Musikrezension: Joe Lovano Trio Tapestry (ECM)

„Trio Tapestry“ ist ein Album, wie es für ECM nicht typischer sein könnte. Große Ruhe ausstrahlend, werden feinsinnige Kompositionen durch den charakteristischen ECM-Klang zu den Sinneszellen des Hörers transportiert. Es braucht keine Melodie, um großartige Musik zu erzeugen, vielmehr lebt das Album von der Interaktion der drei Musiker, die schon lange miteinander verbunden sind und mit „Trio Tapestry“ dieser Verbundenheit Ausdruck verleihen. Der Tenorsaxofonist Joe Lovano hat elf Stücke erschaffen, die als Vehikel dienen, sich akustisch und spirituell mit seinen Mitspielern zu verbinden. Die Pianistin Marylin Crispell, hoch angesehene Vertreterin des Modern Creative und als führendes Mitglied auf mehr als 70 Tonträgern vertreten, ist die ideale Partnerin für die saxofonistische Landschaftsmalerei von Joe Lovano. Der Schlagzeuger Carmen Castaldi ergänzt die Klanggebilde mit subtilen Beiträgen und hat mit „Gong Episode“ sogar ein Solostück auf dem Album, das neben seiner künstlerischen Güte auch für Leute interessant ist, die ihren Lautsprechern etwas Besonderes zur Schallabstrahlung gönnen wollen. Castaldi ist mit Joe Lovano seit Studientagen bekannt und hat diesen bereits bei zahlreichen Auftritten begleitet. Seit fast 40 Jahren ist Joe Lovano immer wieder auf ECM-Veröffentlichungen zu hören, „Trio Tapestry“ ist sein erstes Werk als Leader. Diese Gelegenheit nutzt er, um hochkomplexe, anspruchsvolle aber dennoch zugängliche Musik zu erzeugen, an der alle drei Musiker gleichberechtigten Anteil haben. Jazztradition und Improvisation fließen auf magische Weise ineinander, wovon man sich im Mai auch live ein Bild machen kann, denn dann kommt das Trio für Konzerte nach Berlin, München und Bonn. Das sollte man sich nicht entgehen lassen, ebenso wenig wie dieses Album.

Fazit