Kategorie: Vollverstärker

High-End-Vollverstärker · Circle Labs A200


Humane Verstärkung

Vollverstärker Circle Labs A200 im Test, Bild 1
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Newcomer haben es auf dem hart umkämpften HiFi- und High-End-Markt schwer und leicht zugleich. Schwer, weil der Markt übervoll ist und leicht, weil besondere Produkte wie der Circle Labs A200 immer ihren Weg finden.

Hintergrund


Krzysztof Wilczyński ist Diplomingenieur für Werkstofftechnik und hat seine Firma 2007 gegründet. Bis 2019 hat er allerdings nur als Zulieferer für andere Firmen fungiert, speziell im Bereich Biotech, wo seine Produkte dafür verwendet werden, um Gehirnströme zu messen. Der Mann versteht also etwas von feinen Signalflüssen. Offensichtlich lastete ihn diese Arbeit aber nicht ganz aus oder es war eben der unheilbare Audiovirus, der dazu führte, dass er in seiner Freizeit vor allem Verstärker konstruierte und baute. Wenn ihn Kunden dann fragten, warum er keine kommerziellen Produkte daraus mache, antwortete er immer, sie seien noch nicht fertig.

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Er outet sich damit als Perfektionist, der alles selbst machen möchte und wo er das nicht kann, gerade Bauteile so lange testet, bis er den idealen Widerstand, den perfekten Kondensator, die beste Röhre oder Verkabelung für den jeweiligen Verwendungszweck gefunden hat. Nach 25 Jahren war es 2019 schließlich so weit, Circle Labs wurde aus der Taufe gehoben. Der A200 Vollverstärker und alle weiteren Produkte, die nun peu a peu auf den Markt kommen, sind also gewissermaßen das Destillat aus 25 Jahren Forschung und der Erprobung unzähliger Schaltungen, die zu dem führten, was wir heute sehen und hören.  

Björn Kraayvanger, der deutsche Vertriebschef von Len Hifi , stieß vor etwa eineinhalb Jahren in den Weiten des Internets auf den Vorgänger des A200 und war sofort neugierig. Damals war noch ein Vertriebsmann im Spiel, das Interesse geriet ins Stocken. Doch nachdem Kraayvanger direkten Kontakt zu Krzysztof Wilczyński aufgenommen hatte, war die Sache schnell geritzt und er übernahm den Vertrieb für Circle Labs. Neben dem A200 gibt es aktuell noch den P300 Vor- und die M200 Stereoendstufe, eine Phonostufe ist in Arbeit.  

Technik und Schaltungstopologie


Krzysztof Wilczyński war so freundlich, mir die Topologie seines Vollverstärkers ausführlich zu beschreiben. Mit möglichst kurzen Signalwegen verschaltet folgen aufeinander: Eingangswahlschalter, Volumeregler, Röhrenvorstufe und Transistorendstufe. So weit, so normal. Doch die Liebe steckt natürlich in vielen Details. So arbeitet der Eingangswahlschalter mit hermetisch gekapselten Relais.

Vollverstärker Circle Labs A200 im Test, Bild 5
Die Frontplatte des A200 ist aus Glas und verleiht ihm einen extrem hochwertigen Auftritt. Das Logo in der Mitte samt den Goldinlays macht optisch auch was her
Der Volumeregler ist auch ein echtes Schmankerl vom polnischen Spezialisten Khozmo. Die haben für Circle Labs ein Widerstandsnetzwerk hergestellt, das wiederum mit hermetisch gekapselten Relais geschaltet wird - eine sehr gute Idee nach meiner Erfahrung. Wilczyński findet das natürlich auch, sonst hätte er diese teure Lösung nicht verwendet. Er hatte alles getestet, was der Markt hergab und findet, dass diese Lösung erstens besonders langlebig und präzise arbeitet und zweitens nicht nach Poti klingt, sondern vollkommen neutral.  

Röhrenvor- und Transistorendstufe


Die Röhrenvorstufe ist um die Siemens ECC8100 Doppeltriode herum konstruiert. Mittels eines Steckers auf der Platine, kann man auch die ECC88 einsetzen. Ungewöhnlich sind die Batterieheizung für die Anode und der Verzicht auf den typischen Kathoden widerstand. Diese Konfiguration hat sich gegen unzählige andere durchgesetzt, weil sich damit laut Wilczyński der sauberste Frequenzgang, eine ideale Verstärkung und der neutralste Klang ohne zu viel Röhrenmolligkeit erreichen lässt. Eine Doppeltriode, wenige Bauteile und eine saubere Stromversorgung, das ist sein Rezept. Im Signalweg setzt Krzysztof Kupferfolie-Polypropylen- Kondensatoren ein. Und schließlich folgt noch die Transistorendstufe, von der er sagt, dass sie eigentlich nicht seine erste Wahl gewesen sei. Denn ursprünglich wollte er einen reinen Röhrenverstärker bauen und hat Wochen damit zugebracht, Ausgangsübertrager dafür zu wickeln. Leider klang jeder anders und kaum einer neutral genug für seine Ohren. Eine OTL-Endstufe gefiel ihm da schon besser – aber 1000 Watt Leistungsaufnahme für 2 x 20 Watt Leistung? Also fing er an, Transistorschaltungen aufzubauen. Nachdem er sich in megakomplexen Schaltungen mit hunderten von Bauteilen verirrt hatte, zog er einen Schlussstrich und beschloss, es mit einer maximal einfachen Schaltung zu versuchen. So entstand sein Circle Power System, Namensgeber für die Firma. Circle, also Kreis, weil die Leistungstransistoren in Class-A/B beschaltet sind und von einem stromstarken Eintaktverstärker kontrolliert werden. Bevor es zu technisch wird, lassen wir noch einmal Krzysztof Wilczyński zu Wort kommen: “Ich finde, es ist mir gelungen, Wasser und Feuer zu verbinden. Der Verstärker kombiniert Transparenz und Klangfarben mit Kontrolle und Dynamik.“ Für das Netzteil lässt er sich eigene Ringkerne wickeln und filtert massiv mit 200.000µF Kemet Kondensatoren – kanalgetrennt wohl gemerkt.  

Verarbeitung und Ausstattung


Der A200 sieht mit seiner Glasfront, den beiden Reglern, dem schicken „Logo“ und den edlen, güldenen Intarsien sehr wertig aus und fühlt sich auch genau so an. Mit der ebenfalls wertigen, massiven Fernbedienung lassen sich alle Funktionen bequem steuern. Das Klackern der Relais beim Laut- oder Leisestellen erzeugt mit seiner beruhigenden Solidität nahezu Suchtcharakter. Die Anfassqualität des Verstärkers ist hervorragend, nur beim Tragen muss man sich vor den Kühlrippen schützen, am besten mit Arbeitshandschuhen. Buchsen und Anschlüsse sind von hervorragender Qualität, genau so muss das sein.

Vollverstärker Circle Labs A200 im Test, Bild 4
Hochwertige Buchsen, WBT-Lautsprecheranschlüsse und kein weiterer Schnickschnack: so muss das sein
Apropos Anschlüsse, fünf Hochpegeleingänge, vier davon als Cinch und ein XLR-Eingang sowie ein Endstufeneingang, das war’s. Im A200 findet man keine Bluetooth- Module, keine D/A-Wandler und ich finde, Krzysztof Wilczyński tut gut daran. Warum? Bequemlichkeit ist nicht alles und aus meiner Sicht haben Digitalmodule in einem hochwertigen Verstärker nicht wirklich etwas zu suchen.   

Klang

 
Und wie klingt dieser extrem ausentwickelte Verstärker? Nach einer knappen halben Minute geben die Relais den A200 frei und den Klang, der mich nun berührt, würde ich mit „human“ umschreiben. Schon bevor ich irgendwelche Details dieses Verstärkers kannte, hatte ich mir erste Klangeindrücke aufgeschrieben: Dunkel, warm, massiver Bass. Und nun höre ich mit Erstaunen, was der Circle Labs A200 mit den Davis Courbet No4 Lautsprechern macht. Isao Suzukis Kultnummer „Blow Up“ klingt erst ein wenig zurückhaltend, fast zart, hat nicht den Monsterpunch, aber entwickelt dann doch genau das richtige Maß an Dynamik. Also ist der A200 gewissermaßen das Gegenteil eines Haudraufs, er ist eher ein Feingeist mit Muskeln, der jederzeit mit seiner souveränen Leistungsentfaltung aufwarten und mit der Musik spielen kann. Immer wieder fallen mir dabei bisher ungehörte Details auf, auch wenn der A200 alles andere als ein Erbsenzähler ist. So bekommt das Akkordeon auf Gianmaria Testas grandioser Einspielung „Altre Latitudine“ am Ende von „Sei La Chonchiglia“ eine Art Spotlight. Wo kommt denn das auf einmal her, frage ich mich? Und höre erstaunt und beglückt weiter. Zum Beispiel Joe Hendersons legendäre „State of the Tenor Vol. 2“ Scheibe. Auf „Boo Boo´s Birthday“ höre ich einen warmen, erdigen Bass, Hendersons Saxophon klingt herrlich artikuliert, die Beckenakzente fantastisch herausgearbeitet und doch vollkommen in die Musik integriert. Selbst der Applaus klingt, ich kann es nicht anders beschreiben, angenehm - human. 

Fazit

Wären doch alle Debütverstärker wie der Circle Labs A200. Er klingt großartig, sieht edel aus und treibt jeden Lautsprecher locker an. Weiter so.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Circle Labs A200

Preis: um 7500 Euro

Ganze Bewertung anzeigen


3/2023
4.5 von 5 Sternen

Spitzenklasse
Circle Labs A200

3/2023

Circle Labs A200
HIGH-END-TIPP
Bewertung 
Klang 70%

Labor 15%

Praxis 15%

Ausstattung & technische Daten 
Kategorie High-End-Vollverstärker 
Preis: 7.500 Euro 
Vertieb www.lenhifi.de 
Ausstattung
Abmessungen (B x H x T in mm): 430 x 176 x 376 
Gewicht: 23 kg 
Eingänge: 4 x Line Cinch, 1 x Line XLR, 1 x Power Amp 
Ausgänge: LS Stereo 
Garantie 2 Jahre (6 Monate auf Röhren) 
Messwerte
Ausgangsleistung (RMS) 120 W/8 Ω, 200 W/4 Ω 
Frequenzgang: 10 Hz – 130 kHz (- 3dB) 
Eingangsempfindlichkeit 0,9V (volle Leistung) 
Verstärkung 35 dB 
Eingangsimpedanz 33 kΩ 
Ausgangsimpedanz 0,016 Ω 
Dämpfungsfaktor bei 8 Ω 500 
+ ausgezeichneter Klang 
+ tolle Optik und Verarbeitung 
+/- treibt jeden Lautsprecher 
Klasse: Spitzenklasse 
Preis/Leistung: sehr gut 
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Christian Bayer
Autor Christian Bayer
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Datum 17.03.2023, 10:01 Uhr
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Topthema: Die ewige Legende
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