In manchen Gerätegattungen gibt es ja Nachrücker, Newcomer, Quereinsteiger en masse – man denke nur an die schier unüberschaubare Flut von Lautsprechern, die den doch begrenzten Markt in Deutschland flutet. Wenn dagegen ein neuer Tonabnehmer auftaucht, kann man schon eher mal die Ohren spitzen – so häufig kommt das ja nicht vor
Mitspieler
Plattenspieler:
Transrotor Fat Bob S mit SME IV
Acoustic Solid 111 Metall mit WTB 213
Sony PS-2250 mit PUA 1500S
Phonoverstärker:
Luxman E-200
Cary Audio PH 302 MkII MM/MC
Quad Twentyfour P
Verstärker:
Luxman DA-200 und M-200
Acoustic Masterpiece AM- 201
Dartzeel CHT-8550
Lautsprecher:
AudioSolution Rhapsody 130
JMR Abscisse
K+T Titania
Zubehör:
Netzleisten von PS Audio, Silent Wire
Kabel von van den Hul, Silent Wire
Basen von Liedtke Metalldesign, Thixar und Accurion
Gegenspieler
Phasemation PG-300
Van Den Hul The Crimson
Shelter 901 III Spezial
Bevor man sich jetzt zu viele Hoffnungen macht, dass die Anbieterseite von Tonabnehmermanufakturen frischen Wind bekommt, sei verraten, dass das kanadische System nicht vom Anbieter selbst, sondern nach dessen Vorgaben fremdgefertigt wird. Von wem, das wird nicht verraten.
Also: Nicht wir verraten es nicht, sondern uns wurde es auch nicht verraten, weder vom Hersteller Charisma Audio noch vom deutschen Vertrieb, Audio Exklusiv. Erste Hinweise und gewisse optische Merkmale deuten zwar auf Benz hin, treffen es aber nicht hundertprozentig, und auf die konkrete Nachfrage hin wurde diese Herkunft auch verneint. Die Zusammenarbeit zwischen Audio Exklusiv und Charisma hat übrigens in der Gegenrichtung begonnen: Die Kanadier sind in ihrem Land neben der Vertretung einiger europäischer HiFi-Marken unter anderem Vertrieb für Audio Exklusiv – was lag also näher, als eine Eigenmarke in der anderen Richtung über den Atlantik zu schicken. Das Sensationelle an dem mit einem edlen, rot eloxierten Aluminiumkorpus versehenen Tonababnehmer ist sein Preis: Nachdem sich Andreas Schönberg von Audio Exklusiv lange selbst noch nicht sicher war, konnte er mir kurz vor Beginn der Testphase den endgültigen Preis sagen: knapp unter 1.000 Euro – und das in der Zeit, wo es aufgrund steigender Nachfrage und gleichzeitig einer schleichend sinkenden Anzahl von Anbietern eher nach oben geht mit den unverbindlichen Preisempfehlungen. Sagen wir mal so: Wenn das Ding annähernd so klingt, wie es aussieht, hat es schon gewonnen. Aber zurück zur Technik: Der Metallkorpus ist hauptverantwortlich für das recht hohe Eigengewicht von fast 14 Gramm. Darin sitzt der vergoldete Generator mit einem Spulenkreuz aus Reineisen, das einen besonders guten Magnetfluss erlaubt. Die ordentlich dick gewickelten Spulen sorgen für einen Innenwiderstand von 15 Ohm und eine Ausgangsspannung, die bei einer Abtastgeschwindigkeit von 5 cm/s sogar über 0,5 Millivolt liegen dürfte. Damit ist man in Sachen MC-Verstärkung absolut auf der sicheren Seite und erreicht sogar langsam Gefilde, wo manche Hersteller schon „Medium Output“ an ihre MCs schreiben. Eine Besonderheit ist das Material des Nadelträgers: Hier tut man nicht lange herum, sondern setzt Edelstahl ein. Klar: Es ist härter als Aluminium, aber nicht so brüchig wie beispielsweise Bor. Der Diamant trägt den heute so beliebten Line-Contact-Schliff mit den recht extremen Radien 5 x 150 Mikrometer, wenn denn die Herstellerangaben stimmen. Am Nadelträger muss man sich auch bei der Einstellung am Tonarm orientieren – der vorne runde Korpus ist da nicht so praktisch, aber so muss man es wenigstens gleich ganz richtig machen. Das Charisma kommt mit einer Compliance von 15 µm/mN an jedem mittelschweren Tonarm bestens zurecht, die Auflagekraft liegt um die zwei Gramm – alles also ganz normal und praxisgerecht. Zu Beginn der Hörsession muss ich noch einmal den Vergleich mit den Benz-Systemen heranziehen, weil die grundsätzliche Marschrichtung eine ähnliche ist: Ausgewogenheit mit Hang zur Ausgelassenheit. Das Charisma ist ganz klar ein Meister der souveränen Neutralität – im direkten Vergleich wirkt ein Benz ACE L etwas wärmer abgestimmt, aber auch einen Hauch energischer, wenn es dynamisch richtig zur Sache geht – Geschmackssache. Das MC-1 ist bei den Höhen, die es fein nuanciert herausarbeitet und strahlen lässt, noch ein bisschen gelöster, freier. Am anderen Ende des Spektrums erweist sich das Charisma auch als Tieftonexperte – so eine präzise Wucht kenne ich sonst nur von Systemen, die preislich deutlich über dem MC-1 angesiedelt sind. Auf dieser stabilen Basis lässt es sich trefflich Musik hören – dankenswerterweise hat man bei der Auswahl der Software einen recht weiten Spielraum, das heißt, das System ist recht umgänglich, was Scheiben mit einer schlechteren Klangqualität angeht. Erst bei aufnahmetechnisch miesen Platten, die komplett in Richtung „spitz“ oder „Mumpf“ tendieren, lässt das Charisma keine Gnade mehr walten – hier kann es keine musikalischen Offenbarungen mehr zaubern. Bei der täuschend echten Illusion der akustisch abgebildeten Bühne hilft dem MC-1 seine extrem saubere Spielweise ebenfalls – im in Tiefe wie Breite genauso wie beim ACE dimensionierten Raum sind die Konturen einfach etwas schärfer fokussiert; die einzelnen Mitstreiter eines musikalischen Kontexts werden noch genauer definiert und grenzen sich präziser von ihrer Umgebung ab. Auch vor einem preislich deutlich höher angesiedelten System wie dem Shelter 901 III Spezial braucht sich das Charisma nicht zu verstecken. Die klangliche Ausrichtung ist sogar recht ähnlich, und bis auf ein paar kleine Abstriche in den extrem weit außen liegenden Bereichen unseres Hörvermögens und bei der Feindynamik zeigt das MC-1, dass es auch bei den ganz großen Jungs mitspielen kann.
Fazit
Vielleicht der Tonabnehmer der Saison: Schön gefertigtes und wunderbar abgestimmtes MC-System zu einem mehr als attraktiven Preis.
