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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenEinzeltest: Horns Atmosphere
Mehr Sein als Schein
Gerade war ich mit meinem besten Freund in Frankfurt und durfte dort in der Festhalle ein Livekonzert der Schweizer Electro-Avantgardisten Yello erleben – ein Klangerlebnis der ganz besonderen Art. Und am Tag danach sitze ich frühmorgens im Verlags-Hörraum in Duisburg und fühle mich – fast – wie am Vorabend …
Das liegt weniger am Ambiente und auch nur zum Teil daran, dass Yellos „Kiss the Cloud“ läuft – vielmehr sind es die Lautsprecher, mit denen ich höre, die mir Teile dieses intensiven Live-Erlebnisses wieder vor die inneren Augen führen. Hauptdarsteller in Duisburg ist anders als in Frankfurt kein Line-Array, sondern ein Kompaktlautsprecher von moderaten Abmessungen, der unbedingt als wohnraumfreundlich, ja geradezu als schick durchgeht. Die „Atmosphere“ sind der neueste Streich der Lautsprechermanufaktur hORNS aus dem polnischen Lublin.
Und wenn man bei den hORNS-Modellen von Konstanz sprechen kann, dann bezieht sich das auf den Umstand, dass so gut wie kein Modell dem anderen gleicht – bis auf die beiden Aria-Modelle und die Atmosphere sind nämlich alle Lautsprecher des Herstellers maximal unterschiedlich und teilweise ungewöhnlich geformt. Insbesondere die (mit den Atmosphere in etwa preisgleichen) Mummy haben mit ihren lasziven Kurven schon so einiges an Aufsehen erregt. Viel mehr „anders“ geht eigentlich kaum. Die Modelle der FP-Serie sind zwar kubisch geformt, allerdings gehen die Dimensionen eher in Richtung Überseekoffer – ein 38er-Basstreiber in der Frontplatte braucht eben Fläche. Das Topmodell des Hauses hört auf den Namen Universum, und ungefähr so viel Platz benötigen diese Lautsprecher auch im Hörraum des stolzen Besitzers. Okay, das ist übertrieben, doch die ausladende Drei-Wege-Hornkonstruktion ist sicherlich kein Platzsparer für beengte Verhältnisse. Die vergleichsweise konventionell aussehenden und bestückten Aria und Atmosphere teilen sich als identitätsstiftendes Merkmal den auf die Frontplatte aufgesetzten Trichter (eine Eigenentwicklung von hORNS, die so nirgends anders zu finden ist), der für den dahinterliegenden Druckkammertreiber mit Mylar-Membran als Hornfortsatz fungiert. Selbiger lässt sich, ebenso wie das massiv verarbeitete und angesichts der kompakten Maße richtig schwere Gehäuse aus 28 Millimeter dickem MDF in so gut wie allen erdenklichen Farben bestellen, die je nach Aufwand Aufpreis kosten können. Unter dem Hochtontreiber sitzt ein 17,5-Zentimeter-Tief-/Mitteltöner mit einer Papiermembran mit Nextel-Beschichtung und einem Aluminium-Phase-Plug, der auf ein 19 Liter großes Volumen in seinem Rücken spielt. Getrennt werden die beiden Chassis von einer mit Mundorf-Kondensatoren und einer Impedanzkorrektur ausgestatteten Frequenzweiche mit einer Flankensteilheit von 12 dB pro Oktave, so dass die Phasendrehungen im Rahmen bleiben sollten. So weit, so normal – auf der Rückseite sieht es dagegen schon ungewöhnlicher aus. Dort befindet sich nämlich ein weiteres 17,5-Zentimeter-Chassis, das allerdings eine Membran aus Carbon besitzt und dessen eigener Antrieb aus Spule und Magnet ohne Verbindung zum Verstärker beziehungsweise zur Frequenzweiche auskommen muss. Es handelt sich also prinzipiell um einen passiven Treiber, der die Atmosphere im Bassbereich unterstützen soll – zusätzlich zum ebenfalls auf der Rückseite befindlichen Bassreflexrohr. Jetzt werden sich Kenner fragen: Bassreflex UND Passivmembran? Ja, so ist es, und zwar mit voller Absicht. So ein wenig hüllt man sich bei hORNS diesbezüglich in Schweigen; nur, dass der Lautsprecher im Prinzip als Bassreflex-System arbeitet, dem man eine zusätzliche Bassverstärkung implantiert habe, lässt man uns wissen. Nun gut, nehmen wir diese seltene Konstruktion mal als gegeben hin. Der Clou der Passivmembran ist jedoch, dass sie, anders als herkömmliche Vertreter ihrer Art, mit Spule und Magnet daherkommt, und der Besitzer die Spule des Treibers mittels eines kleinen Zugschalters kurzschließen kann. Daraus resultiert eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit der Membran und damit eine Reduktion des Bassbereichs (wenn wir mal davon ausgehen, dass in normal großen Räumen der Modus mit Passivmembran der Default ist) auf rein mechanische Art, also ohne zusätzliche Bauteile im Signalweg. Clever! Unter Passivmembran und Bassreflexport befindet sich ein sehr hochwertig ausgeführtes Single-Wiring-Terminal, das Bananas ebenso aufnimmt wie Kabelschuhe. Schön, dass die Ports einigermaßen weiten Abstand voneinander haben, das gibt mir ein beruhigendes Gefühl, dass ein Kabelkurzschluss so gut wie unmöglich ist. Die Verarbeitung der hORNS Atmosphere ist, mit einem Wort gesagt, makellos. Weder die Einpassung der Treiber noch das Terminal geben Anlass zur Kritik, auch die lackierte Oberfläche ist glatt und auch bei kritischem Blick unter der Neonleuchtröhre frei von Orangenhaut. Nun ans Eingemachte!Klang
Ich höre privat in meiner Zweitanlage mit der bereits erwähnten hORNS Mummy, die bei mir an einem Linn Majik DSM hängt. Kürzlich durfte ich erfahren, dass ein hochwertiger und kräftiger Transistorverstärker – im konkreten Fall der Balanced Audio Technologies VK-3000SE (um 9.500 Euro) einen Sound aus diesen Lautsprechern zaubern kann, der mir zuvor nur schwerlich vorstellbar schien. Eine kurze Rücksprache mit dem Vertrieb bestätigt: So gut die Lautsprecher von hORNS generell auch mit Röhrenverstärkern harmonieren, so sehr belohnen sie Investitionen in eine höhere Verstärkerleistung, sagt Björn Kraayvanger von Len Hifi . Also verbandele ich die hORNS Atmosphere, die mit 86 dB/1 W/ 1 m sowieso einen eher hornuntypischen Wirkungsgrad aufweisen, mit dem Class-D-Vollverstärker Josef von der Wiener Lautsprechermanufaktur, der uns im Paket mit den WLM Maria zum Test erreicht hat. Und wer jetzt denkt, das sei eine Frevelei, der muss sich eines Besseren belehren lassen, denn die Kombi funktioniert sogar außerordentlich gut! Und natürlich starte ich den Testmarathon mit Yello, und zwar mit „Kiss the Cloud“ vom Album „Toy“, das ich noch vom Konzert des Vorabends bestens im Ohr habe. Und auch wenn die hORNS Atmosphere schnell klarmachen, dass sie keine übermannshohen Line Arrays mit massiver Subwooferunterstützung mittels 46er-Membranen in horngeladenen, kühlschrankgroßen Boxen sind, so tun sie das auf eine äußerst angenehme Weise. Denn die überragende Schnelligkeit, die direkte Ansprache sowie die feinstoffliche Textur der oberen Frequenzen dieser Boris Blankschen Klanglandschaft vermag der Kompaktlautsprecher aus Lublin mit überraschender Authentizität darzustellen. Der Raum spannt sich extrem weit und von den Lautsprechern losgelöst auf, die Auflösung des Druckkammertreibers ist phänomenal fein granuliert, und die Ausdehnung nach oben hin scheint keine Grenzen zu kennen. Dabei bleibt der Hochtöner exemplarisch sauber bis in sehr hohe Pegel hinein, auch bei diesbezüglich kritischerem Material wie dem sehr rau produzierten Pagan Black Metal von Myrkur auf „Mareridt“. Ebenda findet sich auch eine recht druckvoll eingefangene Cello-Passage zu Beginn von „The Serpent“, die die Atmosphere mit minimaler Betonung des Oberbasses bei aktivierter Passivmembran und unter besonderer Beachtung von strahlenden Klangfarben reproduzieren. Die breite Farbpalette erstreckt sich auch in den Mittelton, der mit derselben Durchsichtigkeit wie der Hochton gesegnet ist. Die Atmosphere schafft es genauso wie die Mummy, dreidimensional-plastische Klangkörper im Raum zwischen Lautsprecher und Hörer zu schaffen – anders als die Geschwister mit den extravaganten Kurven leuchten die Atmosphere den Raum auch sehr weit in die Tiefe hinter der Lautsprecherbasis aus. Am unteren Ende des Frequenzbandes treffe ich auch in Nicolas Jaars „Colomb“ auf den vollen Oberbass, dessen Anschluss nach unten für eine Box dieser Größe erstaunlich souverän ausfällt. Irgendwann steigt die Atmosphere allerdings einfach aus, und zwar etwas konsequenter als die meisten Bassreflex-Konstruktionen. Deuten selbige meist den allertiefsten Bass im Mittelteil des Tracks noch an (ebenso wie die ultratiefen Bassimpulse von Yellos „Kiss the Cloud“), so muss ich mich bei den Atmosphere schon sehr anstrengen, noch etwas davon mitzubekommen. Schalte ich die passive Bassreduktion ein (also schließt die Spule der Passivmembran kurz), so scheint der Bass gefühlt ein kleines bisschen tiefer runterzugehen – ich kann mir diesen Effekt nur dadurch erklären, dass der Oberbass etwas weniger füllig spielt und die tieferen Frequenzen weniger überdeckt, denn eigentlich misst sich die Atmosphere ohne Bassreduktion etwa 5 Hz tiefer, sagt Lukasz Lewandowski von hORNS. Wie gesagt: Hierbei handelt es sich um zwei Extrembeispiele mit Frequenzen, die in 99,9 % der Stücke sowieso abwesend sind. Bei allem, was darüber passiert, zeigen die hORNS Atmosphere exemplarische Klangeigenschaften: Eine sehr weite Ausdehnung im Hochton, eine extreme Auflösung ebendort und im Mitteltonbereich, überragende Transientenschnelligkeit über das gesamte Frequenzspektrum, realistische Klangfarben und eine bestechend weiträumige Abbildung mit dreidimensionaler Plastizität.
Fazit
In kleineren bis mittelgroßen Räumen oder dank passiver Bassregelung auch bei wandnaher Aufstellung ein kaum zu schlagender Kompaktlautsprecher in der Klasse um 5.000 Euro.Kategorie: Lautsprecher Stereo
Produkt: Horns Atmosphere
Preis: um 5300 Euro
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>> Mehr erfahren>> Alle anzeigenPaarpreis | ab 5.300 Euro, (inkl. Ständer 6.000 Euro) |
Vertrieb | LEN Hifi , Duisburg |
Telefon | +49 (0) 2065 / 544 139 |
Internet | www.lenhifi.de |
Garantie (in Jahre) | 3 Jahre |
B x H x T (in mm) | 575/238/365 |
Gewicht (in Kg) | 20 kg (Standfuß 10 kg) |
Ausführungen | jede RAL-Farbe, auch Sonderfarben wie Metalliclacke von Autoherstellern |
Nennimpendanz | 8 Ohm |
Fazit | In kleineren bis mittelgroßen Räumen oder dank passiver Bassregelung auch bei wandnaher Aufstellung ein kaum zu schlagender Kompaktlautsprecher in der Klasse um 5.000 Euro. |