Kategorie: Vollverstärker

Vollverstärker Holborne Passion


Musikbewahrer

Vollverstärker Holborne Passion im Test, Bild 1
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Man muss die Schweizer mit ihrer Grundehrlichkeit und ihrer Passion für außergewöhnliche Produkte einfach lieb haben. Wie den Passion Vollverstärker von Holborne.

Firmengeschichte


Haben Sie schon einmal von Holborne gehört? Ich hatte den Namen das eine oder andere mal gehört, ansonsten aber keine genaue Vorstellung, was auf mich zukommt, bis ich den Passion auf den Norddeutschen HiFi-Tagen Anfang Februar diesen Jahres zum ersten Mal hörte. Der namensgebende Anthony Holborne war ein englischer Komponist, der etwa von 1545 bis 1602 lebte. Er schrieb vor allem „Consort Music“, Tanzmusik für Ensembles im Elisabethanischen Zeitalter. Viel ist nicht über ihn bekannt, seine Musik hat diesen für Alte Musik so typischen elegisch-zeitlosen, unaufgeregten Charme und damit ist eine perfekte Brücke zur Firma Holborne gebaut. Meinrad Müller, Kopf und Seele der Firma, lernte den Komponisten während seines Studiums alter Musik kennen.

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Und ähnlich wie dieser sind seine Produkte auch nur einem recht kleinen Kreis von treuen Liebhabern bekannt. Diesen Kreis wollen wir dann mal erweitern.  


Abstimmungsgrößen


Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, elektrische Signale so zu verstärken, dass akustische Signale dabei heraus kommen, die dem ursprünglichen musikalischen Geschehen so nahe wie möglich kommen bzw. es für den jeweiligen Hörer überzeugend darstellen. Auf den vielen Wegen dahin gibt ebenso viele Möglichkeiten den ursprünglichen musikalischen Charakter der Musik mit all ihren Feinheiten zu verlieren. Und genau das bringt uns zu Meinrad Müller, der sowohl Musikliebhaber- und Bewahrer wie auch Ingenieur ist, wenngleich kein studierter. Studiert hat er Alte Musik und unterrichtet die noch heute. Sein Wunsch, die ihm so wertvolle Musik adäquat wiedergeben zu können, führte zu einer Suche nach passenden Gerätschaften. Doch die fanden sich nicht. Was tun? Sich erst einmal auf DIE Kerntugend eines Schweizers zurück setzen: Zeit nehmen. Er las also viele Bücher zum Thema (Elektro)- technik, studierte, entwickelte und probierte. Diese Phase liegt inzwischen bereits gut 40 Jahre zurück, denn Holborne gibt es schon seit 35 Jahren. Schneller Vorlauf in die Jetztzeit.  


Weichenstellungen


Dabei spielen drei Parteien eine Rolle: Therese und Johannes Ineichen, Micha Huber und Eckard Derks. Die beiden Ineichens sind sehr sympathische Ex-Händler und wollten im Herbst ihres Berufslebens nur noch sinnvolle Dinge tun und dazu gehört, die Arbeit von Meinrad Müller zu bewahren. Denn der wollte eigentlich aufhören, was wenig verwunderlich ist. Die meisten Entwickler sind keine Verkäufer, warum auch. Da Therese und Johannes Ineichen bereits eine persönliche Beziehung zu Müller und auch Erfahrung im Plattenspielerbau hatten, kauften Sie kurzerhand die Firma. Doch das war noch zu kurz gedacht, denn sie hatten nur die Plattenspielersektion übernommen. Es gab da noch Micha Huber, den Feinmechanikerpabst, der mit seiner Firma HiFiction die Elektroniksparte herstellerseitig betreute. Huber wäre auch der Richtige für die komplette Firma gewesen, hat er doch sowohl eine musikalische wie auch eine ingenieurtechnische Bildung. Doch er ist mit seinen eigenen Thales Produkten, mit EMT und diversen eigenen Tonabnehmern sowie OEM-Produkten sehr gut ausgelastet. Also beschloss man im Herbst 2023 bei einem gemeinsamen Gespräch, dass die Ineichens mit ihrer Firma Swiss Analog Holborne komplett übernehmen sollten und da kam dann der dritte Hauptakteur in Person von Eckard Derks vom TCG Vertrieb ins Spiel, der sich an diesem Abenteuer signifikant beteiligte. Seither läuft die Produktion in der Schweiz, woher auch das Gros der Bau-  und Anbauteile kommt. Es wird insgesamt drei Plattenspieler geben, einen hatten wir schon, dazu diverse Verstärker und auch eine externe Phonolösung.  

Technik


Meinrad Müller ist seiner Liebe zur Musik immer treu geblieben und entwickelt so seit 35 Jahren Geräte, die für seine Ohren der maximalen Wiedergabetreue (High Fidelity) dienen. 

Vollverstärker Holborne Passion im Test, Bild 7
Ein schön aufgeräumter Rücken. Ungewöhnlich allerdings sind die sehr praktischen kleinen Gainsteller
Seine Verstärker baut er grundsätzlich als Hybriddesigns, betont aber gebetsmühlenartig, dass es nicht auf einzelne Details wie Röhren, Transistoren, Messwerte oder Ähnliches ankomme. Es gilt die alte Devise „Garbage in, garbage out“, sprich wenn ich Müll verbaue, werde ich auch nur Müll herausbekommen. Im Umkehrschluss nutzt es auch nichts, die vermeintlich besten Bauteile zu verwenden und ein Gerät auf ebenso vermeintlich beste Messwerte zu trimmen. Der Mix macht’s und wie bei großen Köchen hängt der vom Macher und seinen Entscheidungen ab. Meinrad Müller möchte die Musik in ihrer Reinheit maximal erhalten und will deshalb auch keine Mikroprozessoren oder Schaltregler einsetzen – ein nachvollziehbarer Ansatz.   

Das Rezept


Der Passion verwendet wie alle Geräte von HOLBORNE audio instruments, wie die Firma in Gänze heißt, praktisch das gesamte Spektrum an Bauteilen zur Verstärkung von sehr kleinen Phonosignalen im µV-Bereich bis hin zu solchen mit hoher Spannung. Müller setzt dabei immer das Bauteil ein, dass seiner Meinung nach an einer bestimmten Stelle den besten Job macht, gleich welcher Art es ist. Dazu sagt er: “Es gibt keine Bauteile, die nur Vorteile oder nur Nachteile haben. Die Herausforderung ist, für jede Funktion in einem Verstärkerdesign die optimale Komponente zu finden. Zur Spannungsverstärkung werden Fets, MosFets, Bipolare Transistoren wie auch Röhren verwendet. Röhren haben auch heute noch Eigenschaften, die sie für gewisse Aufgaben konkurrenzlos machen. Das Ziel war immer, mit möglichst kurzem Signalweg eine musikalisch stimmige Performance zu erreichen. Die eingesetzten Kleinsignalröhren haben dank schonender Betriebseinstellung locker eine Lebensdauer von 30 und mehr Jahren. Ich hatte gerade eine Geräte- Kombi aus dem Jahr 1992 mit Vor- und Endstufe im Service, bei der alle Arbeitspunkte stabil wie damals waren. Müller schrieb mir auch, dass der Passion „mit einer einzigen Verstärkereinheit (Schaltung, mit in sich abgeschlossener Verstärkungsfunktion) mit hohem Spannungshub“ arbeite. Dafür setzt er im Eingang eine breitbandig angelegte Kombination aus Fets und einem klassischen Triodenverstärker mit der PCC88 ein. Das ist eine UHF-Doppeltriode, die in bester alter Qualität noch gut verfügbar ist. Über seine Bauteileauswahl sagt Müller: “Die Auswahl der Feldeffekt-, Mosfet- und bipolaren Transistoren spielt eine wichtige Rolle im klanglichen Ergebnis, wird aber nicht näher spezifiziert. Zusätzlich werden auch Opamps in Regelschaltungen ausserhalb des Signalweges eingesetzt.“   

Im Ausgang setzt er auf „eine Art elektronischen Transformator mit bipolaren Transistoren, der seinerseits den vorgeschalteten Spannungsverstärker nicht belastet und eine sehr niedrige Ausgangsimpedanz (hoher Dämpfungsfaktor) mit Fehlerkorrektur bietet. Im gesamten Signalweg wird nur lokale Gegenkopplung angewendet.“ Das nehmen wir mal so zur Kenntnis und schauen erstaunt auf seine Phonolösung, die wenig überraschend auch mit Halbleitern und Röhren aufgebaut ist. Er hat sie mit getrennter, aktiv/ passiver Höhen- und Tiefenentzerrung der RIAA aufgebaut. Grundsätzlich kann man von außen die Verstärkung für MC (+60db) oder MM (+40db) einstellen. In unserem Passion spielte allerdings ein Phonoteil das nur MC kann und 2500 Euro Aufpreis kostet. Kein Schnäppchen für eine interne Lösung aber es ist jeden Cent wert. Das Modul besteht laut Müller erneut aus einem einzigen breitbandigen, hochverstärkenden Phonozug mit passiv/aktiver RIAA-Korrektur. Vom MC- Tonabnehmer bis zu den Lautsprechern soll das Signal also lediglich zwei Verstärkereinheiten durchlaufen. Die Eingangsimpedanz der Phonomodule kann mit optionalen Ladewiderständen oder -Kapazitäten angepasst werden. Wir versuchen ja immer, den technischen Aufbau eines Geräts zu verstehen. Das war in diesem Fall nicht so einfach, weil sich Meinrad Müller nicht wirklich in die Karten schauen lassen möchte. Mir erscheint das Konzept der einstufigen Phonostufe wie auch der komplett zweistufig angelegten Schaltung sehr ungewöhnlich, aber vielleicht habe ich sie nur nicht begriffen, oder es handelt sich auch nur um eine abweichende Formulierung. Am Ende des Tages ist entscheidend, was hinten raus kommt und das ist eine Menge.  

Praxis


Es ist wohltuend, mit einem Gerät arbeiten zu können, das fast alles kann, was ich brauche – einzig eine Tapeschleife würde mir fehlen. Der Passion hat neben dem optionalen Phonoeingang vier weitere Hochpegeleingänge und einen Pre-Out. Dazu ein Paar Lautsprecheranschlüsse, fertig. Wobei, nur fast – denn es gibt auf der Rückseite zwischen den Eingängen und dem Pre-Out zwei antiquiert wirkende, kleine Drehregler, mit deren Hilfe man die Spannungsverstärkung in einem Bereich von +26db- bis +40db (20-100x) einstellen kann. So können auch Lautsprecher mit hohem Wirkungsgrad optimal angepasst werden.  

Klang? Klang!


Ich habe den Passion als Arbeitsgerät benutzt und mit unterschiedlichen Lautsprechern gehört. Ein besonders gutes Team ist er mit den MoFi Sourcepoint 8 eingegangen, die er straff und locker zugleich, kontrolliert und doch frei antrieb. Mir ist dabei seine unglaublich konsequente Spielweise ans Herz gewachsen: weich, wenn das Material weich ist, hart, wenn es Härte braucht ist. Die Phonolösung ist Weltklasse, dynamisch, farbig und doch neutral und totenstill. Pharoah Sanders Album „Shukuru“ kann das besonders gut verdeutlichen. Sanders vor allem in den späten Jahren so butterweicher Saxofonton breitet sich wie eine warme Decke im Raum aus, die ich meine berühren zu können. Doch dann knallen mir auf einmal William Hendersons Klavieranschläge so entgegen, dass ich zusammen zucke. Der Holborne kann das ohne jede Verzögerung komplett realistisch abbilden. Da verschmiert nichts, da wird nichts aufgedickt, da entsteht Musik realistisch im Raum. Ry Cooder klingt derart lecker, crisp und authentisch wie ich ihn selten gehört habe. Oder das Modern Jazz Quartet, dessen Musik so stimmungsvoll ist. Der Holborne erhält all diese Stimmungen, von Percy Heaths sonorem Bass über die so geschmackvollen Klavierakkorde von John Lewis und die schwebenden Vibraphontöne Milt Jacksons bis hin zu Connie Kays sparsam-dezentem und doch effektvollem Schlagzeugspiel. Mehr kann ich mir von einem Vollverstärker nicht wünschen. 

Fazit

Meinrad Müller ist Holborne. Und Holborne ist besonders, sehr besonders sogar. So besonders, dass ich wenige Vollverstärker kenne, die dem Passion das akustische Wasser reichen können. Ein großer Wurf.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Holborne Passion

Preis: um 9500 Euro ; Phono-MC: 2.500 Euro

6/2024

Ich kenne wenige Vollverstärker, die dem Passion das akustische Wasser reichen können. Ein großer Wurf.

Holborne Passion

Ausstattung & technische Daten 
Preis: 9.500 Euro; Phono-MC: 2.500 Euro 
Vertrieb: TCG / Nordhorn 
Telefon: k.A. 
Internet: www.tcg-gmbh.de 
Garantie: 5 Jahre 
Abmessungen: 430 x 101 x 330 mm 
Gewicht (in kg): etwa 13 kg 
Unterm Strich … Meinrad Müller ist Holborne. Und Holborne ist besonders, sehr besonders sogar. So besonders, dass ich wenige Vollverstärker kenne, die dem Passion das akustische Wasser reichen können. Ein großer Wurf. 
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