Kategorie: Verstärker Endstufen

Endverstärker Boenicke p1


Große Harmonie

Verstärker Endstufen Boenicke Audio p1 im Test, Bild 1
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Aktuell wird manch lieb gewonnene Gewohnheit auf den Kopf gestellt. Das gilt auch für unsere HiFi-Welt. Waren zum Beispiel Endverstärker früher groß, schwer und wurden gerne auch mal richtig heiß, ist beim Boenicke p1 praktisch alles umgekehrt. Wir schauen mal, warum und finden heraus, wie er klingt.

Profil


Sven Boenicke ist Lautsprecherhersteller. So hat er sich über viele Jahre im Markt definiert. Und genau so lange habe ich hervorragende Messeauftritte von ihm erlebt. Dabei stand Musik immer im Vordergrund, egal mit welcher Elektronik. Boenicke selbst nimmt seit Jahrzehnten selbst Musik auf und hat eine klare Vorstellung davon, wie er sie mit seinen Lautsprechern wiedergeben möchte. Genau da beginnt sein Weg als Hersteller eigener Elektronik.  


Keine Angst vor „D“


Der Grund für die Entwicklung dieses Verstärkers war die Nachfrage der Kunden nach einem passenden Verstärker für die kleinen W5 Lautsprecher, die gerne etwas mehr Leistung und Kontrolle möchten. Von beidem hat der p1 mit seiner effizienten Class-D-Technologie reichlich.

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Aber Moment Mal, wir sind hier in der LP und da muss ich mit einem alten Vorurteil aufräumen: Das „D“ in Class-D hat nichts mit Digital zu tun, das ist kein Digitalverstärker sondern einfach die Bezeichnung einer Verstärkerklasse nach A, B und C. Effektiv ist das ein sogenannter Pulsweitenmodulations- oder PWM-Verstärker. Umgangssprachlich werden Class-D-Geräte auch als Schaltverstärker bezeichnet, weil ihre Transistoren entweder an- oder ausgeschaltet werden, anders als bei Class-A- oder A/B-Designs. Dafür ist eine Zeitverzögerung eingebaut, die zu Verzerrungen führen kann, was sich klanglich negativ bemerkbar macht. Boenicke hat fünf Jahre lang alles, was der Markt an Modulen hergibt, gehört. Seine Lösung wurde das Minimod4-Modul des italienischen Herstellers Powersoft, das schon im Rohzustand sehr vielversprechend klang. Es handelt sich um ein 4-Kanal- Modul, das zu einem 2-Kanal-Stereo- Verstärker zusammengeschaltet wird. Boenicke vermutet, dass dadurch typische Class-D-Verzerrungen sinken.  

Grundsätzliches


Dass ein Verstärkermodul erst einmal gut klingt, ist eine feine Sache. Bis es aber so klingt, wie Boenicke sich das vorstellt, bedarf es einer deutlichen Verfeinerung. Sein Weg dahin war nicht einfach, er dauert seit vielen Jahren an und ist dezidiert seiner. Ein Produkt kann sowieso nur aus der Masse herausragen, wenn es die Handschrift seines Schöpfers trägt. Wem die gefällt, der geht den Weg mit, wem nicht, der geht einen anderen.  

Verstärkung und Größe


Der p1 mag klein sein, aber an ihm ist auch praktisch jeder Millimeter durchdacht.

Verstärker Endstufen Boenicke Audio p1 im Test, Bild 3
Funktional und optisch ziemlich lecker. Der p1 sieht so aus, als könnte er kein Wässerchen trüben. Dabei hat er´s faustdick hinter den Lautsprecherklemmen
Das Powersoft-Modul wird in ein kleines, feines Gehäuse eingebaut, mehr braucht es trotz seiner enormen Leistung von 2 x 300 Watt Sinus an 8 Ohm nicht. Hier kommen die größten Vorzüge dieser Technologie zum Tragen: Effizienz, geringer Stromverbrauch, wenig Abwärme, sehr viel Leistung. Das Alu-Grundgehäuse ist aus dem Vollen gefräst, der Deckel bekommt eine spezielle Abschirmung und der Boden besteht aus 5mm starkem Stahl. Die Rückseite wird aus 15mm Walnussholz gefräst, neben einem Paar Cinch- gibt es noch Bananenbuchsen in gewohnt guter Qualität von ETI. Eine Kaltgerätebuchse sucht man vergebens, stattdessen ist ein Shawline- Netzkabel von Chord mit leGo Armatur fest verlötet, nicht gecrimpt, was elektrisch und klanglich Sinn macht. Auf der Bodenplatte arbeitet neben dem eigentlichen Powersoft- ein Softstart-Modul des schweizer Spezialisten Holborne. Sie lesen richtig, das ist genau die Firma, dessen Analog 3 Plattenspieler Holger Barske in der LP 1/24 besprochen hat.  

Tuning und Harmonie


Ich beginne diesen Teil am besten mit einem Kommentar von Sven Boenicke:“Drei Resonatoren des Kölner Spezialisten Clockwork Audio mischen dem Signal als stromdurchflossene und daher in ihrer Resonanzfrequenz und der Harmonischen davon resonierende Bauteile winzige Obertonresonanzstrukturen bei. Im Fall der p1 liegen diese Bauteile in der Phase der Stromversorgung, sie haben dort aber exakt dieselbe klangliche Wirkung, als wenn sie im Signalweg liegen würden.“

Verstärker Endstufen Boenicke Audio p1 im Test, Bild 4
Das sind die drei Firewall-Module von LossLess aus Litauen. Die Bezeichnung kennt man aus der IT-Welt, hier schützen Sie auch vor „Schweinereien“
Im Eingang setzt Boenicke dann drei Firewall- Module des litauischen Hersteller LosLess ein, der auch für die Innenverkabelung sorgt. Sie erhöhen die elektromagnetische Sauberkeit der Schaltung. Dazu kommen Filter vom US-Herstellers Bybee, die unter anderem zur Verbesserung des Rauschabstands beitragen. Die Feinsicherung kommt auch nicht von der Stange, sondern vom deutschen Spezialisten Refine Audio und wird zusätzlich noch mit dem hervorragenden Kontaktmittel Conta+ von Ensemble Audio aus der Schweiz behandelt. In einem letzten Schritt wird dann jeder p1 „harmonisiert“. Das ist ein sehr spannender Prozess, der in seiner Komplexität allerdings diesen Rahmen sprengt. Das Verfahren dazu hat der Elektromeister Bernhard Heinrich von GreenHarmonia entwickelt und es ist wie immer ganz einfach: glauben muss man es nicht, aber man kann (!) es hören. Boenicke bietet den Prozess auch für Fremdgeräte an. Seien Sie versichert, der Mann ist nicht daran interessiert, seine Herstellungsprozesse zu verkomplizieren. Würden die Tunings oder diese Behandlung keine hörbaren klanglichen Verbesserung bringen, würde er sie sein lassen. Denn neben dem zeitlichen Aufwand ist das alles auch sehr kostenintensiv.  

Klang und Kraft


Ich habe den p1 mit den unterschiedlichsten Lautsprechern betrieben: meinen Rogers LS3/5a, den Boenicke W5SE, meinen Greenwall Ivy, den MoFi Source- Point 8 und den Revox G120. Mit jedem Lautsprecher wurde deutlicher, dass der p1 nicht nur Kraft ohne Ende hat, er verhilft praktisch jedem dieser Lautsprecher zu Höchstleistungen. Deshalb greife ich keine Kombination heraus, sondern beschreibe seinen Grundcharakter. Und der ist überhaupt nicht der eines Kraftprotzes, sondern der eines freundlichen, sehr kompetenten Helfers. Ganz anders als typische Class-D-Amps klingt er nie hart, grau, trocken oder nüchtern oder nervt nach kurzer Zeit. Im Gegenteil, er hat einen tendenziell eher warmen Charakter wie ein richtiger guter Class-A-Verstärker ohne dessen irren Stromverbrauch. Auf „Nature Boy“ von Joe Pass und J.J. Johnson spielt Johnson eine gestopfte Posaune, die fast wie eine Trompete klingt und zwar derart natürlich, dass ich meine, der Mann muss doch bei mir im Wohnzimmer spielen. Und wie herrlich klingt denn Kraftwerk mit ihren so typischen, wunderweichen Beats. „Das Model“ klingt so kantenscharf und doch so geschmeidig, dass ich an diese knackscharfen Fotos einer Leica Kamera denken muss: ausgeleuchtet bis in den letzten Winkel und dabei doch sanft, human und berührend. Die elektronischen Bassimpulse in „Feeder“ von Nils Petter Molvaer schwellen an- und ab, darüber liegen Stimmen, Effekte und Molvaers schräge, manchmal jammernde Trompetentöne. Das muss man auch auflösen können und auch damit hat der p1 nicht das geringste Problem. Aus diesem tonalen Dschungel schwenke ich in die edelste Reinheit mit Arturo Benedetti Michelangelis „Preludes, Images“ von Debussy. Ich komme in einen quasimeditativen Zustand, lasse mich führen und höre Ton um Ton, wattigen Anschlag um Attacke und versinke in Melodiereinheit und schier überirdischer Schönheit.

Fazit

Sven Boenicke geht sehr eigene Wege, um seine Klangideale zu verwirklichen. Sein p1 gibt ihm wieder einmal Recht: eine optisch ansprechendere, effektivere, klangstärkere und leistungsfähigere Endstufe wird man lange suchen müssen.

Kategorie: Verstärker Endstufen

Produkt: Boenicke Audio p1

Preis: um 4250 Euro

4/2024

eine optisch ansprechendere, effektivere, klangstärkere und leistungsfähigere Endstufe wird man lange suchen müssen.

Boenicke Audio p1

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Ausstattung & technische Daten 
Preis: etwa 4.250 Euro 
Vertrieb: Boenicke Audio / Basel 
Telefon: k.A. 
Internet: www.boenicke-audio.ch 
Garantie: 2 Jahre 
B x H x T (in mm): 230/69/202 
Gewicht etwa 4.3 kg 
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Christian Bayer
Autor Christian Bayer
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Datum 03.04.2024, 10:03 Uhr
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