Kategorie: Tonarme

Tonarm Studo „Der Schwebende“


Dreiecksbeziehung

Tonarme StuDo „Der Schwebende“ im Test, Bild 1
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Eins sage ich Ihnen gleich: Das hier wird keiner der üblichen Testberichte. Dafür ist der hier zu begutachtende Gegenstand zu exotisch und im Handling zu speziell. Aber: Irgendwie ist er auch großartig.

Allgemeines


Jawohl, es ist ein Tonarm. Aber keiner wie jeder andere. Und er hat tatsächlich noch nicht einmal eine offizielle Typenbezeichnung. Ein Messebesucher hat ihn mal „den Schwebenden“ genannt, das ist jetzt der innoffizielle Name für die Konstruktion. Und tatsächlich ist der Arm sogar so besonders, dass der Hersteller Sie nicht mit ihm alleine lassen möchte. Soll heißen: Wenn Sie Udo Steinbüchels – so heißt der Mann hinter dem kleinen rheinischen Hersteller „Studo“ - Tonarm tatsächlich erwerben, dann ist ein Besuch des Herstellers bei Ihnen mit im Preis inbegriffen, zumindest innerhalb Deutschlands. Und zwar nicht (nur) zum netten Plausch bei Kaffee und Kuchen, sondern um das gute Stück auf Ihrem Plattenspieler einzurichten. Brauchen Sie nicht, können Sie auch alleine? Habe ich mir zu Beginn dieses Abenteuers natürlich auch gesagt und ich will nicht verhehlen: Ich war ein paarmal kurz vor dem Scheitern. Was aber macht den Umgang mit diesem Arm denn so kompliziert? Dazu müssen wir uns zunächst mit elementarer Physik beschäftigen.  

Dreieckiges


Warum kippelt ein Stuhl? Weil eines seiner vier Beine ein wenig in der Luft hängt und damit keine stabile Lagerung der Sitzfläche gewährleistet ist. Die eleganteste Methode, so etwas zu vermeiden besteht darin, ein Bein wegzulassen.

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Was man dann hat, ist eine so genannte stabile Dreipunktlagerung. Schon mal unter Ihren Plattenspieler geguckt? Die Wahrscheinlichkeit, dass der auf drei Füßen ruht ist ziemlich groß – eben aus diesem Grunde. Was in der Ebene zusammengesetzfunktioniert, lässt sich elegant eine Dimension weiter ins Räumliche weiterdenken, und genau das hat Udo Steinbüchel bei seinem Tonarm getan: Auch hier gibt es nämlich einen Punkt, der sich jederzeit „kippelfrei“ an einer exakt definierten Posititon im Raum zu befinden hat – den Lagerpunkt. Bei vielen üblichen Tonarmen stellt sich das Problem nicht. Weil der Armdrehpunkt bauartbedingt über den Armschaft immer an der gleichen Stelle gehalten wird. Das gilt sowohl für kardanisch wie auch für die meisten einpunktgelagerten Tonarme. Eine Ausnahme bilden solche Konstruktionen, die den Drehpunkt nachführen, um eine tangentiale Abtastung zu erzielen (Garrard, Schröder, Reed, Thiele, …), aber darum soll’s hier nicht gehen. Der Studo-Arm ist eine Einpunktkonstruktion, bei der der Lagerpunkt in der Luft hängt – oder zumindest fast, weil er von drei Fäden an Ort und Stelle gehalten wird. Diese Art der Dreipunktlagerung sorgt für eine ortsfeste Position des Lagers – hier schließt sich der Kreis zum Dreieck. Das Ergebnis ist eine elegante filigrane Konstruktion, in der ein paar interessante Ideen stecken – und ein paar Probleme. Ausführungen Bei einem so speziellen Produkt wie diesem Arm lassen sich eine Vielzahl von Parametern individuell verabreden. In der Basisversion verfügt „der Schwebende“ über ein zwölf Zoll langes Tonarmrohr aus Palisander, Ebenholz oder Mahagoni. In dieser Basisversion kostet er 6000 Euro – inklusive Aufbau bei Ihnen zu Hause. Unser Demo-Modell unterscheidet sich von der Basisversion in diversen Punkten, das beginnt schon bei der Länge: Dieser hier ist nämlich 13,5“ lang und besteht aus rarem Königsholz.  

Aufbau


Das Herzstück des Arms ist besagtes Lager: Drei Fäden aus dem extrem dehnungsarmen High-Tech-Werkstoff Dyneema sind an zwei Auslegern ganz oben am Lagerschaft montiert und treffen sich weiter unten im Lagerpunkt.

Tonarme StuDo „Der Schwebende“ im Test, Bild 5
Das ist das Besondere an diesem Arm: das an drei Fäden hängende Lager
Dieser wird von einem kleinen hoch präzisen Vollkeramikkugellager mit minimalem Losbrechmoment gebildet. Dieses sitzt innen im Armrohr und sorgt dafür, dass sich der Tonarm ungehemmt drehen kann. Versuche ohne dieses Lager hat der Konstrukteur natürlich ebenfalls gemacht, die Verdrehung der drei Seile am Lagerpunkt hat jedoch zu unerwünscht hohen Skatingkräften geführt. Der Arm wird nur von den drei Seilen an Ort und Stelle gehalten, was ihm seine einmalig filigrane Optik verleiht. Das Gegengewicht ist ein ordentlich schweres (200 Gramm) mit Kupfer gefülltes Aluminiumrohr, dass recht dicht am Lagerpunkt sitzt. Es baut sehr tief, was Schwankungen des Azimuts eindämmen hilft. Am vorderen Ende ist ein drehbares Metallplättchen angeschraubt, dass als Tonabnehmermontageplatte dient. Diese gibt’s wahlweise in Aluminium, Edelstahl oder Bronze, dazu auch noch in verschiedenen Stärken. Der Hersteller kann Ihnen genau sagen, welche Variante am besten zu Ihrem Abtaster passt. Der Arm hat in der Standardversion eine erstaunlich geringe effektive Masse von lediglich 14,5 Gramm, diese kann in Grenzen über das Montageplättchen verändert werden.   Den Signaltransport besorgt normalerweise eine aus 65 OFC-Kupfer-Einzeladern per Hand zusammengesetzte Leitung. Sie besitzt sogar eine gewisse Abschirmwirkung und ist sehr weich, behindert den Arm bei der Drehung also praktisch gar nicht. Alternativ kann man auch eine massive Silberinneverkabelung bekommen. Was es nicht gibt: eine Antiskating-Vorrichting. Udo Steinbüchel hält sie nicht für erforderlich. Der Tonarmlift ist eine rein mechanische Lösung mit Drehknopf ohne jegliche Dämpfung. Der Konstrukteur ist generell kein Freund von Dämpfungsmaßnahmen an Tonarmen. Auf die Frage nach den Vorteilen seines „Dreifadenlagers“ gegenüber konventionellen Lösungen argumentiert der Mann mit einer gewissen Elastizität in Richtung der Tonarmachse, die er für das betont mächtige Klangbild mitverantwortlich hält.  

Montage


Die Montage des Arms ist eine nicht ganz unkomplizierte Angelegenheit, weshalb der Konstrukteur ihn normalerweise auf einer schweren Edelstahlbasis freistehend neben dem Laufwerk betreibt.

Tonarme StuDo „Der Schwebende“ im Test, Bild 3
Der Tonarm kommt im Spezialkoffer, anders wäre er auch kaum zu transportieren
Da der Armdrehpunkt über rund fünf Zentimeter Offset zum Lagerschaft verfügt, Bräuchte es eine ungewöhnlich lange Armbasis, um das gute Stück direkt auf dem Laufwerk zu verbauen. Natürlich konnte ich es mir nicht nehmen lassen, für den Air Force III eine solche Basis zu fertigen. Das hat auch funktioniert, sieht aber so improvisiert aus, dass ich Ihnen den Anblick erspare. Gegen die Lösung mit der freistehenden Metallbasis ist auch absolut nichts einzuwenden. Bedingt durch die vielen Freiheitsgrade des Arms ist die Justage der geometrischen Parameter, sagen wir mal, nicht ganz einfach. Alleine das Einstellen das Montageabstandes ist ohne Fluchen kaum zu bewerkstelligen, auch der Einbau eines Tonabnehmers erfordert eine Menge Geduld und Fingerspitzengefühl. Deshalb ist der „Vor-Ort-Service“ des Herstellers eine bedingungslos gute Idee.   

Klang


Bewusst habe ich zunächst ein schnödes Denon DL-103 in den Studo-Arm geschraubt, teurere Preziosen waren mir ob des komplizierten Einbaus zu riskant. Die ersten Töne aus der Kombi zeigten aber, dass hier eine Menge Potenzial drinsteckt: Danny Careys Schlagzeug auf Tools „Invincible“ hatte satt Substanz und Schub, Ray Browns Kontrabass brummte unnachahmlich, Ella Fitzgerald sang mit Verve und Ausdruck. Bei Esbjörn Svenssons Klavier hätte ich mir eine Spur mehr Gefühl beim Ausschwingen gewünscht. Die letzte Präzision war „des Schwebenden“ Sache auch nach Montage des Goldring Ethos SE nicht, er versüßt das aber mit enormer Kraft und traumhaft atmosphärischer Stimmwiedergabe.

Fazit

Sicherlich kein Tonarm für Jeden, Liebhaber des Besonderen dürften an seiner extrem kräftigen und emotionalen Wiedergabe jedoch viel Spaß haben.

Kategorie: Tonarme

Produkt: StuDo „Der Schwebende“

Preis: um 6000 Euro

7/2024

Liebhaber des Besonderen dürften an seiner extrem kräftigen und emotionalen Wiedergabe viel Spaß haben.

StuDo „Der Schwebende“

Ausstattung & technische Daten 
Vertrieb Udo Steinbüchel, Niederkassel 
Telefon 02208 5615 (ab 17:00 Uhr) 
Internet www.studo-hifi.de 
Garantie (in Jahre) 2 Jahre 
Abmessungen: ausführungsabhängig 
Gewicht: ausführungsabhängig 
Unterm Strich... Sicherlich kein Tonarm für Jeden, Liebhaber des Besonderen dürften an seiner extrem kräftigen und emotionalen Wiedergabe jedoch viel Spaß haben. 
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