Kategorie: Schallplatte

Musikrezension: George Duke – The MPS Studio Years 1973-1976 (Edel Triple A Reissue Series)


Deluxe-Fusion

Schallplatte George Duke – The MPS Studio Years 1973-1976 (Edel Triple A Reissue Series) im Test, Bild 1
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Meistern ihres Fachs wird oftmals die Ehre zuteil, mit umfassenden Werkschauen bedacht zu werden, um an die große Strahlkraft ihres Könnens zu erinnern. George Duke wurde 2015, zwei Jahre nach seinem durch Leukämie verursachten viel zu frühen Tod durch eine von MPS veröffentlichte Box „The Era will Prevail“ geehrt. Diese enthält die sechs bzw. sieben (dazu später mehr) LPs, die er im Zeitraum 1971 bis 1976 für das Label aus dem Schwarzwald aufgenommen hat und die den Grundstein dafür legten, warum George Duke noch vielen Generationen als stilbildender Künstler in Erinnerung bleiben wird. Seit dem Jahr 2018 sind die LPs dieser Box auch einzeln erhältlich und bilden die Grundlage dieser Rezension. Der Box liegt zusätzlich ein Booklet im LP-Format bei, das Beschreibungen zu jeder Aufnahme enthält und Faksimiles der Aufbewahrungsboxen der Masterbänder der Alben zeigt.

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Der Zufall wollte es, dass sich die Wege von Hans Georg Brunner-Schwer (HGBS), dem MPS-Gründer und SABA-Erben, mit denen von George Duke kreuzten. Im Jahr 1966, noch in seiner Funktion als Technischer Geschäftsführer von SABA, besuchte Brunner-Schwer nach dem Abschluss von Aufnahmen mit dem Art van Damme-Quintett den Jazz Workshop-Club in San Francisco in der Erwartung, dort ein Konzert von Les McCann erleben zu können. Dieser hatte jedoch seinen freien Tag und statt seiner saß ein junger Mann an den Tasten, der beim Deutschen Musikproduzenten sofort nachhaltigen Eindruck hinterließ: George Duke. Da HGBS ein Mann der Tat war, organisierte er noch am selben Abend eine Aufnahmesession und sorgte so für die erste Konservierung von George Dukes Talent. Diese wurden im selben Jahr noch von SABA unter dem Titel „The George Duke Quartet Presented By The Jazz Workshop 1966 Of San Francisco“ veröffentlicht. Die ersten Bande waren damit geknüpft und George Duke begann, für das deutsche Label Aufnahmen zu arrangieren, zum Beispiel das 1970 erschienene Werk „Here And Now“ fünf philippinischer Schwestern, die unter dem Namen „The Third Wave“ bis heute bei Sammlern hohen Blutdruck verursachen. Ab 1971 sorgte George Duke dann selbst für die Musik. Im April des Jahres nahm er sieben Stücke auf, die ursprünglich unter dem Titel „Solus“ veröffentlicht werden sollten. Im Dezember 1971 fand eine weitere Session statt, während der neun weitere Songs eingespielt wurden. Diese wurden auf George Dukes Wunsch hin mit den ersten Aufnahmen neu gekoppelt und zu einer Aufnahme zusammengefasst, die unter dem Namen „The Inner Source“ im Jahr 1973 in Form einer Doppel-LP veröffentlicht wurde. Dieser Umstand wird von manchen Stellen unterschiedlich bewertet, was zu den Abweichungen hinsichtlich der Anzahl der LPs führt. Tatsächlich sind es sechs LPs, die erste davon ist eine Doppel-LP. Selbst bei der Bewertung, ob die Zusammenfassung der beiden Aufnahmen auf den Wunsch des Künstlers hin oder gegen seinen Willen vollzogen wurde, gibt es unterschiedliche Sichtweisen. Im Innenteil des Klappcovers wird ersteres behauptet, die Werbetexte sprechen vom genauen Gegenteil. Dem Käufer dürfte es egal sein, erhält er mit „The Inner Source“ doch ein Album, das wie ein Fingerzeig für die weitere Karriere George Dukes gelesen werden kann. Zum Zeitpunkt der Aufnahme hat George Duke gerade den Absprung der „Mothers of Invention“ von Frank Zappa vollzogen und ersetzte Joe Zawinul im Quintett um Cannonball Adderly. Dort fi el ihm eine wichtige Aufgabe zu und er erweiterte seine Fähigkeiten vom Interpreten hin zu einem arrangierenden und komponierenden Interpreten. Die sieben Songs der „Solus-Session“ werden nur durch ein Trio bestritten, das aus George Duke an den Keyboards, John Heard am Bass und Dick Berk am Schlagzeug besteht. Auf den acht Monate später eingespielten Stücken sind zusätzlich Jerome Richardson an Flöte und Tenorsaxofon, Luis Gasca an Flügelhorn und Trompete, Armanda Peroza an den Congas und James Leary an der Bass-Violine dabei. George Duke ist auf vier Stücken auch an der Posaune zu hören, die neben dem Kontrabass Bestandteil seines Musikstudiums war. Das Fusion-Genre war noch jung und George Dukes MPS-Debüt klingt bis heute so frisch wie die Meilensteine von Weather Report und Herbie Hancock. Die nächste LP „Faces in Refl ection“ spielte George Duke wieder nur mit einem Trio ein, dem auch wieder der Bassist John Heard angehört. Am Schlagzeug sitzt Leon Ndugu Chancler, dessen musikalische Karriere ebenfalls reich an Höhepunkten ist. Mit „The Opening“ geht es äußerst energetisch los, was in großem Kontrast zum folgenden „Capricorn“ steht, einer lieblich anmutenden Komposition aus der Feder Dukes, die er auch häufi g mit Cannonball Adderley aufgeführt hat. Dem folgen zwei Piano-Solos, die geradezu klassisch daherkommen. Dabei sind die Stärken von George Duke im Einsatz bzw. der Kombination verschiedener Tasten-Systeme zu finden. Fender-Rhodes, ARP-Synthesizer, Wurlitzer Pianos, Echoplex, Ring-Modulator und Phase Shifter, dies alles ist seine Spielwiese und er weiß, welches Teil er wann am sinn- und wirkungsvollsten zum Einsatz bringt. „Psychomatic Dung“ ist solch ein Stück, bei dem man nur staunen kann, was George Duke an den Tasten zu leisten im Stande ist, gleiches gilt für „North Beach“, dessen Klasse fast nicht von dieser Welt ist. In seiner umfangreichen Diskographie nimmt die Aufnahme „Faces in Reflection“ beim Künstler selbst eine Sonderstellung ein, weil sie seiner Meinung nach die erste war, die das zum Ausdruck brachte, was er immer musikalisch zum Ausdruck bringen wollte. Neben Dukes Performance beeindruckt auch das technisch auf allerhöchstem Niveau bediente Schlagzeug von Ndugu, wie es beispielsweise auf „Maria Tres Filhos“ zu erleben ist, das darüber hinaus auch die Freude George Dukes an der Latino-Musik demonstriert. Das im gleichen Jahr eingespielte Album „Feel“ setzt den auf „Faces in Reflection“ eingeschlagenen Weg konsequent fort und auf weiteren zehn Stücken kann man erleben, wie George Duke seine verschiedenen Keyboard-Systeme zu einem Klangkörper vereint, dessen Kreativität keine Grenzen zu kennen scheint. Außerdem betätigt er sich zunehmend als Sänger, wobei er auf Anraten seines Mentors Frank Zappa das hohe Falsett bevorzugt. Frank Zappa ist, wenn auch nicht unter seinem Namen, ebenfalls an der Aufnahme beteiligt. Auf „Love“ und „Old Slippers“ ist er an der Gitarre zu hören, die passend zum Duke-Sound gerne auch mal stark verfremdet wird. Zappa wollte nicht, dass die Leute die Platte nur kaufen, weil er darauf vertreten ist, folglich agiert er unter dem Pseudonym „Obdewl’l X“. Wieder mit dabei sind Ndugu am Schlagzeug und John Heard am Bass, außerdem der bekannte Percussionist Airto und dessen Frau Flora Purim. Der bereits gelobte Schlagzeuger macht hier nicht nur mit seiner Darbietung an den Kesseln auf sich aufmerksam, auch die Komposition „The Once Over“ stammt als einzige des Albums nicht von George Duke sondern von Leon Ndugu Chancler. „Feel“ besticht durch seine Bandbreite, die von wilden Keyboard- Orgien („Rashid“) bis zu lieblichen Gesangs-Stücken reicht („Yana Aminah“). Auf „I Love the Blues, She Heard my Cry“ vollzieht George Duke eine stilistische Wandlung. Es stehen nicht mehr die Keyboard-Klang-Gebirge im Vordergrund, sondern der Song als Ganzes und der Groove, der beim Zuhörer Wirkung entfachen soll. Von seinen Mitspielern ist noch der Schlagzeuger Ndugu mit dabei und auch Airto und Flora Purim vom Vorgängeralbum. Ansonsten sucht George Duke aus insgesamt 16 Musikern jeweils diejenigen aus, die er für die Performance jedes einzelnen der zehn Songs benötigt. Darunter sind hochklassige Gitarristen wie Lee Ritenour oder Daryl Stuermer, der später große Bekanntheit durch seine Zusammenarbeit mit Genesis und Phil Collins erworben hat. Auch sind einige Musiker mit dabei, die er in seiner Zeit bei den „Mothers of Invention“ kennengelernt hat. Auf „Rockinrowl“ zeigt George Duke erstmals, dass er auch keine Berührungsängste mit kraftvoller Rockmusik hat, in die er aber auch wunderbare, wenn auch nur kurze Piano-Passagen einbaut. Darüber hinaus beeindruckt er mit Stücken wie „Giant Child Within Us - Ego“, die fast wie ein kleines Musical daherkommen. Man ist versucht zu ergründen, woher eine einzelne Person dermaßen viele Song-Ideen unterschiedlichster Art hervorbringen kann. Passend dazu endet das Album mit einem amtlichen Blues, den man von George Duke keinesfalls erwartet hätte. Auf dem fünften Album des MPS-Duke-Zyklus schafft es das Genie, gleichsam einen Schritt voran und einen zurück zu machen. Einerseits spielt er wieder mit reduzierter Besetzung und bringt dabei auch seine einfallsreichen Keyboard-Landschaften zum leuchten, so wie er es auf seinen ersten drei Alben getan hat, trotzdem entwickelt er dieses musikalische Konzept in die Zukunft und bereitet die Basis für deutliche Entwicklungen auf weiteren Alben. Sein fester Sideman seit dem zweiten Album ist Ndugu am Schlagzeug, dazu sind diesmal Alphonso „Slim“ Johnson am Bass und auch wieder Airto Moreira an den Percussions mit dabei, dazu gesellen sich noch drei Damen, die auf dem Song „Malibu“ vokale Unterstützung leisten. Ansonsten ist George Duke hier an allen maßgeblichen Instrumenten zu hören und betätigt sich auch wieder Sänger. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass erst wenige Jahre seit seiner ersten Aufnahme vergangen waren, in denen George Duke seine überbordende Kreativität zur musikalischen Metamorphose benutzt hat. Die Stilistik pendelt auf allen neun Songs zwischen sphärischer Fusion und verträumtem Jazz, darüber lässt er das Frank Zappa-Universum leuchten. „Liberated Fantasies“ aus dem Jahr 1976 beschließt den Reigen der hochklassigen Alben aus der Frühphase George Dukes. Unter wiederum gänzlich geändertem Konzept hat er abermals zahlreiche Musiker um sich versammelt, um diesmal sehr viel Rhythm & Blues in seine Kompositionen einfließen zu lassen. Zwischen den zahlreichen Vokal- Songs fährt er auch wieder seinen Synthesizer-Fuhrpark auf und macht damit „Back To Where We Never Left“ zu einem der Highlights der Aufnahme. Auf „Tryin’ & Cryin’“ betritt er gemeinsam mit dem Sänger Napoleon Brock Progrock-Terrain, das schon viel von dem vorwegnimmt, womit später Gruppen wie SAGA unsterblich geworden sind. Dem Latin-Genre bläst der Titelsong dermaßen den Staub aus der Jacke, dass man George Duke am liebsten die brasilianische Ehrenbürgerschaft verleihen möchte. Viel kreativer als auf diesem Album kann es kaum werden, dabei bleibt er immer ganz nah dran am Musikgenießer und schüttet eine musikalische Wundertüte aus, die seinesgleichen sucht. Bezüglich der Klangqualität kann man nur konstatieren, dass das Remastering behutsam, aber effektiv ausgeführt wurde. Wo man sonst gerne bemüht ist, alte Aufnahmen wie gerade erst eingespielt klingen zu lassen, hat man sich hier - völlig zu Recht - um die Erhaltung der originalen akustischen Ausstrahlung bemüht und dezent aber dafür umso wirkungsvoller die Klangcharakteristik erhalten und nur die ein oder andere Altersfalte etwas geglättet. Mit diesen LPs kann man das Phänomen George Duke in seiner originalen Klasse genießen wie auf keiner Veröffentlichung vorher. Eine Fusion-Sammlung ohne diese Meisterwerke ist schlichtweg nicht komplett.

Fazit

Die ersten sechs MPS-Alben von George Duke gehören zum Besten, was das Fusion-Genre hervorgebracht hat. Sie in dieser Qualität genießen zu können ist ein wahrer Glücksfall.

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Produkt: George Duke – The MPS Studio Years 1973-1976 (Edel Triple A Reissue Series)

3/2021
 
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Autor Ralf Henke
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Datum 15.03.2021, 11:57 Uhr
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