Kategorie: Vollverstärker

Einzeltest: Moonriver 404


Der Charme des Nordens

Vollverstärker Moonriver 404 im Test, Bild 1
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Moonriver Audio ist ein neuer Hersteller tönenden Equipments aus Schweden. Den Vollverstärker 404 wollte ich begutachten, weil ich ihn ziemlich hübsch finde. Vielleicht ist ja noch mehr dahinter?

Es sind mehrere Dinge, die dem Moonriver 404 seinen optischen Charme verleihen. Da wären das dezente Schwarz seiner Front, die erfreulich unmoderne Typografie der Beschriftung und die geschmackvoll gestalteten Knöpfe. Hinzu kommt das Layout der Frontplatte mit vier Drehelementen und natürlich die dunkeldezenten Echtholzapplikationen neben der Front. Jawohl, das ist geschmackvoll, das würde ich mir ohne zu Zögern ins Wohnzimmer stellen. Und außerdem kommt da in Bälde noch eine richtig gehaltvolle externe Phonovorstufe und das ist für unsereins ja ein gewichtiges Argument. Der Moonriver 404 ist im Kern erst einmal ein klassischer analoger Vollverstärker zum Preis von 3.000 Euro.
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Er lässt sich mit einem Phonomodul (480 Euro) und einem D/A-Wandlermodul (580 Euro) zur Schaltzentrale einer feinen HiFi-Anlage ergänzen.


Der Hersteller residiert in Malmö und präsentiert sich angenehm unaufgeregt, bodenständig und geschmackvoll. Genau das ist die Sprache, die er auch durch seine Produkte sprechen will. Die Namensgebung ist übrigens Henry Mancini, Johnny Mercer und Audrey Hepburn zu verdanken. Letztere gewann mit ihrer Interpretation von „Moon River“ im Film „Breakfast at Tiffany’s“ auch einen (verdienten) Oscar. Auf der Suche nach technischen Kabinettstückchen und elektronischen Innovationen an der Grenze des Machbaren wird man hier eher nicht fündig, dafür gibt’s bewährte Komponenten sorgsam kombiniert und europäische Handarbeit. Ein weiteres interessantes Detail sind die feinen Betriebszustandsanzeigen: Das sind nämlich ganz normale dezente orange Leuchtdioden. Und die sind dazu auch noch per Kippschalter dimm- und abschaltbar. Sehr geschmackvoll – mit so etwas kriegt man mich.


Ganz links auf der Front ist der Eingangswahlschalter angeordnet. Er erlaubt die Anwahl von vier per Relais geschalteten Eingängen. Zwei davon können mit dem Phono- und dem Wandlermodul belegt werden. Drehknopf Nummer zwei schaltet nach alter Väter Sitte zwischen „Normal“- Tape-Monitor-Betrieb um. Diese Möglichkeit hat der Hersteller übrigens nicht vorgesehen, um die Rückkehr des Tapedecks zu beschwören, sondern um die Möglichkeit zu bieten, eine aktive Raumkorrektur einzuschleifen. Eine zentral angeordnete Leuchtdiode informiert über die Betriebsbereitschaft, der erste Drehknopf zur Rechten erlaubt die Balance-Verstellung. Hier wäre eine Mittenrastung hilfreich gewesen, deren Fehlen ist aber kein Beinbruch. Rechter Knopf: Lautstärke, zwischen den beiden Letztgenannten gibt’s noch einen Kippschalter für Mono- und Stereobetrieb. Alles dran, was man so braucht – tatsächlich sogar mehr, als bei den betont karg ausgestatteten „audiophilen“ Vollverstärkern der heutigen Zeit üblich ist.


Die entsprechenden Anschlussmöglichkeiten gibt‘s auf der Rückseite. Zusätzlich zu den vier Paar Eingangsbuchsen gibt’s eine USB-Buchse für die Beschickung des D/A-Wandlers mit entsprechender Digitalkost, eine komplette Tape-Schleife und gleich zwei Vorverstärkerausgänge. Ob da noch eine passende Endstufe kommt? Da kannste wetten. Die Lautsprecherterminals sind okay, die Kaltgerätebuchse Standard – prima, passt.


Zum Lieferumfang des Gerätes gehört eine Fernbedienung. Das ist ein eher unspektakuläres Kunststoff-Standardteil mit sechs Tasten, mit denen die elementaren Dinge (Lautstärke, Eingangswahl, Muting, Tape Monitor) zu erledigen sind. Die Phonovorstufe kann sowohl MM- als auch MC-Tonabnehmer bedienen und sitzt im Geräteinneren unter einer schirmenden Blechhaube. Der Luxus in Sachen Parametrierbarkeit hält sich in Grenzen: Zwei Mäuseklaviere erlauben die Umschaltung zwischen MM- und MC-Betrieb und die Wahl der Eingangsimpedanz von 100 Ohm oder 47 Kiloohm. Das sind die Basics und wird in vielen Fällen gut funktionieren. Wo wir das Phonomodul eh gerade vor uns haben: Das ist eine operationsverstärkerbasierte Standardlösung, erfreulicherweise mit separaten Spannungsreglern auf der Platine. Die Widerstände sind erstaunlicherweise nicht mehr ganz zeitgemäße Kohleschichttypen, die Kondensatoren gute Folientypen.


Auch ansonsten ist einiges los unterm Deckelblech des Schweden. Trotz nicht allzu gewaltiger Ausgangsleistung obliegt die Versorgung einem ziemlich stämmigen Ringkerntrafo. Um den stressfrei ans Netz zu bekommen, hat der Hersteller ihm eine bestens funktionierende Einschaltstrombegrenzung spendiert. Die schont nicht nur die Sicherung fürs Wohnzimmer, sondern auch den Netzschalter, der sich so nicht mit dem erklecklichen Einschaltstrom eines solchen Umspanners herumplagen muss. Der Hauptteil der Verstärkerarbeit obliegt beim 404 zwei integrierten Endstufenchips. Eine Typenbezeichnung ist den auf einem Kühlwinkel montierten Fünfzehnbeinern nicht mehr zu entlocken, wir dürfen jedoch davon ausgehen, dass es sich um einen der zwei, drei Standardtypen handelt, die die Halbleiterindustrie seinerzeit zu diesem Zwecke entwickelt hatte und die sich bis heute bewährt haben. Qualitative Bedenken muss man da nicht haben, es gab sogar mal echte Kultverstärker aus Japan mit diesen Bausteinen: Erinnert sich noch jemand an die „Gaincard“ von 47Labs?


Wie immer kommt es darauf an, was man mit solchen Bauteilen macht, und Moonriver Audio hat sich dabei definitiv Mühe gegeben und auf eine luxuriöse Stromversorgung geachtet. Der Trafo liefert reichlich, direkt an den Chips sitzen ganze Batterien von parallelgeschalteten Elkos, die für ungehemmten Energienachschub sorgen. Die nächste gute Idee war die, die Chips leistungsmäßig nicht bis zur Halskrause auszureizen. Knappe 40 Watt an acht und gute 50 Watt an vier Ohm sind ein solider Kompromiss, der in der Praxis bestens funktioniert.


Die Bestückung der diversen Platinen ist der vom Hersteller beworbenen Handmontage angepasst, es gibt nämlich fast nur klassische bedrahtete Bauteile, die sich manuell ohne Probleme verarbeiten lassen, im Gegenteil zu modernen SMD-Komponenten. Da haben die Schweden augenscheinlich die Wahrheit gesprochen, das nehmen wir zufrieden zur Kenntnis. Im Betrieb gibt sich das Gerät absolut allürenfrei. Das Feeling ist das eines guten Vollverstärkers aus – sagen wir mal – den frühen Achtzigern. Die Erwachseneren unter uns finden sich zurecht, alles tut das, was es soll. Auch mit dem D/A-Wandler kommen wir zurecht, die USB-Schnittstelle verträgt PCM-Daten mit bis zu 384 Kilohertz Abtastrate, DSD geht nicht. Dafür zickt das eingebaute XMOS-USB-Frontend bei der Treiberinstallation nicht, die man sowieso nur dann braucht, wenn man einen Windows-PC anstöpselt.


Für uns interessanter ist das, was der Verstärker über das eingebaute Phonomodul zu leisten in der Lage ist. Und da habe ich ziemlich sparsam geguckt: Was der 404, gefüttert vom alten Geheimtipp-MM Audio-Technica AT-5V liefert, ist nämlich ein kleines dynamisches Wunder: Der Amp spielt überaus agil, flitzt mit großem Vergnügen um jede musikalische Ecke und pustet frischen Wind durch die Lautsprecherkabel. Eine Grundvoraussetzung dafür sind Lautsprecher mit ein bisschen Wirkungsgrad, die so etwas auch umsetzen können. Der Vertrieb hätte da was vom polnischen Hersteller Horns, haben wir hier auch schon das eine oder andere mal drüber gesprochen, das geht mit Sicherheit ausgezeichnet. Bei mir waren’s diverse Selbstbaukonzepte, unter anderem auch mit einem Horn für den Mittelhochtonpart, denen der Schwede gehörig die Flöten- und andere Töne beibrachte. Ziehen wir mal den ollen Blues-Grantler Roland Van Campenhout zurate. Und siehe da: Seine „Folksongs from a Non-Existing Land“ klingen auf einmal gar nicht mehr so grantig. Der Moonriver poliert das Ganze hübsch auf Hochglanz und schickt es mit einem wohlgemeinten Tritt in den Allerwertesten dorthin, wo die Töne produziert werden. Die Percussion glänzt und glitzert, das Ganze ist weit aufgefächert, die Bühne ganz vorne. Die Herren von Kadavar pusten ihr neues Album „For the Dead Travel Fast“ ebenfalls mit Schmackes und Grip durch die Gegend, ich sehe keinerlei Veranlassung, auf schwereres Verstärkergeschütz umzusteigen. Der Umstieg auf einen MC-Tonabnehmer ändert die tonale Balance etwas in Richtung Brillanz – mich zieht’s wieder zurück zum MM. Damit allerdings schlägt sich der Schwede meisterlich – großes Kompliment!

Fazit

Der Moonriver ist ein wunderschöner Vollverstärker alter Schule mit erstaunlichem klanglichen Potenzial: Er klingt frisch, zeigt klare Kante und gehört ganz klar zu den dynamischsten Vertretern seiner Klasse.

Kategorie: Vollverstärker

Produkt: Moonriver 404

Preis: um 3000 Euro

11/2019
Ausstattung & technische Daten 
Preis: ab 3.000 Euro 
Vertrieb: Len HiFi, Duisburg 
Telefon: 02065 544139 
Internet: www.lenhifi.de/ 
Garantie: 2 Jahre 
Gewicht (in kg): ca. 12 kg 
Unterm Strich … Der Moonriver ist ein wunderschöner Vollverstärker alter Schule mit erstaunlichem klanglichen Potenzial: Er klingt frisch, zeigt klare Kante und gehört ganz klar zu den dynamischsten Vertretern seiner Klasse. 
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Autor Holger Barske
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Datum 07.11.2019, 10:03 Uhr
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Mit diesen Chassis wollte ich schon immer mal etwas bauen. Dass ich sie allerdings jemals zusammen in einer Box haben würde, hätte ich dann doch wieder nicht erwartet – dass das Ganze so gut werden würde, dann schon eher.

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