis zeigen, ob’s trotzdem klappt.   

Gehäuse


Der Korpus der rund 115 Zentimeter hohen Standbox folgt der bei Apertura üblichen Formensprache: bloß keine parallelen Wände. Das läuft darauf hinaus, das Schall- und Rückwand in einem Winkel zueinander angeordnet und die beiden Seitenwände konvex geformt sind. Das sorgt für viel Stabilität und macht stehenden Wellen im Inneren außerdem das Leben schwer. Hinzu gesellen sich diverse Verstrebungen, die die Steifigkeit abermals verbessern. Der „Klopftest“ verdeutlicht: Die Kisten ist wirklich knochenhart.

Lautsprecher Stereo Apertura Forté im Test, Bild 6
Das Reflexrohr tritt auf der Boxenrückseite aus
Die Gehäusedämmung ist bei Apertura üblicherweise eine recht komplexe Angelegenheit mit verschiedenen Materialien, die an unterschiedlichen Orten zu Einsatz kommen. Ein Blick ins Innere der Forté offenbarte, dass man den Materialmix um eine weitere Variante ergänzt hat – nämlich um eigentlich als Verpackunsgmaterial gedachte Luftpolsterfolie. Was möglicherweise eine gute Idee ist. Die Bassabteilung ist eine Bassreflexkonstruktion. Das zur Vermeidung von Strömungsgeräuschen recht große Reflexrohr tritt weiter oben an der Rückwand aus, man verzichtet also bewusst über eine zusätzliche „Ladung“ über den Fußboden. Das würde zwar mehr Bass suggerieren, tut der Präzision aber nicht gut.   

Treiber


Besagter Blick ins Innere weist die Tiefmitteltöner als Produkte des norwegischen Herstellers Seas aus. Dabei handelt es sich um ziemlich hoch belastbare Typen mit angenehm geringer bewegter Masse (14 Gramm), was dem Wirkungsgrad zugute kommt. Die 39 Millimeter durchmessende Schwingspule geriet besonders leicht, die nur am Rand beschichtete mit Schilffasern verstärkte Papiermembran tut ein Übriges zur Gewichtsreduktion. Das Ganze steckt in einem zierlichen Gusskorb, der Verluste reduzieren hilft. Hintendran sitzt ein kräftiger Ferritantrieb, der ordentliche Hübe erlaubt – wenn man’s drauf anlegt, sind bis zu 22 Millimeter drin. Bei 3,1 Kilohertz übergibt das aus zwei parallelgeschalteten Treibern bestehende Ensemble an den Hochtöner. Dieser stammt vom bestens beleumdeten Zulieferer SB Acoustics und ist mal nicht, wie bei Apertura sonst üblich, ein Folienhochtöner. Das eingangs locker in den Raum geworfene Wort „Kalotte“ trifft’s allerdings auch nur halb: Es handelt sich um eine in der Mitte fixierte Kalottenmembran, die deshalb nicht vollflächig schwingt, sondern ringförmig. Deshalb nennt man das Ganze auch „Ringstrahler“.   


Frequenzweiche


Die Filterung ist von minimalistischer Natur und beschränkt sich auf Netzwerke erster Ordnung. Wenig Komplexität an dieser Stelle ist etwas, das dem Einsatz an Röhrenverstärkern zugute kommt, die mögen komplexe Filter üblicherweise nicht so gerne. Angeschlossen wird die Forté über ein hochwertiges Paar Schraubklemmen, Bi-Wiring oder ähnliche Spielereien gibt’s nicht.  


Klang


Reden wir nicht drumherum: Die Forté und der Unison Simply 845 – das ist es. Mit keiner anderen Kombi habe ich einen so feinen, geschmeidigen und superentspannten Sound hinbekommen wie mit dieser. Kaum jemand kann das besser unter Beweis stellen als Paul Desmond und Jim Hall mit ihrer 1964er Kooperation „Easy Living“. Für dieses Album wurde der Begriff „Wohlklang“ erfunden. Mit diesem Setup erklärt sich die Bedeutung dessen von selbst. Unendlich weich, aber trotzdem perfekt detailliert geben die beiden Herren alles. Der Kontrast zwischen dem hauchzarten Altsax und Halls perfekt defensivem Gitarrensound könnte bei allen Gemeinsamkeiten in der Klangästhetik nicht größer sein. Und da das Ganze brutal „doppelmono“ gemischt ist, sprich: die Gitarre konsequent links, das Sax konsequent rechts kann man gleichzeitig zwei komplett unterschiedliche Klanguniversen erleben. Dass die Kette das so selbstverständlich darstellen kann finde ich höchst bemerkenswert. Mit einer kleinen Parasound- Kombi, die ich kurz bei den Kollegen der Hifitest ausgeborgt habe, ist von der Magie merklich weniger zu spüren. Eigentlich bin ich kein großer Fan der skandinavischen Ringstrahler, die hier den Hochtonbereich besorgen. Hier allerdings muss ich Abbitte leisten. Das Schlagzeugblech tönt so fein ziseliert, vollkommen frei nach oben heraus und komplett ohne Härten – das kann man genau so wollen. Die teilweise unendlich frei durch den Raum schwirrenden Becken auf dieser Aufnahme sind ein echtes audiophiles Highlight. Der Bass tönt stramm, erfreulich voluminös und farbstark. Der komplette Lautsprecher suggeriert ein strammes Timing, Disziplin und perfektes Andocken aller Frequenzbereiche. Während ich Trennfrequenzen bei Mehrwegesystemen normalerweise ganz gut schätzen kann, tue ich mich hier ziemlich schwer damit.  Ich halte Rainbows 1977er Doppelabum „On Stage“ für eines der besten Live-Alben der Rockmusikhistorie, sowohl musikalisch als auch klanglich. Ich leg‘s nicht allzu oft auf und wenn, dann vorzugsweise auf großen Systemen, mit denen man dem Live-Erlebnis zumindest nahe kommen kann. Das klappt mit der Apertura zwar nur in Grenzen, aber: Bereits nach wenigen Takten von „Catch The Rainbow“ ist man drin. Und zwar mit Haut und Haaren. Dynamisch explosiv, mit ganz viel Gefühl in Ronnie James Dios Stimme, ein hier mal erfreulich zurückhaltender, aber nicht minder begnadeter Ritchie Blackmore an der Gitarre – das ist eine hochemotionale Angelegenheit. Und dieses Schlagzeug: Stramm, präzise, aber mit dieser rohen Kraft des Live-Eindrucks. Großartig. Und wieder so ein Lautsprecher, dem man es nicht ansieht, wie faustdick er es hinter den Membranen hat. Mein Kompliment nach Frankreich!  

Fazit

Das Versprechen ist kein leeres: Die Apertura Forté erweist sich als bestens aufgelegter Spielpartner für Röhrenverstärker aller Couleur, ab zehn Watt kann man auch richtig ernsthafte Pegel realisieren. Dabei klingt sie stramm im Bass, bestens integriert und atmosphärisch absolut überzeugend.

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Kategorie: Lautsprecher Stereo

Produkt: Apertura Forté

Preis: um 7500 Euro (pro Paar)

12/2023

Die Apertura Forté erweist sich als bestens aufgelegter Spielpartner für Röhrenverstärker aller Couleur

Apertura Forté

Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Sieveking Sound, Bremen 
Telefon 0421 6848930 
Internet www.sieveking-sound.de 
Garantie 2 Jahre 
H x B x T 328 x 1110 x 334 mm (inkl. Auslegern) 
Gewicht: ca. 28 kg 
Unterm Strich... Das Versprechen ist kein leeres: Die Apertura Forté erweist sich als bestens aufgelegter Spielpartner für Röhrenverstärker aller Couleur, ab zehn Watt kann man auch richtig ernsthafte Pegel realisieren. Dabei klingt sie stramm im Bass, bestens integriert und atmosphärisch absolut überzeugend. 
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Holger Barske
Autor Holger Barske
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Datum 01.12.2023, 10:03 Uhr
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Topthema: Feurig
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High-End-Standbox mit ESS AMT

Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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