Musikrezension: Keith Jarrett – Bordeaux Concert (ECM)

Die große Wertschätzung für einen Künstler offenbart sich auch in der Tatsache, dass innerhalb einer Tournee nicht nur ein Konzert mitgeschnitten wird, oder es ein „Best Of“ verschiedener Auftritte gibt. Bei Keith Jarrett ist jedes Konzert ein einmaliges Erlebnis und wird demnach auch mit einer eigenen Veröffentlichung gewürdigt. Aus seiner letzten Europatournee im Jahr 2016 wurden bereits die Auftritte in München und Budapest bei ECM verlegt, die nun auch das Konzert in Bordeaux, das zeitlich zwischen diesen beiden stattfand, veröffentlichen. Wie üblich tragen seine Improvisationen keinen Namen und sind schlicht von 1 bis 13 durchnummeriert. Da jeder Auftritt auch Ausdruck seiner Stimmung in diesem Moment ist, lohnt es sich – insbesondere, wenn man ausdrücklicher Jarrett- Fan ist - auch diesen Mitschnitt zu erwerben. Er erfindet das Rad zwar nicht jedes Mal neu, es ist aber immer wieder interessant zu beobachten, wie sich die Schwerpunkte von Konzert zu Konzert verändern. In Bordeaux war seine lyrische Seite besonders stark ausgeprägt und je länger das Konzert andauerte, umso mehr schien er zu vergessen, dass er vor Publikum spielt. Er widerlegt an diesem Abend auch die aus verschiedenen Ecken vorgetragene Kritik, er würde Auftritte nur noch zur Selbstinszenierung nutzen. Die mit großer Emotion dargebotene Vorstellung präsentiert einen Künstler, der ganz bei sich ist, mit sich und seiner Umgebung im Reinen und nur der Musik als Kunstform verpflichtet. Passagen, die von einer gewissen Düsternis geprägt sind, wechseln sich ab mit Momenten voller Hoffnung, Klarheit und positivem Vibe. Leider führten im Jahr 2018 zwei Schlaganfälle dazu, das Keith Jarrett nicht mehr beidhändig Klavier spielen kann und sich somit sein scheinbar positiver Blick in die Zukunft nicht bewahrheitet hat.

Fazit