Musikrezension: Joe Lovano / Marilyn Crispell / Carmen Castaldi – Trio Tapestry: Our Daily Bread (ECM)

Es gibt Formationen, die ruhige und atmosphärische Musik dermaßen spannend klingen lassen können, dass man jede neue Veröffentlichung mit Spannung erwartet. In der Ausgabe 4/2019 der LP wurde das erste Werk des Trios bereits höchst positiv besprochen, das zweite Album „Garden of Expression“ hat in der Jazz- Szene ähnlich guten Anklang gefunden, woran das aktuelle „Our Daily Bread“ nahtlos anknüpft. 
Seit über 40 Jahren mit ECM verbunden, hat Joe Lovano von allen dort regelmäßig veröffentlichenden Künstlern den typischen Spirit des Labels vielleicht am tiefsten verinnerlicht. Zusammen mit der Pianistin Marilyn Crispell und dem Schlagzeuger Carmen Castaldi bringt er acht Kompositionen zum klingen, die große Intimität ausstrahlen und den Raum Stück für Stück zum schweben bringen. Die Pianistin bereitet dabei den Boden, auf dem das Saxofon Joe Lovanos höchst gefühl- und sehnsuchtsvoll die Szenerie erfüllt. Interessant sind die Fähigkeiten des Schlagzeugers, dessen erste Aufnahmebeteiligung mehr als 50 Jahre zurückliegt, er aber erst an sechs Alben beteiligt war, vier davon mit Joe Lovano. Er ist damit der stille Star des Albums, dessen hingetupfte Beiträge an verschiedenen Schlagwerken ungemein zur besonderen Stimmung beitragen, die auf „Our Daily Bread“ in vollendeter Klangqualität zu genießen ist. 
Die Magie und Ruhe der Aufnahme täuschen ein wenig darüber hinweg, dass die Kompositionen sehr komplex und trotz des avantgardistischen Ansatzes von großer Zugänglichkeit geprägt sind. Mit diesen Attributen zählt auch das dritte Werk des Trios zu den großen Jazz-Momenten, von denen es im ECM-Katalog mehr gibt, als bei jedem anderen Label. Zusammen mit der exzellenten Aufnahme-, Press- und Wiedergabequalität erwirbt der Käufer eine faszinierende Veröffentlichung, die lange nachwirkt.

Fazit