Musikrezension: Ornette Coleman - New York Is Now! (Blue Note)

Wer sich eine LP von Ornette Coleman kauft, weiß, was er zu erwarten hat, schließlich ist dieser der Pionier des Free Jazz und stets für Überraschungen gut. Da macht das 1968 entstandene „New York Is Now!“ keine Ausnahme. Zehn Jahre nach der Erschaffung seines Meisterwerks „The Shape of Jazz to Come“ hat sich der Free Jazz bereits etabliert und den Protagonisten dieser Spielart den Mut gegeben, Dinge zu tun, für die man ihnen Jahre zuvor den Plattenvertrag gekündigt hätte. Als Beispiel sei hier „We Now Interrupt for a Commercial“ angeführt, dessen Titel bereits verrät, dass das wenig mit Konventionen zu tun hat. Ornette Coleman sägt auf der Geige, als wäre er gerade bei einer besonderen Art der Teufelsaustreibung zugegen, die ehemaligen John-Coltrane-Mitstreiter Jimmy Garrison am Bass und Elvin Jones am Schlagzeug spielen sich die Hände blutig, und Dewey Redman untermalt das Ganze mit flirrenden Tönen auf seinem Tenorsaxofon. Interessant ist das Spiel von Elvin Jones auch auf den anderen Stücken. Auf dem Viertelstünder „The Garden of Souls“ scheint er die Richtung vorzugeben, der die anderen zu folgen haben, komme, was da wolle, und es entbehrt stellenweise nicht einer gewissen Komik, wie er die Band vor sich hertreibt. Die Session der vier Musiker war offenbar so fruchtbar, dass dabei direkt das Material für die nachfolgende Veröffentlichung „Love Call“ eingespielt wurde. Auf dem vorliegenden Werk ist die gesamte Bandbreite des Universums von Ornette Coleman zu bewundern, das sich deutlich von dem anderer Musiker unterscheidet. Von Stücken wie „Broad Way Blues“ mit Elementen tiefer Jazztradition bis hin zu Free-Jazz-Exzessen wird alles geboten. Die Neuauflage kommt im gut verarbeiteten Gatefold-Cover mit nach innen zu entnehmender LP daher, deren Center sehr eng geraten ist.

Fazit