Kategorie: Verstärker Endstufen

Monoendstufen Atma-Sphere Class D


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Verstärker Endstufen Atmasphere Class D im Test, Bild 1
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Stellen Sie sich mal vor, Sie hätten eine Firma für Röhrenverstärker und müssten feststellen, dass Sie über kurz oder lang keine passenden Röhren mehr bekommen werden. Was tun?

Einleitendes


Ja, so etwas gibt´s tatsächlich. Das passiert nämlich dann, wenn man seine Verstärker so konzipiert hat, dass man mit all den modernen nachgefertigten Röhrentypen nichts anfangen kann. Ralph Karsten ist jemand, der genau in diese Falle getappt ist. Er baut nämlich unter dem Label Atma- Sphere seit vielen Jahren so genannte OTL-Leistungsverstärker. Das sind Röhrengeräte, bei dem die Lautsprecher unmittelbar mit den Endröhren verbunden werden, ohne zwischengeschalteten Ausgangsübertrager. Röhren sind für die in diesem Falle erforderlichen hohen Ausgangsströme nicht besonders gut geeignet, deshalb muss man erstens besonders strompotente Typen nehmen und zweitens viele davon parallel schalten.

Verstärker Endstufen Atmasphere Class D im Test, Bild 2Verstärker Endstufen Atmasphere Class D im Test, Bild 3Verstärker Endstufen Atmasphere Class D im Test, Bild 4Verstärker Endstufen Atmasphere Class D im Test, Bild 5Verstärker Endstufen Atmasphere Class D im Test, Bild 6Verstärker Endstufen Atmasphere Class D im Test, Bild 7
Bei seinen großen Monos braucht Ralph Karsten 84 Endröhren vom Typ 6AS7G. Sie haben richtig gelesen: vierundachtzig. Alle fein säuberlich selektiert, damit sie sich den Job auch gerecht teilen. Die wunderschöne Leistungsdoppeltriode 6AS7G kann reichlich Strom liefern, braucht wenig Betriebsspannung und ist perfekt für den Job geeignet. Sie wird allerdings schon seit vielen Jahren nicht mehr gefertigt und die einstmals unerschöpflichen Restbestände gehen langsam, aber sicher zuneige. Was für den Mann aus Saint Paul, Minnesota, über kurz oder lang ein echtes Problem darstellen wird und ein guter Grund für drastische Maßnahmen war: Es galt einen Verstärker zu entwickeln, der möglichst viel der klanglichen Magie seiner Röhrenmonster bewahrt, aber ohne die Vakuum- Preziosen auskommt.  

Dem HiFi-Fan von Welt kommen da natürlich sofort kühlschrankgroße Transistor- Class-A-Boliden in den Sinn, tatsächlich aber entschloss Ralph Karsten sich zu einem noch viel radikaleren Konzept: Es sollte ein Schaltverstärker werden. Ausgerechnet. So ziemlich das Gegenteil dessen, was der beinharte Röhrenfan in seiner Anlage dulden dürfte. Und da schließe ich mich durchaus an: Über die Jahre hab ich viele namhafte Class-D-Konzepte gehört, auch die richtig modernen und angesagten. So richtig abgeholt hat mich davon bis dato nur ganz genau eins. Und das war der auch in anderer Hinsicht exotische koreanische Vollverstärker Rose RA180 (Test in LP 4/22), der so herrlich kräftig, farbig und detailliert klang, wie ich es noch bei keinem anderen „Schalter“ erlebt habe. Die Besonderheit am RA180 besteht darin, dass er bei den Leistungsschaltelementen auf hochmoderne Gallium-Nitrid-(kurz: GaN)-FETs setzt. Ob das das Geheimnis ist, kann ich Ihnen noch nicht genau sagen, aber raten Sie mal, was in Ralph Karstens Class-D-Monos für die Leistung sorgt: richtig, GaN-FETs. Wir dürfen hoffen. Hinzu gesellt sich der Umstand, dass ich vor vielen Jahren (LP 2/2014) mit dem MP-3 MK III mal eine wirklich ausgezeichnete symmetrische Röhrenvorstufe von Atma- Sphere in Händen hatte, die seinerzeit einen fast unwiderstehlichen Haben-wollen- Reflex ausgelöst hat. Ich konnte aber ganz knapp widerstehen. Grund genug für einen Test der neuen Monos? Aber ja doch!   

Äußerlichkeiten


Nun besteht ein wesentlicher technischer Vorteil der neuen Wunder-FETs darin, dass sie erheblich schneller schalten als normale MosFETs. Das führt dazu, dass sie im Umschaltmoment deutlich weniger Abwärme produzieren, was dem Wirkungsgrad der ganzen Angelegenheit guttut. Weniger Abwärme bedeutet: Weniger Kühlkörper. Weshalb man gewaltige Mengen von Verstärkerleistung in lächerlich kleine Gehäuse stecken könnte. Genau das ist bei den Atma-Sphere Class D (jawohl, das ist die offizielle Typenbezeichnung) allerdings nicht der Fall, wir haben es mit zwei zumindest halbwegs erwachsenen Gehäusen im Midi-Format zu tun. Die wiegen jetzt auch nicht gar nichts, was auf ein zweites konstruktives Detail der Verstärker hindeutet: Sie beziehen ihren Strom aus einem konventionellen Netzteil mit Ringkerntrafo, Gleichrichter und Elkos. Kein Schaltnetzteil, was „philosophisch“ eigentlich die logische Wahl an dieser Stelle gewesen wäre. Die Verpackung besteht aus robust pulverbeschichtetem Stahlblech, auf der soliden Alufront gibt´s einen richtigen Netzschalter, an der Rückseite ein Paar Kupfer-Polklemmen für den Lautsprecheranschluss und zwei interessant beschaltete Eingangsbuchsen – beide sind nämlich symmetrisch ausgelegt. Das passt zu der Aussage des Herstellers, dass die Verstärker vollsymmetrisch arbeiten.   

Innereien


Unterm Deckblech kommt ein aufgeräumter Aufbau zum Vorschein.

Verstärker Endstufen Atmasphere Class D im Test, Bild 4
Viele parallel geschaltete Elkos helfen beim Glätten der Betriebsspannungen
Neben dem mit 250 VA moderat dimensionierten Trafo gibt’s eine große Netzteil- und eine kleine Verstärkerplatine. Auf ersterer sorgen größere Mengen Siebelkos für saubere Betriebsspannungen und eine Schutzschaltung für ein im Problemfalle schnelles Abschalten eben jener. Die niedliche Verstärkerplatine misst geschätzte 6 x 7 Zentimeter und ist keines der üblichen Zukaufmodule. Dem Vernehmen nach hat Ralph Karsten fünf Jahre Arbeit in die Schaltung gesteckt, bis sie seinen klanglichen Ansprüchen genügte. Von den sagenumwobenen GaN-FETs sieht man nichts, die sitzen unter der Platine und drücken sich gegen das Bodenblech – das reicht als Kühlkörper. Fürs Entfernen der hochfrequenten Schaltfrequenzreste ist eine selbst fabrizierte Drossel zuständig, die auf einen hochwertigen Schalenkern gewickelt wurde. Netzeingangsseitig sorgt ein Filter in erster Linie dafür, dass nichts „Geschaltetes“ ins Netz zurückstreut. Viel mehr gibt’s nicht zu sagen. Die entscheidenden Prozesse werden von kleinen SMD-Chips verhandelt, so tief wollen wir an dieser Stelle nicht einsteigen. Messtechnisch ist der Verstärker lammfromm, Leistung ist mit rund 140 Watt an acht und etwa 230 Watt an vier Ohm reichlich vorhanden. Alles in Allem ist das sicherlich die klassisch-highendigste Schaltverstärkerlösung, die mir bis dato untergekommen ist. Wenn’s jetzt noch klanglich passt, dann haben wir eine echte Gewinnerlösung gefunden.  


Klang


Die sollen klingen wie eine Röhre? Dann müssen sie sich auch in einem entsprechenden Umfeld beweisen. Sprich: Zunächst verband ich die „Schalter“ mit meiner wirkungsgradstarken Dreiwege- Selbstbaulautsprecherlösung, die praktisch perfekte Spielpartner für Eintakt-Röhrenverstärker sind. Die Ami-Monos fühlten sich erstaunlicherweise in diesem Umfeld pudelwohl und wussten mit einem leichten, aber farbstarken und federnden Bass zu überzeugen, verliehen dem Mitteltonbereich Ausdruck und Schmelz und rundeten das Ganze mit einem feinen, nicht zu prägnanten Hochtonbereich ab. Ich hatte eindeutig nicht damit gerechnet, dass Rickie Lee Jones’ „A Lucky Guy“ so geschmeidig, flüssig und stimmig rüberkommt. Die wichtigste Nachricht lautet: Die gepflegte Langeweile, die übliche Schaltverstärker zu präsentieren pflegen, die gibt’s hier nicht. Die Atma-Sphere-Amps haben dieses ganz kleine Bisschen an typisch amerikanischem Überschwang, was ich sehr schätze. Weder am oberen noch am unteren Endes des Spektrums neigen die Verstärker zur Übertreibung, vielmehr lebt das Klangbild von einem „sahnigen“ Mitteltonbereich, der sowohl Gesangsstimmen wie auch einem Großteil des typischen Jazz-Instrumentariums gut tut. Nehmen wir zum Beispiel den tunesischen Ausnahmemusiker Anouar Brahem und seine berühmte „Oud“, wie die arabische Kurzhalslaute im Original heißt. Über die Schalter entwickelt das Instrument ein auffällig besonderes Klangbild, die Exotik des Tons kommt hier wunderbar zur Geltung. Der Hintergrund wirkt extrem ruhig und aufgeräumt, was sich auch bei Nina Simones 1969er Großtat „Black Gold“ angenehm bemerkbar macht. Der Wechsel auf einen gänzlich anderen Lautsprecher, nämlich die wunderbare Epos ES-7N, offenbarte interessanterweise praktisch keinerlei „charakterlichen“ Wechsel beim Sound. Auch dominieren der traumhafte Mittenbereich, ein warmer, aber minimal zurückhaltender Bassbereich und feine, dezente Höhen. Damit kann ich die Atma-Spheres auf meine sehr kurze persönliche Liste mit Schaltverstärkern setzen, mit denen ich leben könnte – und das sage ich nicht leichtfertig.  

Fazit

Mit den Atma-Sphere-Monos hat Ralph Karsten ein Kunststück vollbracht: Er hat moderne Schaltverstärker gebaut, die einen großen Teil des Charmes guter Röhrenverstärker überzeugend transportieren können – und das an einer Vielzahl von Lautsprechern. Große Klasse!

Kategorie: Verstärker Endstufen

Produkt: Atmasphere Class D

Preis: um 6200 Euro

6/2024

Mit den Atma-Sphere-Monos hat Ralph Karsten ein Kunststück vollbracht. Große Klasse!

Atmasphere Class D

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