Musikrezension: Komponist: Richard Strauss / Interpreten: Christiane Karg, Malcolm Martineau - Heimliche Aufforderung (Edel, Berlin Classics)

Letztens begab es sich, dass ich auf auf der Fahrt nach Hause im Auto auf WDR3 die Neuvorstellung eines Albums mit Liedern von Richard Strauss hörte. Die angespielten Stücke waren von einer derartigen Intensität, dass ich mir dachte: „Schade, dass so etwas heute kaum noch auf LP veröffentlicht wird“. Nun, ich dachte falsch, das Album gibt es auf Platte, und damit jetzt hier auch im Heft. Richard Strauss hat die Vertonung von Gedichten nie als reinen Selbstzweck betrachtet, sondern immer als Spielfeld für Experimente gesehen. Vielleicht loten deshalb viele der Stücke die Grenzen des Genres immer wieder neu aus – das Potenzial hat er ja auch selbst erkannt und etliche der Lieder dann auch noch einmal neu für das große Orchester arrangiert. Was mir persönlich an seinen Liedern am besten gefällt: Aus Gedichten, die für sich betrachtet durchaus nur mittelmäßig sind und im Wortsinne nicht weiter bemerkenswert, macht er mit seiner Musik etwas viel Größeres, Erhabeneres, und das nicht trotz des Textes, sondern MIT dem Text, der in dieser Neuschöpfung auf einmal einen ganz anderen Wert erhält.

Christiane Karg hat sich die Lieder von Richard Strauss erfolgreich erarbeitet – sie trifft im Wort- wie im übertragenen Sinn den Ton jedes einzelnen Liedes, ergeht sich dabei aber auch nicht in Manierismen. Hat sie nicht nötig – sie schafft es alleine über die kleinste Nuance ihrer Stimme, die Emotion im Zuhörer zu wecken, ganz ohne ihre dem Vernehmen nach fantastische Bühnenpräsenz. Vom aufgewühlten Schwung der frühen Werke bis hin zum der Welt schon fast ganz entrückten Spätwerk interpretieren Karg und der sehr werkdienlich spielende Malcolm Martineau die vorzügliche und gleichzeitig repräsentative Auswahl wie in einem großen Bogen, ohne Durchhänger oder Längen über immerhin vier Plattenseiten. Auch die Aufnahmequalität dieses in Koproduktion mit dem Bayerischen Rundfunk entstandenen Albums ist über alle Zweifel erhaben, wenn man auch einmal davon ausgehen muss, dass keine analoge Maschine mitgelaufen ist. Die Pressung ist einwandfrei.

Fazit

Emotion, verdichtet bis zum Äußersten: Christiane Karg und ihr kongenialer Begleiter interpretieren Richard Strauss auf extrem hohem Niveau