No Nonsense: Obwohl es auf den Bildern nach einer schier unübersichtlichen Flut verschiedener Kabel aussieht, die wir hier testen, so sind es tatsächlich nur zwei – die es in sich haben
Mitspieler
Plattenspieler:
Acoustic Solid machine mit SME M2 12 mit Nagaoka MP-500
Denon DP6000 mit Stax UA7 und Van den Hul The Condor
Phonovorverstärker
Trigon Advance
PS Audio GCPH
Quad Twentyfour
Phono Verstärker
Aurum A5
Accustic Arts Power ES
Lautsprecher
Ascendo C6
Klipsch Palladium
K+T Tron
Zubehör
Netzfilter PS-Audio Power Plant
NF-Kabel: Van den Hul, Horn Audiophiles
Lautsprecherkabel: Silent Wire
Racks und Basen: SSC, Thixar, Tabula Rasa
Gegenspieler
Phonokabel von Horn Audiophiles, Nordost, Audioquest
Diverse OEM-Kabel
Vorbildlich für alle Anwendungszwecke konfiguriert haben wir von den beiden Kabeltypen, die WSS zurzeit als Phonoverbindung anbietet, je eines mit zweifacher Cinch-Bestückung erhalten, je eines mit geradem und eines mit gewinkeltem SME-Stecker. So soll es sein, so kann der Tester bei jedem seiner noch so exotischen Dreher das passende Kabel auswählen.
Die obligatorische Watsche in die Runde vorneweg: Man ist heute, im Jahre 2012, komplett chancenlos bei dem Versuch, sich einen kompletten Überblick über die Anzahl der angebotenen Kabelmarken zu verschaffen. Man hat das Gefühl, dass fast schon jeder einzelne Händler eine eigene Marke anbietet, die – natürlich - das Nonplusultra in Sachen Technologie und Klang darstellt. Meistens steckt dahinter billigstes Gerümpel aus Fernost, nett mit ein bisschen Gewebeschlauch aufgepeppt und mit renommierten Steckern veredelt – wenn es denn die Originale sind. Kein Wunder, dass der informierte Kunde der Geschichte skeptisch gegenüber steht – und dennoch scheint in diesem Geschäft immer noch so viel Geld zu stecken, dass es munter so weiter geht. Dem quasi diametral gegenüber steht eine Firma wie WSS. Hauptunterscheidungsmerkmal zu den zahllosen Kabelmarken ist, dass eine greifbare Person und ihre Geschichte dahinter stehen. Hier gibt es nämlich wirklich eine und es ist eine Geschichte, die dem Interessenten wieder ein bisschen das Vertrauen zurückgibt. Dieser Konrad Wächter also war seines Zeichens Ingenieur und leitender Angestellter bei einem großen industriellen Kabelhersteller, bis er sich 1978(!) selbstständig machte und unter dem Firmennamen Kabel Wächter GmbH eine eigene Produktion auf die Beine stellte. Das hatte damals immer noch nichts mit HiFi zu tun – Spezialkabel für Werkzeugmaschinen standen auf dem Programm, für deren ganz besondere Anforderungen ein hochflexibler Werkstoff namens PELON entwickelt wurde. Das Erfolgsunternehmen konnte 1995 an einen internationalen Konzern verkauft werden – Konrad Wächter gönnte sich dagegen eine Auszeit vom „Strippengeschäft“. Vor zehn Jahren war es dann so weit, dass er Beruf und Hobby miteinander verbinden konnte und unter dem Namen Wire Sound&Systems Audiokabel anbietet. Inzwischen gibt es drei verschiedene Kabelsortimente, die jeweils Netz-, Lautsprecher- und NF-Leitungen umfassen – aus der Silver- und der Platin-Line kommen die Phonokabel, die wir uns hier etwas genauer angesehen haben. Die Bezeichnungen sind dabei nicht wörtlich zu nehmen, denn das Leitermaterial der Silver-Line besteht aus Kupfer, während das der Platin-Line aus Silber ist. Alles klar? Wenn wir davon ausgehen – und das tun wir einmal – dass alle Kabelhersteller in etwa die gleichen Materialqualitäten verwenden (oben Erwähnte vielleicht eher nicht ...), dann rückt automatisch der Aufbau eines Kabels ins Zentrum des Interesses. Das einfache KS30-Kabel (richtig, das aus der Silver-Line mit dem Kupferleiter) ist mit zwei Innenleiterpaaren mit einem Querschnitt von 0,09 Quadratmillimetern mit Teflonisolierung aufgebaut. Der Schirm besteht aus einer Alu-Mylar-Folie und einem umgebenden Kupfergeflecht, eingebettet in einem Spezial-Thermoplast und einem stabilen Kunststoffgeflecht. Klingt nach einem mächtigen Aufbau, findet aber tatsächlich auf einer Gesamtdicke von nur 3,8 Millimetern statt. Auch das Kabel der Platin-Line setzt auf Doppelpaare. Allerdings bestehen die einzelnen Leiter hier aus Silberlitze mit einem Querschnitt von insgesamt 0,14 Quadratmillimetern, die zuerst in einer Goretex- Isolierung sitzen und dann noch einmal paarweise in einer weiteren Isolierung aus gleichem Material. Je zwei dieser Doppelleiter bilden dann das Stereokabel, das von einem speziellen, sehr dichten, verzinnten Kupfergeflecht abgeschirmt wird. Zusätzlich gibt es einen definierten Masseleiter, der in der Isolierung der Signalleiter sitzt. Auch hier bildet ein Textilgewebe die Isolierung nach außen. Dieser Aufbau ist nicht mal doppelt so dick wie der einfachere der beiden Kabeltypen. Der gegenüber diesem über den Daumen vierfache Preis resultiert dann auch nicht aus der Verwendung von Silber als Signalleiter, er ist vielmehr dem ungleich aufwendigeren Extrusionsverfahren geschuldet – solche Kabelaufbauten werden ja auf Spezialmaschinen in einem einzigen Arbeitsgang realisiert. Als extrem praxisgerecht – ich kann es nicht oft genug erwähnen – empfinde ich die Möglichkeit der Konfiguration mit drei verschiedenen Steckertypen tonarmseits. Außerdem lassen sich bei WSS auch alle weiteren Sonderwünsche innerhalb von acht Tagen verwirklichen – bestellt wird ansonsten bequem über den Webshop der Firma, der natürlich bei weitem nicht alle möglichen Varianten zeigt. Wichtig ist an dieser Stelle vor allem die Möglichkeit, sich Phonokabel fertigen zu lassen, die genau die Länge haben, die man benötigt und keinen Millimeter länger – die kleinen Phonosignale danken es. Die WSS-Kabel machen trotz ihrer recht dünnen Bauweise einen soliden Eindruck – da verschiebt sich nichts, trotz sehr hoher Flexibilität. Für die zahlreichen unterschiedlichen Kabel, die uns zur Verfügung gestellt wurden, war ich dankbar, gab es mir doch die Möglichkeit, an allen meinen Plattenspielern zu testen und auch, eine Komplettverkabelung zwischen Tonarm, Übertrager und Phonostufe zu realisieren. Schon das „kleine“ Kabel aus der Silver Line kann im Vergleich zu „Beipackstrippen“ voll überzeugen. Aus meinem Sammelsurium von Phonokabeln älterer Baujahre, die zu durchaus renommierten Tonarmen gehörten, konnte sich kein einziges in Sachen Feinauflösung und Ausgeglichenheit mit dem Silver Line messen – als ob im Laufe der Jahre eine Art Erosion stattgefunden hätte, die alles mit einem Schleier überdeckte. Interessanterweise galt eine ähnliche Beobachtung für durchaus ernst gemeinte Phonokabel aus aktueller Produktion. Ich nehme mal an, dass viele Hersteller durchaus brauchbare NF-Kabel einfach als Phonoleiter einsetzen, ohne zu berücksichtigen, dass die extrem schwachen Signale vom Tonabnehmer dankbar für genau dimensionierte Leitungen sind. Volle Punktzahl also schon für das kleine KS-30. Das Kabel aus der Platin Line mit den Silberleitern kann natürlich hier noch einmal einen draufsetzen – wenn es mich auch trotz des deutlich höheren Preises wieder einmal nicht aus dem Sessel geworfen hat – die letzten paar Prozent Klangsteigerung sind eben immer teuer erkauft. Wie auch immer: In Sachen Brillanz und Hochtonenergie tut sich noch spürbar etwas – die Wiedergabe wirkt noch etwas transparenter und dabei gleichzeitig druckvoller. In den tieferen Lagen ist das Silver Line dagegen fast auf Augenhöhe, bis sich das Platin letzten Endes doch durch eine aufgeräumtere Spielweise und etwas präzisere räumliche Abbildung durchsetzen kann. Im Konzert der Phonokabel mit Anspruch hat sich das Platin Line in jedem Fall einen Spitzenplatz erobert – gegen preislich vergleichbare Konkurrenz kann es sich stilistisch durch seine ungemein präzise Spielweise im Hochton und die damit verbundene räumliche Präzision profilieren.
Fazit
Die gute Nachricht: Das KS30 Platin Line spielt mit im Konzert der Spitzen-Tonarmkabel und kann bei sehr hoher Qualität sogar eigene Akzente setzen. Die sehr gute Nachricht: Das wirklich günstige Phonokabel KS30 Silver Line setzt Maßstäbe über die eigene Preisklasse hinaus und etabliert sich als der Geheimtipp, wenn man der eigenen Anlage für wenig Geld etwas wirklich Gutes tun will.